Coconut Caye - Insel der Lust
weißen Schaumkronen der Wellen deutlich zu erkennen.
Sie konnte nicht schlafen. Ob daran das ungewohnte Bett oder die seltsame Reisegruppe schuld waren, konnte sie nicht sagen. Letztere jedenfalls war anstrengend genug, um weit stoischere Gemüter als Sydney auf die Probe zu stellen.
Wenigstens schienen Lauren und Poe nach dem heutigen Gespräch ihre Zwistigkeiten vorerst beigelegt zu haben. Zwischen den beiden herrschte Waffenstillstand, und mehr konnte man nicht erwarten.
Eigentlich hatte Sydney ihre Freundin auf ihre Weise dazu bringen wollen, sich über ihre Gefühle für Anton klar zu werden. Doch im Nachhinein musste sie zugeben, dass Poes direkte Art durchaus hilfreich gewesen war. Sie hatte Lauren so richtig den Kopf gewaschen und ihr reichlich Stoff zum Nachdenken gegeben.
Und auch Sydney war durch Poes Worte ziemlich ins Grübeln gekommen.
Für Lauren war es so kurz nach der Trennung gewiss nicht leicht, Anton mit einer anderen Frau zu sehen. Und dass gerade Poe diese andere Frau sein musste, machte die Sache nicht einfacher. Sie setzte ihre Reize mit einer Selbstverständlichkeit ein, die weniger selbstbewusste Frauen in Angst und Schrecken versetzen konnte. Als Konkurrentin, in geschäftlichen wie in persönlichen Dingen, war mit ihr nicht zu spaßen.
Sydney hatte aufrichtiges Mitleid mit Lauren. Sie stellte sich vor, wie sie sich fühlen würde, wenn Poe plötzlich auf die Idee käme, sich den Urlaub mit Ray zu versüßen. Wären sie erst wieder zurück in Houston – nachdem Sydney ihn verführt und ein für alle Mal aus ihrer Fantasie verbannt hatte –, hätte sie nichts dagegen.
Doch warum machte sie der bloße Gedanke an Poe oder irgendeine andere Frau in Rays Armen halb wahnsinnig?
Wahrscheinlich hatte sie zu viel Bourbon getrunken und war deshalb so durcheinander. Obwohl, wenn sie recht überlegte, konnte “zu viel Alkohol” als Entschuldigung kaum herhalten. Der eine Whiskey hatte bestenfalls für einen leichten Schwips gereicht, und selbst der war mittlerweile verflogen.
Nein, sie hatte gerade genug getrunken, um im richtigen Moment ihre Scheu zu überwinden und Ray ein eindeutiges Angebot zu machen. Und es hatte seine Wirkung nicht verfehlt. Als sie vorhin in seine Augen sah, hatte sie darin so viel Leidenschaft und Verlangen gesehen, wie sie sie in ihren kühnsten Träumen nicht erhofft hatte.
Im ersten Moment war sie erschrocken und vollkommen perplex gewesen. Außerdem war ihr merkwürdig heiß geworden. Normalerweise reagierte sie nicht so heftig. Selbst wenn sie einen Mann wirklich attraktiv fand, hatte sie ihre körperlichen Reaktionen stets im Zaum halten können.
Ja, sie war sogar stolz darauf, in jeder Situation cool bleiben zu können. Sie war immer für ihre Selbstbeherrschung berühmt gewesen, der sie den Spitznamen “Eiskönigin” verdankte. Dabei war sie alles andere als kalt.
Heute Abend hatte sie Ray unauffällig beobachtet. Er war die meiste Zeit eher still gewesen und hatte sich, bis auf wenige Bemerkungen, aus dem Spiel herausgehalten. Etwas schien ihn zu beschäftigen. Die Art, wie er in seinem Salat herumgestochert und mit seinem Glas gespielt, aber kaum daraus getrunken hatte, verriet Sydney, dass er mit den Gedanken ganz woanders war.
Als er mit den anderen zum Strandspaziergang aufbrach, war er genauso nüchtern gewesen wie Sydney. Sie fragte sich, ob er im Whirlpool wohl mit den anderen gescherzt hatte oder ebenso ruhig gewesen war wie sie. Seit ihrem kurzen Dialog vor dem Aufbruch der Gruppe konnte Sydney jedenfalls an nichts als ihre Abmachung denken. Sie sollte dafür sorgen, dass sie beide einmal ungestört sein könnten. Und nichts wollte sie lieber tun als das.
Alles in allem ließ sich dieser Urlaub eigentlich vielversprechend an.
Auf einmal hörte sie Schritte, die sich von links näherten. Sie drehte sich um, und was sie sah, verschlug ihr die Sprache. Ihr hatte heute Abend schon öfter der Atem gestockt bei seinem Anblick, aber das war harmlos im Vergleich zu dem, was sie jetzt erlebte. Ihr Verlangen war überwältigend.
Ray kam barfuß und nur mit langen Jeansshorts bekleidet auf sie zu, die Hände in den Hosentaschen. Das Mondlicht, das auf den Balkon fiel, warf geheimnisvolle Schatten auf seinen nackten Oberkörper.
Sydney wehte ein herb-würziger Duft von frischem Duschbad und Shampoo entgegen. Als er näher kam, konnte sie erkennen, dass sein Haar noch feucht war. Ein Blick in sein Gesicht verriet, wie hellwach er war. Offenbar ging
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