City Vampire - Gefaehrliches Spiel in Paris
Lieblichste, was er je geschmeckt hatte.
Die Schmerzen der Verwandlung waren die Hölle. Nie zuvor hatte er so gelitten. Zwei Tage hielt es an. Und als er schließlich aus einem traumlosen Schlaf erwachte, war er neu geboren.
Er war stark. Seine Sinne waren scharf. Er war schnell. Und er brauchte Blut.
Chloé war skrupellos, das merkte er schnell. Oft hatte er den Eindruck, das Töten bereite ihr sogar Freude. Für ihn war es ein notwendiges Übel, er verabscheute es, Leben zu nehmen und wählte ausschließlich Opfer, die sich eines schweren Verbrechens schuldig gemacht hatten. Er redete sich ein, damit mehr Leben zu retten, als er nahm. Wahrscheinlich stimmte das sogar.
Es dauerte eine geraume Zeit, bis ihm klar wurde, dass er gar nicht zu töten brauchte. Durch seine Fähigkeit zur Suggestion konnte er die geschwächten Menschen vergessen lassen, was geschehen war und sie glauben machen, ihre Verletzungen stammten von irgendeinem seltsamen Unfall. Die einzige Schwierigkeit dabei war, rechtzeitig aufzuhören. Es war nicht einfach, hatte man erst einmal begonnen. Doch Laurent hatte schon als Mensch eine ordentliche Portion Selbstdisziplin besessen und der Vampirismus verstärkte alle menschlichen Fähigkeiten. Auch die Guten – wenn man es nur zuließ.
Es war eine Zeit, in der er glücklich war. Er hatte die Ewigkeit vor sich, mit der Frau seiner Träume an seiner Seite. Krankheiten kümmerten sie nicht mehr. Niemals würde der Tod sie trennen.
Laurent ahnte nicht, dass ihre gemeinsame Ewigkeit nicht einmal ein Menschenleben lang währen sollte.
Chloé war launisch. Sie war stets auf der Suche, nie lange glücklich, ein durch und durch ruheloses Wesen. Laurent hatte geglaubt, ihr alles geben zu können, was sie verlangte, doch war es nie genug. Und irgendwann wurde sie seiner überdrüssig.
Sie begann, einen anderen Mann zu treffen. Sie verliebte sich. Und scheinbar gleichgültig erklärte sie Laurent eines Tages, sie habe einen neuen Gefährten für die Ewigkeit gefunden. Einen besseren. Sie verließ ihn.
Laurent hatte Jahre gebraucht, um Chloé zu vergessen. Nein, wirklich vergessen hatte er sie nie, aber es gelang ihm mit der Zeit, sie zu überwinden.
Irgendwann erfuhr er, dass sie auch den Mann verlassen hatte, für den sie einst ihn verließ, und erst da wurde ihm klar, dass es nicht seine Schuld war. Niemand konnte sie auf Dauer glücklich machen. Es lag in ihrer Natur. Und plötzlich war Chloé ihm gleichgültig.
Laurent haderte nie mit seinem Schicksal, ein Vampir zu sein. Er litt einzig unter der Langeweile, die ein solch langes Leben mit sich brachte. Da der tägliche Kampf ums Überleben, den die meisten Sterblichen tagein, tagaus auf die eine oder andere Art kämpfen, für ihn nicht mehr von Belang war, musste er sich anderen Leidenschaften widmen. Wie zum Beispiel der Kunst.
Die verschiedenen Techniken, derer sich große Künstler unterschiedlicher Epochen bedienten, faszinierten ihn. Und so konnte er mittlerweile eine beachtliche Sammlung sein Eigen nennen. Er war stolz darauf. Und er besaß einige wirklich wertvolle Gemälde.
Das Portrait der Königin Blanka gehörte allerdings nicht dazu. Er hatte es erst in den 1970er Jahren recht günstig auf einer kleinen Auktion erworben. Es stammte aus dem privaten Nachlass der Familie Corbu und eigentlich war er wegen eines ganz anderen Stücks zu der Versteigerung gegangen. Laurent konnte nicht erklären, warum er einer spontanen Laune folgend das Bild ersteigerte. Er mochte Blankas mutigen Blick und die kräftigen Farben. Dennoch irritierte ihn, dass dieser Mann, Jerome, ausgerechnet dieses Werk in seinen Besitz bringen wollte. Was war so Besonderes daran, dass er einen Jungen entführte, um dessen Schwester als Diebin anzuheuern? Laurent betrachtete das Bild vor seinem inneren Auge. Es war interessant und schön, kein Zweifel. Aber welche Bedeutung hatte es für diesen anderen Mann? Weshalb nur sollte Elaine es stehlen?
Elaine… Tatsächlich hatte er ihre Anwesenheit bereits am ersten Tag bemerkt. So gut sie in diesem Job auch sein mochte – Laurents besonderen Sinnen entging selten eine Veränderung. Zunächst hatte er ihr keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt, aber als sie am nächsten Tag wieder auftauchte, war er neugierig geworden und hatte festgestellt, dass sie sein Haus beobachtete. Von da an war es nur noch ein Geduldsspiel. Das Ironische an der Situation war, dass auch Elaines Aufgabe zunächst Geduld verlangt hatte.
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