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Codewort Rothenburg

Codewort Rothenburg

Titel: Codewort Rothenburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Béla Bolten
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Tür auf.
    Daut folgte ihm nach draußen. Es war stockfinster, der Strom war ausgefallen. Die Bomber dröhnten über sie hinweg. Detonationen übertönten alle anderen Geräusche.
    »Alles halb so wild«, rief Schwarz Daut über die Schulter zu. »Die Tommies fliegen nach Mitte. Meinen wohl, dass sie da den Führer in der Reichskanzlei erwischen. Dummköpfe. Der ist schon vor zwei Tagen abgereist. Nach Rastenburg ins neue Führerhauptquartier. Wolfsschanze! Merken Sie sich den Namen! Der Osten ist unsere Zukunft, Daut.«
    Sie verließen das Haus, wandten sich nach rechts und betraten das Nachbargebäude. Schwarz drückte den Lichtschalter im Treppenhaus, die Lampen flammten auf. Er deutete eine kleine Verbeugung an.
    »Voilà! Gut, wenn man seinen eigenen Generator im Keller hat.«
    Sie stiegen die Treppen nach oben und betraten die Büroräume. Der Untersturmführer schwankte den langen Flur entlang. Am Ende des Korridors schien Licht unter einer Tür hindurch.
    »Willkommen in unserem Allerheiligsten, Daut.«
    Er öffnete die Tür wie ein Impresario den Vorhang im Theater. Der Raum war nur spärlich beleuchtet, wodurch die Szenerie noch gespenstischer wirkte. Über ihnen die Flugzeuge, das Dröhnen der Motoren, das Jaulen der fallenden Bomben, die Detonationen. Hier drin Stille. Fünf Männer saßen konzentriert an Tischen, auf denen klobige Funkgeräte standen. Das einzige Geräusch kam vom Arm der Aufnahmegeräte, die über die Wachsplatten kratzten.
    Über den Tischen hingen Tafeln: Großer Salon, Kleiner Salon, Separee 1, Separee 2, Separee 3.
    Schwarz ging zum Tisch, über dem Großer Salon stand. Er nahm einen zweiten Kopfhörer von einer Gabel, die seitlich am Funkgerät befestigt war, und winkte Daut heran.
    »Mal reinhören, Herr Inspektor?«
    Er zog einen Stuhl heran, drückte Daut nieder und setzte ihm die Kopfhörer auf.
    Man hörte klar und deutlich die Geräusche aus dem Salon Kitty. Musik, Gläserklirren.
    »Auf unsere Flak«, rief ein Mann mit tiefer Bassstimme.
    »Flickflack, Flickflack!«, kreischte eine der Damen.
    Ein anderes Mädchen rief aufgeregt:
    »Wenn wir hier drin schon nichts davon haben, sollten wir wenigstens unser eigenes kleines Feuerwerk zünden!«
    Man hörte eine Lunte zischend abbrennen, gefolgt von einem gewaltigen Krachen. Daut riss sich den Kopfhörer von den Ohren. Der Beamte neben ihm lächelte ihn an.
    »Entschuldigung! Der Kopfhörer ist nicht richtig justiert. Das Tischfeuerwerk muss direkt neben dem Mikrofon gezündet worden sein.«
    Schwarz, zwei Gläser in der einen und eine Flasche in der anderen Hand, reichte Daut einen Cognakschwenker und goss großzügig ein. Er prostete dem Polizisten fahrig zu, trank sein Glas in einem Zug aus und goss sich sofort nach.
    »Na, schon genug gehört? Na ja, der Salon ist ja auch nicht so spannend.«
    Noch mehr schwankend als zuvor, ging er zum Tisch Separee 1 und hielt sich den Kopfhörer ans Ohr.
    »Oh là là, das hier ist schon besser.«
    Er gackerte laut los und winkte Daut hektisch herbei.
    »Rücken Sie mal rüber.«
    Er brachte seinen Kopf so nah an Dauts heran und hob den Hörer so weit vom Ohr, dass sie gemeinsam zuhören konnten. Keine Frage, aus dem Kopfhörer drangen eindeutige Geräusche sexueller Aktivitäten.
    Schwarz blies Daut seinen Atem direkt ins Gesicht. Alkohol, Tabak. Dazu alter Schweiß, von dem der Uniformrock getränkt zu sein schien. Daut rückte ein Stück zurück und sog den Duft des Cognacs ein.
    »Noch einmal, Schwarz! Weswegen musste Marianne sterben?«
    Eine Bombe detonierte nicht weit entfernt.
    »Hoppla!«, sagte Schwarz gedehnt, »das war knapp. Sie werden uns doch nicht unser Spielzeug hier kaputt machen. Wäre auch schade um meine Privatsammlung. Nur ausgesuchte Stücke, Hauptsturmführer.«
    Schwarz nahm den Kopfhörer ab und ließ ihn auf den Boden fallen. Mühsam drückte er sich vom Stuhl hoch und wankte auf einen Schrank voller Wachsplatten zu. Er wählte eine aus und legte sie auf ein Abspielgerät. Zwei Sekunden war nichts zu hören als das Kratzen des Tonabnehmers. Dann ertönte deutlich und gut erkennbar Dauts Stimme. Es hätte nicht Mariannes Lachen gebraucht, damit er wusste, wann und wo diese Aufnahme entstanden war.
    »Hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut, Daut. Sie haben ja echtes Durchhaltevermögen. Die Kleine konnte ja nicht genug von Ihnen kriegen. Leider war sie ein bisschen zu vernarrt in sie. Plaudert über die Vorlieben des Reichsmarschalls. Das durften wir nicht

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