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Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Cold Fury: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. M. Goeglein
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müssen, und dass Respekt für den Gegner in diesem Sport von zentraler Bedeutung ist. Seiner Meinung nach gehörte der Kampf allein in den Ring, und er lehnte es ab, Gewalt anzuwenden, um einen Disput im wahren Leben zu entscheiden, außer in seltenen Fällen zur Selbstverteidigung. Wenn sich ein Gegner beispielsweise nicht an Regeln hält und von daher keinen Respekt verdient, dann muss jeder Mann – oder jedes Mädchen – sehen, wie es sich durchsetzen kann.
    Das wurde auch meine Einstellung, und wir beide wurden Freunde. Mehr als Freunde sogar – Willy gehörte schließlich zur Familie. Von daher war es reine Ironie, dass ich ausgerechnet von ihm die wichtigste Fähigkeit erlernte, die mir heute zur Verfügung steht, um meine wahre Familie zu finden.
    Nämlich nicht nur, wie man kämpft, sondern auch, wie man um sein Leben läuft, damit man am nächsten Tag noch einmal antreten kann.

2
    Ein Thriller, ob nun als Buch, als Kino- oder Fernsehfilm, beginnt stets mit einer groß angelegten, temporeichen Actionszene, zum Beispiel mit einer waghalsigen Autojagd, bei der sich das blendende Sonnenlicht auf zwei Lamborghinis bricht, die hoch durch die Luft segeln und dann eine Straße hinunterbrettern, wie es sie nur in San Francisco oder in den Alpen gibt, mit einem Gefälle wie eine Gebirgswand. Dann folgt ein ruhiger Teil, in dem nach und nach die eigentliche Geschichte erzählt wird und erste Hinweise darauf erkennbar werden, worum es bei der wilden Verfolgung ging. Der Held, der auf eine zweifelhafte Vergangenheit zurückblickt oder mit eigenen Dämonen zu kämpfen hat, stellt sich dann als unerschrockener moderner Sherlock Holmes heraus, und die Pistole, die er zufällig in einer Schublade findet, führt ihn direkt zu einem Fußabdruck im Garten, der wiederum zu einem Schließfach in Zürich, wo man dann den Schurken dabei überrascht, wie er gerade druckfrische Geldscheine zählt oder Diamanten liebkost oder dergleichen.
    Was diese Geschichten nie zeigen, sind Helden mit einer total ruhigen, langweiligen Vergangenheit, die überhaupt keine Ahnung von den Sachen haben, die vorher passiert sind.
    Und die auch nicht im Geringsten vermuten, dass ein paar von den wichtigsten Hinweisen in ihren eigenen Köpfen verborgen sind.
    Jetzt, da ich damit begonnen habe, die Vergangenheit nach Hinweisen auf das Schicksal meiner Familie zu durchforsten, sind mir wieder viele Dinge eingefallen, nicht nur, was meine Eltern und meinen Bruder angeht, sondern auch mich selbst – vor allem, was eine gewisse kalte blaue Flamme betrifft, die inzwischen allgegenwärtig erscheint, als ob ich sie schon immer in mir gespürt hätte. Ich erinnerte mich daran, wie sie sich bei dieser Begegnung mit Uh-Oh zum ersten Mal zeigte, und dass sie mir ein paar Jahre später, mit zehn, dabei half, eine ähnlich brisante Situation heil durchzustehen.
    Meine beste Freundin (oder vielmehr meine einzige Freundin – mehr über diese erbärmliche Situation später) hieß Gina Pettagola. Eines Nachmittags gingen wir von der Schule nach Hause, als uns drei ältere Mädchen aus der Nachbarschaft auflauerten, die Gina immer die »drei Musketerrors« nannte, weil sie immer im Dreierpack auftraten und eben auch echten Schrecken verbreiteten. Sie waren pummlig, rochen wie Zigaretten, und zwei von ihnen hatten rotes Haar, wohingegen die dritte im Bunde, die Anführerin, eine einzige schwarze Augenbraue hatte, die in der Mitte zusammenwuchs wie eine zornige, dicke Raupe. Sie mochte vor allem Gina nicht, weil Gina schon damals die klatschhafteste Person im Viertel, wenn nicht in ganz Chicago war. Sie war außerdem eine unglaublich perfekt gestylte Zehnjährige – Kleidung, Haare, Schuhe, alles passte zusammen, und das war es wohl, was Miss Raupe noch ätzender fand, denn ihr persönlicher Stil bestand eher aus schwarzen Band-T-Shirts und Jeans, die an seltsamen Stellen mit Sicherheitsnadeln zusammengehalten wurden. Als uns die drei Musketerrors umringten, stieß Miss Raupe mit der Faust in die offene Fläche der anderen Hand und sagte: »Du hast echt ’ne große Klappe, weißte das, du aufgedonnerte kleine Tusse?«
    »Wer, ich? Wieso, was … was hab ich denn gesagt?«, stammelte Gina.
    »Sie weiß schon«, sagte die eine Rothaarige.
    »Klar, guck sie doch mal an. Sie will uns verarschen«, sagte die andere Rothaarige.
    Miss Raupe kam näher. »Von mir aus kannst du gerne so tun, als hättest du keine Ahnung. Ich stopf dir dein blödes Maul sowieso.«
    Ich konnte

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