Code Freebird
in meiner Region hatte ich genügend Zeit, sie zu studieren.«
Eine kurze Pause trat ein. Der Mann mit dem nackten Oberkörper stellte seine Übung ein und stand auf. Er reichte Nimrod nicht die Hand, verhielt sich aber der Situation angemessen. Mit einem Kopfnicken und einem knappen »Sir« begrüßte er Nimrod.
Jener grüßte zurück und bedeutete ihm, sich zu entspannen. »Wo können wir uns ungestört unterhalten?«
»Wenn es Sie nicht stört, Sir, dann möchte ich den Pool vorschlagen.«
Nimrod nickte. Warshovsky nahm Handtuch und T-Shirt und ging voran. »Wir können unser Gespräch anschließend weiterführen?«, fragte er Aaliyah.
»Sicher«, antwortete sie.
Levy gab Nimrod ein Zeichen, dass er nachkommen würde, zuvor wollte er mit Aaliyah sprechen.
Sie hatte es offenbar erwartet und bot ihm an, neben ihr Platz zu nehmen.
»Darf ich fragen, was du mit Lieutenant Warshovsky zu besprechen hast?«, fragte Levy. »Und sag jetzt bitte nicht, du recherchierst für deine Hintergrund-Story zu den Anschlägen in Deutschland.«
Aaliyah lächelte. »Wieso nicht? Du bist nicht der Einzige, der herausfinden will, wer dahintersteckt.«
»Und wie kommst du gerade auf Warshovsky?«
Wieder ihr typisches Lächeln, das mehr verbarg, als es offenbarte. »Ich habe meine Informanten.«
Wer konnte das sein?, ging es Levy durch den Kopf. Dann fiel ihm ein, von wem er den Namen erhalten hatte.
»Du hast mit Cromley gesprochen.«
Sie antwortete nicht, schaute ihm geradewegs in die Augen. Ein Anflug von Verlegenheit huschte über ihr Gesicht.
»Du hast mir den Zettel mit seinem Namen gestohlen, nicht wahr?«
»Gestohlen«, antwortete sie vorwurfsvoll, »er lag am Boden herum. Ihn nicht zu sehen, wäre schwieriger gewesen.«
»Dann hattest du also einen triftigen Grund, mich in dieser Nacht zu besuchen.«
»Das stimmt so nicht. Ich …«
»Und dein Interview mit dem Lagerkommandanten in Grafenwöhr war auch nur eine Lüge. Du wolltest eigentlich mit O’Brien sprechen. Richtig? Nur zu dumm, dass ich dir zuvorgekommen bin. Dann musstest du schnell reagieren. ›Taxi gefällig?‹ Nicht schlecht, Frau Reporterin. Das nenne ich vollen Einsatz fürs Vaterland.«
»Hör auf, Balthasar«, protestierte sie. »Die Nacht mit dir war nicht geplant.«
»Oh, vielen Dank.«
»Es hat sich ergeben. Ganz ohne Hintergedanken.«
Levy glaubte ihr nicht. Er schaute ihr in die Augen, suchte zu ergründen, woher diese Kaltschnäuzigkeit kam. Ihre Hand berührte seine. Er zuckte zurück. »Lass das.«
Er stand auf, für ihn war die Unterhaltung beendet. Bis auf eine Frage: »Wer hat dir die Namen genannt? Nimrod?«
Sie verneinte. »Ich gebe zu, die Geschichten um den mysteriösen Blade Runner sind nicht ganz so erfunden, wie ich dir glauben machen wollte. Es hat ihn tatsächlich gegeben.«
»Das ist kein Geheimnis.«
»Das meine ich nicht. Entscheidend ist die Rolle, die er beim Aufbau des Widerstandes im Irak gespielt hat.«
Levy setzte sich wieder. »Wovon sprichst du?«
»Meine Informanten sagen …«
»Wer sind deine Informanten? «
»Irakische Widerstandskämpfer.«
»Terroristen.«
»Meinetwegen auch das. Auf jeden Fall schreiben sie ihm eine maßgebliche Rolle zu, wo und wie die Amerikaner zu treffen sind.«
»Er hat sie ausgebildet?«
Sie nickte. »Im Bombenbau, in der Auswahl und Organisation von Anschlägen. Er kannte die Strukturen der Army und wusste, wo er Informationen über ihre Planungen herbekam.«
Levy dachte nach. »Das würde bedeuten, dass es amerikanische Offiziere gab, die ihm diese Informationen zugänglich gemacht haben.«
»Nicht nur Offiziere. Auch die Verwaltung und Geschäftsleute sind betroffen. Schmiergelder, Waffen- und Drogengeschäfte, Schmuggel von Kulturgütern, Prostitution, Unterschlagung von Wiederaufbauhilfe … was auch immer, er wusste, wo er anzusetzen hatte.«
»Davon habe ich nie etwas gehört.«
»Kein Wunder. Es wirft nicht gerade ein gutes Licht auf die Militärbehörden. Vor kurzem erst wurden ein amerikanischer Verwaltungsbeamter und ein Bauunternehmer der Veruntreuung von Geldern überführt. Der Irak ist zu einem El Dorado der Kriminalität verkommen. Die Medien zeigen nur die Gewalt auf den Straßen, Bombenanschläge, Sunniten gegen Schiiten, brennende Moscheen. Das passt alles sehr gut in die öffentliche Wahrnehmung. Nur was jenseits dieser Bilder passiert, oben auf der offiziellen Ebene, das bleibt im Dunkeln.«
»Bist du deswegen hier?«
»Ja. Ich will ein
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