Cloudbusters und die Stadt der Schläfer (German Edition)
bitteschön?“
Flatsch. Chongs Gurke war vom Brot gefallen.
„Er meint krass“, machte Milli klar.
Rippels bohrender Blick blieb auf Chong gerichtet. „Krass?“, wiederholte er mit krauser Nase, als hätte das Wort einen schlechten Geruch.
„Eigentlich wollte ich seltsam sagen“, flötete Chong.
„So, Herrschaften“ - Batori erhob sich wie immer als erster -, „ich habe noch zu tun. Falls wir uns heute nicht mehr sehen, wünsche ich euch allen jetzt schon eine Gute Nacht.“
Ein kurzer Seitenblick auf Rippel und Chong gab Milli das sichere Gefühl, dass sie überflüssig war. Rippel wollte mit seinem Schüler allein sein. Ein guter Grund, sich zu verdrücken - daran änderte auch Chongs flehender Gesichtsausdruck nichts.
Armer Chong, dachte sie. Niemand konnte ihm was anhaben, außer dieser nervige Rippel – und das vermutlich auch nur, weil Chong ihn als Vorbild und Lehrer ansah. Er konnte Rippel genauso schlecht anlügen, wie sie Batori. Aber damit mussten sie nun zurechtkommen. Es wäre viel zu riskant, jemanden in ihre Geschichte einzuweihen. Wüssten die Erwachsenen über die Mikrowellenwaffe Bescheid - in den Händen von 14jährigen – würden sie total ausflippen. Und die Flugmaschine Eliza wäre noch einen Zacken schärfer, aber vermutlich würde das außer Ziggedorn und Batori eh keiner glauben. Batori wäre entsetzt und würde Eliza sofort einkassieren, und Ziggedorn würde alles nur Erdenkliche tun, um Eliza in seine Hände zu bekommen. Er würde auch vor Mord nicht zurückschrecken. Nein, dieses Risiko konnten sie nicht eingehen. Sie mussten vorsichtig sein.
Milli gähnte. In ihrem Zimmer stand die Luft und es muffelte leicht nach Turnhalle. Sie riss die Balkontür auf, sammelte ihre Sportklamotten zusammen und warf alles raus auf den Balkon. Es war schon dunkel und ihr Blick fiel auf die Lampe am Steg, die nicht mehr hin und her schaukelte, seit Chongs Vater sie befestigt hatte.
Batori hatte mehrere Solarleuchten angeschafft, die nun einen Teil des Rasens und des Trampelpfades um den See beleuchteten. In Millis Blickfeld, nicht weit von ihrem Balkon, standen im Schein der Leuchten mehrere Büschel Pampasgras, die mit ihren silbrigweißen und rosafarbenen Wedeln leise im Wind rauschten. Sie atmete tief ein und aus und lauschte. Vor ein paar Monaten wäre ihr die Beleuchtung noch wichtig gewesen, nun aber brauchte sie so etwas nicht mehr. Die Dunkelheit war ihr nicht mehr suspekt, und auch an die Stille hatte sie sich gewöhnt; das Berliner Hintergrundrauschen fehlte ihr nicht mehr. Die kalte Luft kühlte ihr Gesicht und erinnerte sie daran, wie schnell Frühling und Sommer vergangen waren.
Nach den Herbstferien war Nouris Flucht Schulgespräch Nummer eins. Die wildesten Spekulationen kamen ihnen zu Ohren, aber keine konnte es auch nur annähernd mit der Wahrheit aufnehmen.
Von den Zeugen im Justizzentrum wusste man inzwischen, dass keiner von ihnen unter Drogeneinfluss gestanden hatte; aber das machte für viele die Sache nur noch interessanter und führte zu weiteren Spekulationen. Es gab Gerüchte über eine Massenhypnose, ausgelöst von einem Satelliten, gesteuert vom Pentagon oder der CIA. Mehrere Personen hätten mysteriöse Stimmen und Signale aus dem Nichts gehört, und die Polizisten konnten dem geheimnisvollen Kämpfer angeblich nicht folgen, weil ihnen suggeriert wurde, dass der Durchgang in der Mauer versperrt gewesen wäre.
Anna war oft von einer Traube Mädchen umgeben. Es hatte sich herumgesprochen, dass sie mit Nouri zusammen war, und alle fanden das ‘wahnsinnig cool’. Anna wurde natürlich nicht müde, Nouris Unschuld zu beteuern, aber für die Wahrheit interessierte sich niemand.
Dann trieben es Lena Wuttke und Lucretia zu weit. Lena nannte Anna eine Terroristenschlampe und Lucretia gab vor, geheimes Hintergrundwissen über den Terroranschlag zu besitzen. Sie sagte Anna brüsk ins Gesicht, dass Nouri sie nur ausgenutzt und missbraucht hätte. Alles für sein Land. Anna, das naive Dummerchen, hätte nur nach seiner Pfeife getanzt.
Der Bogen war überspannt. Anna schoss das Blut in den Kopf. Sie pumpte wie ein Käfer, als könnte sie jeden Moment abheben. Dann stürzte sie sich auf Lucretia. Auf dem Schulhof, mitten im Getümmel, stolperten die Mädchen rückwärts in einen der großen Blumenkästen mit immergrünem Gestrüpp. Sie wälzten sich in den Pflanzen und das Gekreisch war groß.
Chong, der alles mit angehört hatte, ging dazwischen und trennte
Weitere Kostenlose Bücher