City Vampire: Gefährliches Spiel in Paris (German Edition)
einen guten Überblick über die Geschehnisse um die Villa herum, ohne selbst gesehen zu werden.
Elaine machte es sich im Schutz der Bäume bequem und zog ihr Fernglas aus der Tasche.
„ Okay, Monsieur Fournier“, sagte sie leise zu sich selbst, „dann wollen wir doch mal schauen, wie Sie ihre Tage verbringen.“
Erst gegen zehn Uhr tat sich etwas. Eine mollige Frau in mittleren Jahren erschien. Sie besaß wohl einen eigenen Schlüssel, denn sie ging hinein, ohne geklingelt oder abgewartet zu haben, dass jemand ihr öffnete. Kurze Zeit später sah Elaine, wie die Frau im ersten Stock die Fenster öffnete und Staubtücher ausklopfte; offensichtlich war sie Fourniers Haushälterin. Eine halbe Stunde später wurden die Fenster wieder geschlossen.
Von Fournier war nichts zu sehen. Entweder hatte er gerade Urlaub oder er arbeitete von zuhause aus. Oder er war so reich, dass er gar nicht arbeitete. Elaine seufzte. Im Grunde war sie zufrieden mit ihrem Leben und dem, was sie hatte. Doch für Mathis wünschte sie sich mehr – er sollte eine gute Universität besuchen können. Einen Beruf erlernen, der ihn erfüllte.
Die Stunden zogen dahin, ohne dass sich viel tat. Die Gegend war insgesamt sehr ruhig. Hin und wieder fuhr ein Auto vorbei und eine Frau mit wasserstoffblond gefärbten Haaren führte ihren Pudel spazieren. Sie kam nah an der Baumgruppe vorbei, und der Hund hob interessiert den Kopf und schnüffelte in Elaines Richtung, doch die blonde Frau ignorierte das Interesse ihres Vierbeiners und zog heftig an der Leine, woraufhin der Pudel schließlich kapitulierte und seinem Frauchen folgsam hinterher trottete. Elaine atmete auf. Sie mochte Hunde sehr, doch waren sie der Albtraum jedes Einbrechers. Eine Alarmanlage ließ sich austricksen, der Instinkt eines Hundes nicht.
Am Nachmittag verließ die Haushälterin die Villa und machte sich auf den Heimweg. Danach war es für Stunden gespenstisch ruhig im Haus und auch darum herum. Die Abenddämmerung zog herauf und brachte eine kühle Brise mit sich. Elaine kramte eine dünne Jacke aus ihrer Tasche und zog sie über. Sie hatte sich zwar genug Snacks mitgenommen und biss jetzt in einen rotbackigen Apfel, doch der Tee aus der Thermoskanne war bereits erkaltet. Langweiliger hätte der Tag nicht verlaufen können. Sie schaltete die Nachtsichtfunktion an ihrem Fernglas ein.
Als Elaine schon annehmen musste, Fournier sei tatsächlich verreist, und sie die Observation für diesen Tag aufgeben wollte, öffnete sich plötzlich die Tür. Keine Regung, kein Licht im Haus hatte angedeutet, dass überhaupt jemand zuhause war. Ein Mann erschien, schloss die Tür hinter sich und ging mit lockeren Schritten hinüber zu einer separat gebauten, großen Garage. Elaines Finger krampften sich um ihr Fernglas, als sie angestrengt zu ihm hinstarrte. Fournier. Das musste er sein. Der Mann betätigte einen Knopf an seinem Schlüsselbund und das Tor rollte nach oben.
Laurent Fournier war ein ausgesprochen attraktiver Mann. Etwa Mitte dreißig, groß und schlank; das dunkle Haar war kurz geschnitten und er trug einen teuren, gut sitzenden Anzug. Bestimmt eine Maßanfertigung , dachte Elaine. Sie seufzte bedauernd; einen Mann wie ihn hätte sie gern unter anderen Umständen kennengelernt, nicht als Diebin, die es auf sein Eigentum abgesehen hatte. Aber es war nicht zu ändern – sie hatte einen Auftrag und sie würde sich ganz sicher nicht von dem ansprechenden Äußeren ihres Opfers ablenken lassen.
Fournier verschwand in der Garage und ein paar Sekunden später rollte ein schwarzer Sportwagen heraus. Er fuhr langsam die lange, gewundene Auffahrt hinab und verschwand dann in Richtung Innenstadt. Elaine schaute auf die Uhr: Es war viertel nach zehn, an einem Wochentag. Wohin fuhr er noch um diese Zeit? Nach einer guten Stunde begann es sie in den Fingern zu jucken. Sie wollte diese ganze Sache gern so schnell wie möglich hinter sich bringen – jetzt und hier. Fournier war nicht da, das Haus lag verlassen und still im Dunkeln. Sie hatte sich die Baupläne bis ins kleinste Detail eingeprägt und würde nur wenige Minuten brauchen, dann wäre die Sache erledigt. Elaine presste die Lippen zusammen. Nein.
Sie war ein Profi. Und Geduld war eine der wichtigsten Eigenschaften in dieser Branche.
Sie würde warten – und beobachten.
Elaine wartete weitere vier Tage. Im Grunde veränderte sich der tägliche Ablauf kaum: Gegen zehn Uhr am Morgen erschien die Haushälterin und blieb bis
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