Cleo
eins zum Geburtstag. Dieses Kätzchen.«
»Wann hast du denn Geburtstag?«, fragte Lena.
»Am sechzehnten Dezember«, erwiderte Sam. »Aber das kann ich jederzeit ändern.«
»Ich möchte eigentlich nicht, dass die Jungen von ihrer Mutter getrennt werden, bevor sie völlig selbstständig sind«, sagte sie. »Das hier wird erst Mitte Februar so weit sein, fürchte ich.«
»Das macht nichts«, sagte Sam und blickte dem Tier in die zu schmalen Schlitzen zusammengezogenen Augen. »Ich kann warten.«
Meine Söhne wussten genau, dass sie jetzt am besten den Mund hielten und möglichst engelsgleich aussahen. Vielleicht würden sie die Lust an Kriegsspielen verlieren und auf weniger martialische Beschäftigungen umsteigen, wenn sie sich um eine Katze kümmern mussten. Was Rata anging, würden wir das Kätzchen nach Kräften vor dem riesigen Hund beschützen.
Weitere Debatten waren sinnlos. Wie sollte ich ein Lebewesen zurückweisen, das so entschlossen war, sich nicht unterkriegen zu lassen? Abgesehen davon war es Sams Geburtstagsgeschenk.
»Wir nehmen sie«, sagte ich und konnte aus irgendeinem Grund nicht aufhören zu lächeln.
2
Ein N ame
Für eine Katze gibt es im Grunde
nur eine korrekte Anrede – Eure Majestät.
»Das ist nicht gerecht!«, heulte Rob. »Er kriegt eine Katze und eine Superman-Digitaluhr zum Geburtstag!«
Als ich den Bananenkuchen aus dem Ofen holte, verbrannte ich mir die Hand an der Seite und unterdrückte einen Fluch. Es tat fürchterlich weh, aber Schreien war sinnlos. Nicht wenn eine elektrische Schleifmaschine meine Ohren traktierte und die Jungen kurz vor dem Ausbruch des dritten Weltkriegs standen. Ich ließ den Kuchen auf ein Kuchengitter gleiten und schaute auf den Hafen hinunter.
Die mit einem Leben auf der Verwerfungslinie verbundenen Risiken wurden wettgemacht durch diesen Blick aufs Meer, eingerahmt von himmelwärts strebenden Hügeln. Wen kümmerte es da schon, dass der Bungalow zwanzig Jahre zuvor von einem Irren »renoviert« worden war, der ein Holz verwendet hatte, das im Grunde nur eine bessere Pappe war? Wenn wir über den hellen Teppich liefen, den Blick von den wild tapezierten Wänden abgewendet, wiederholten wir in Gedanken gebetsmühlenartig die Losung des Maklers: »Charakter … Potenzial.« Abgesehen davon war ich ein durch und durch optimistischer Mensch. Sollte die Stadt von einem schweren Erdbeben heimgesucht werden, dann würde das Haus zwar mit ziemlicher Sicherheit die Klippe hinunter ins Meer stürzen, aber wir würden an diesemTag bestimmt irgendwo unterwegs sein. Ja, wir würden uns zufällig gerade im Stadtzentrum in einem dieser Hochhäuser mit riesigen Walzenlagern aufhalten, die eigens dazu erdacht worden waren, die Orgasmen der Erde aufzufangen.
Steve und ich hofften wohl beide, dass sich unsere Differenzen durch diese wunderbare Aussicht in Wohlgefallen auflösen würden. Eine Ehe zwischen zwei Leuten von entgegengesetzten Enden der Welt, deren Charaktere eine ebenso große Chance hatten sich miteinander zu verbinden wie Olivenöl und Balsamessig, ließ sich wenn überhaupt dann hier überlebensfähig gestalten. Abgesehen davon war Steve bereit, das Renovierte zu renovieren, solange es nicht allzu viel kostete. Sein neuestes Projekt, die Farbe von sämtlichen Türen und Sockelleisten zu entfernen, damit man wieder die Holzmaserung sah, war ohrenbetäubend.
»Kannst du bitte etwas leiser sein?«, rief ich den Flur hinunter.
»Geht nicht!«, rief Steve zurück. »Das Ding hat keinen Lautstärkeregler. Es ist eine elektrische Schleifmaschine.«
»Sam muss noch acht Wochen auf das Kätzchen warten«, erklärte ich Rob und hielt meine Hand unter den Hahn, ohne dass mir das kalte Wasser irgendeine Linderung verschaffte. »Außerdem bin ich sicher, dass du zu deinem nächsten Geburtstag auch eine Superman-Uhr kriegst, wenn du schön bittest.«
»Sam spielt überhaupt nicht mehr Superman«, sagte Rob. »Er liest nur noch Bücher über Geschichte und so.«
Das stimmte. In Sams neuer Phase kamen keine Comic-Helden vor. Eine Superman-Uhr passte eigentlich gar nicht mehr zu ihm. Dennoch hatte er an diesem Morgen die Güte gehabt zu lächeln, als er sein Geschenk ausgewickelt hatte.
»Meine Uhr ist so blöd«, sagte Rob. »Die gehört ins Museum. Niemand hat mehr eine Uhr, die tickt.«
»Das stimmt nicht«, erwiderte ich. »An deiner Uhr ist überhaupt nichts auszusetzen.«
Die Schleifmaschine zeigte endlich Erbarmen und hörte auf zu
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