Codename Hélène
beigesteuert, die Kanzel jene aus Australien gestiftet, den Altar die Holländer.
Von welcher ehemaligen Einheit ich komme, wurde ich eingangs gefragt, wo in khakifarbenen Uniformen Frauen von FANY Spalier stehen, so jung wie damals Nancy Wake, als sie eine solche Uniform anzog. Sie suchen auf Listen die Namen von Geladenen und führen sie danach auf ihre Plätze in den Kirchenbänken. Nach meiner Antwort zeigte mir ein Gentleman in Zivil, Orden im Knopfloch, zunächst ein Foto der zerstörten St. Clement Church, aufgenommen am Morgen nach den Einschlägen. Was mit den Blitzen des Jahres 1941 gemeint ist, wissen selbstverständlich alle, die heute hier sind, auch ich. Aber ich guten Gewissens innerlich im Namen von Matthias Claudius darauf, nicht schuld daran zu sein. Diese Blitze fielen zwar gleichfalls vom Himmel wie die eigentlichen, aber die auf St. Clement wurden geschleudert durch Bomben der donnernden deutschen Luftwaffe. Sie fegten die Kirche bis auf Außenmauern und Turm vom Angesicht der Erde. Unbeeindruckt trotzig sammelten Aktive und Veteranen der Royal Air Force jahrelang Spenden für den Wiederaufbau.
Und deshalb ist St. Clement seitdem ihre Kirche.
Der Organist beendet das Adagio von Albinoni, die Kirchenglocken lassen die Melodie des Kinderlieds Oranges and Lemons erklingen, alle stehen auf, und ich mit ihnen. Mit den Uniformierten und denen in Zivil, mit den Alten und den ganz Alten, mit den Gebrechlichen und den Aufrechten, Männern wie Frauen. Der Chor singt das Sanctus aus dem Requiem von Gabriel Fauré, eine silberne Monstranzen tragende Prozession, drei Herren und eine Dame, begleitet von den Hochwürden David Osborne und Canon Flora Winfield, schreitet zum Altar. Es ist elf Uhr am 6 . März 2012 , und nun beginnt der Gedenkgottesdienst für Nancy Wake.
Beruflich waren die meisten hier ihr verwandt. Blutsverwandte aber sind nicht unter den Anwesenden. Entweder hat Nancy Wake sie alle überlebt, oder sie leben weit entfernt auf dem Kontinent, den sie einst als 20 -Jährige 1932 verließ. Claudine Chevalier, geborene Wake, aus Sydney ist so eine weit entfernte Verwandte, und zwar in jeder Beziehung. Nancy Wake war, schrieb sie an die Times , nachdem sie in der Zeitung den Nachruf gelesen hatte, eine »Cousine meines Großvaters Bob Wake« und ihre »Stärke als Frau« sei ihr ein Vorbild. Möge Nancy in Frieden ruhen. Und Val Wake aus Port Macquarie, wo Nancy Wake lange mit ihrem Mann John Forward gelebt hatte, erinnerte sich zumindest daran, dass sein Vater »not best pleased« darüber war, dass »distant cousin« Nancy nach ihrer Rückkehr aus Europa 1949 ausgerechnet gegen Bert Evatt angetreten sei im Kampf um einen Sitz im Parlament, denn Evatt war damals der Chef seines Vaters.
» All sit«, bedeutet am Ende der Fürbitte an Gott, seinen Segen ruhen zu lassen über den Anwesenden, die zusammengekommen sind »to give thanks to him for the life of Nancy Wake «, mit knapper Geste Reverend Osborne und singt mit uns das Halleluja auf ihren Mut, ihre Führungsstärke, ihre große Hingabe an die Freiheit, woraufhin die Sopranistin Helen Parker, getragen vom Chor aus dem Requiem von Fauré, eine Arie auf uns schweben lässt. Colonel Laurent Kolodziej, Militärattaché an der französischen Botschaft, spricht im Namen von Nancy Fioccas zweiter Heimat, zu deren Befreiung von den Deutschen Agentin Hélène, durch Heirat Französin, auf ihre Art einiges beigetragen hat. En français, auf Französisch, und das klingt gut so, denn er liest ein paar Sätze aus Antoine de St.-Exupérys Kleinem Prinzen vor: »Quand tu regarderas le ciel, la nuit, puisque j’habiterai dans l’une d’elles, puisque je rirai dans l’une d’elles, alors ce sera pour toi comme si riaient toutes les étoiles.« (Auf einem der Sterne werde ich leben. Auf einem von denen werde ich lachen. Und es wird für dich so sein, als würden alle Sterne lachen, wenn du nachts zum Himmel emporblickst. Du, nur du, wirst Sterne haben, die lachen können.)
Falls Leute erstaunt fragen, was es denn beim Blick auf die Sterne zu lachen gebe, so der Kleine Prinz, genüge als Antwort, die Sterne bringen mich halt immer zum Lachen. So wie Nancy immer Zeit fand in Gefahr und Not für ein befreiendes Lachen. Exupérys Buch erschien 1943 in New York, wohin er aus Frankreich nach der Besatzung ins Exil gegangen war, und passt deshalb in die Geschichte der Geschichte von Nancy Wake.
Es redet der High Commissioner for Australia im Namen ihrer
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