Coconut Caye - Insel der Lust
ihm ebenso viel im Kopf herum wie ihr.
“Kannst du nicht schlafen?”, fragte er und lehnte sich mit der Schulter an den Pfosten neben ihr.
“Nein, in der ersten Nacht in einem anderen Bett habe ich immer Schwierigkeiten. Wahrscheinlich liegt es an den ungewohnten Geräuschen. Das heißt, in diesem Fall ist wohl eher der fehlende Großstadtlärm schuld.”
“Tja”, sagte er mit dem Anflug eines Grinsens, “aber wer kann schon entspannen, wenn die Wellen auf den Strand schlagen und der Wind in den Palmen rauscht. Das macht auch ganz schön viel Krach, finde ich.”
Der Vollmond warf sein silbriges Licht nur auf Rays linke Körperhälfte, die rechte blieb im Schatten. Dadurch wurde der Kontrast zwischen seiner seidig schimmernden Haut und dem dunkelblauen Hosenstoff noch betont.
Als ihr einfiel, dass sie genauso wirken musste, trat sie instinktiv einen Schritt zurück in den Schatten. Sie trug nur ihr dünnes kurzes Nachthemd mit den Spaghettiträgern. Damit war sie zwar immer noch halbwegs bekleidet, aber ungeschminkt und barfuß hatte sie eigentlich nicht sein wollen, wenn sie endlich mit ihm allein war.
Ihr Plan hatte vorgesehen, dass sie besonders verführerisch und sexy aussehen würde. Stattdessen sah sie aus, als wollte sie direkt ins Bett kriechen.
Sie lehnte sich so an den Pfosten, dass das Mondlicht sie nicht traf, und verschränkte die Hände hinter dem Rücken.
“Ich mag die Ruhe und den Frieden hier, aber ich genieße die Tropennächte viel zu sehr, um sie zu verschlafen. Glücklicherweise gibt sich das, wenn ich länger hier bin. Morgen um diese Zeit werde ich tief und fest schlafen.”
“Weil du dann hoffnungslos übermüdet sein wirst.”
“Ich und übermüdet? Machst du Witze?” Sie sah ihn an. Er war viel zu umwerfend, als dass sie sich diesen Anblick entgehen lassen wollte. “Nein, ich arbeite nur normalerweise zwölf Stunden am Tag und stehe ständig unter Strom. Da muss ich mich erst wieder ans Nichtstun gewöhnen.”
Ray nahm die Hände aus den Hosentaschen und verschränkte die Arme vor der Brust. Er lächelte sie an und sagte: “Du hast dich nicht sehr verändert, was? Du warst schon in der High School ein Musterbeispiel an Fleiß und Zielstrebigkeit.”
Sydney fuhr kaum merklich zusammen. Natürlich hatte er recht. Leichtigkeit und Unbeschwertheit waren ihr immer fremd gewesen. Sie hatte versucht, die Dinge in ihrem Leben mit weniger Ernst anzugehen, doch wirklich gelungen war ihr das bis heute nicht. Von ihrer eigenen Mutter hatte sie sich vorwerfen lassen müssen, zu verkrampft zu sein.
“Wahrscheinlich muss ich mir mehr Mühe geben, mal locker zu lassen.”
“Stimmt, das solltest du”, pflichtete er ihr lächelnd bei. “Was bringt schon ein Urlaub, wenn man dabei keinen Spaß haben kann?”
“Ach, damit habe ich kein Problem. Wenn ich etwas tue, was ich wirklich will, macht es mir eigentlich immer Spaß.” Die Frage war nur, ob er mit “Spaß” dasselbe meinte wie sie. Schließlich konnte man Kostenanalysen nicht unbedingt mit Frisbeespielen vergleichen. Andererseits hatte sie sich für diesen Urlaub außer den Quartalszahlen der Firma noch etwas anderes vorgenommen: Sex.
Er betrachtete sie eine Weile schweigend, und ihr wurde unangenehm bewusst, dass sie unter ihrem Seidenhemdchen vollkommen nackt war. Warum sah er sie so an? War er von ihren Kurven gefesselt, die sich durch den dünnen Stoff abzeichneten? Nein, sein Blick ging tiefer. Wollte er herausfinden, was sich unter ihrer Schale verbarg? Weshalb sie sich damals mit ihm so hatte gehen lassen?
Dabei war Sydney selbst in jener Nacht, selbst während sie einander liebten, weniger spontan gewesen, als sie es sich vorgenommen hatte. Doch das würde sie ihn wahrscheinlich nie wissen lassen.
Schließlich sagte er: “Warum musst du dir vornehmen, dich zu amüsieren? Vergnügen sollte etwas sein, das sich nach getaner Arbeit von allein einstellt.”
Obwohl sie begriff, was er damit sagen wollte, verstand sie es nicht wirklich. “Für dich sind Arbeit und Vergnügen zwei gegensätzliche Dinge? Kann Arbeit denn nicht auch Vergnügen sein?”
Er zuckte mit den Achseln. “Arbeit kann befriedigend und ganz bestimmt auch aufregend sein. Ich persönlich mag meine Arbeit sehr, wahrscheinlich mehr, als die meisten anderen Menschen es tun. Aber ich würde sie nie als Vergnügen bezeichnen. Niemals.”
Sydney drehte sich um, sodass sie direkt vor ihm stand. Als sie ihm in die Augen sah, wurde ihr klar, was für
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