Die Schatten der Vergangenheit
Track Zwei auf Remy O’Malleys iPod
… eines Tages haben die Beschützer den Schlüssel zur Unsterblichkeit entdeckt. Stell dir vor, Remy, ein Beschützer tötete eine Heilerin, absorbierte ihre Energie und wurde unsterblich. Diese Energie kurierte ihn von nahezu jeder Krankheit, einschließlich des größten Leidens – des Alterns. Verstehst du, in diesem Krieg, den die Beschützer gegen die Heilerinnen führen, ging es nie wirklich um Geld oder um Besitz. Natürlich waren die Beschützer auch geldgierig, aber eigentlich waren sie auf die ewige Jugend aus.
Aber es gibt ja bekanntlich nichts umsonst. Die Beschützer bekamen zwar ihre Unsterblichkeit, aber das hatte auch seinen Preis. Denn wenn sie einer Heilerin die Energie entzogen, passierte gleichzeitig etwas, womit sie nicht gerechnet hatten: Die Energiewelle bewirkte einen Kurzschluss in ihrem System, und die Beschützer verloren einen Großteil ihrer Sinne. Tastsinn, Geschmackssinn, Geruchssinn – alles im Handumdrehen weg.
Kannst du dir vorstellen, ewig zu leben und niemals die Berührung eines anderen zu spüren?
Was für eine Ironie des Schicksals. Die Beschützer haben die Hölle auf Erden und haben sie selbst geschaffen. Tja, und die Heilerinnen sind die Einzigen, die daran etwas ändern können.
Seitdem die Beschützer gemerkt haben, was sie da angerichtet haben, sind sie auf der Jagd nach den wenigen Heilerinnen, die es noch gibt. Und die Heilerinnen, die ihnen ins Netz gehen, erleiden alle dasselbe Schicksal: Sie werden getötet.
Du musst verstehen, diese Energie – deine Energie – gleicht der Bestrahlung bei Krebspatienten: Eine volle Dosis tötet, eine kleine Dosis hat therapeutische Wirkung, denn dadurch fühlen sich die Beschützer einfach lebendig. Bei der ganzen Prozedur lassen sie sich allerdings Zeit, halten eine Heilerin wie ein Haustier, um ihr immer nur ein bisschen Energie zu rauben. Bis die Heilerin nichts mehr hergibt und stirbt. Die wiedergewonnenen Empfindungen halten jedoch nie lange an, weshalb sich die Beschützer immer wieder auf die Jagd nach neuen Heilerinnen machen müssen.
Doch vor einiger Zeit dann … diese sensationelle Entdeckung … Noch ein Grund, warum ich dich all die Jahre versteckt gehalten habe. Du bist nicht wie andere Heilerinnen, Remy. Du, Remy, besitzt die Gabe, die Beschützer wieder sterblich zu machen.
Das wollen sie mehr als alles andere. Und um das zu erreichen, werden sie dich töten. Wenn du glaubst, sie haben dich entdeckt, lauf los, so schnell du kannst. Denn wenn sie dich kriegen … Lass! Dich! Nicht! Erwischen!
So, auf dem dritten Track erfährst du nun, wie du deinen Großvater findest. Ich hätte dich schon längst zu ihm bringen sollen, aber ich konnte nicht … Ich habe meine Gefühle missachtet … und deshalb sind wir … Du bist besser als ich, Kind.
Hör auf deine Gefühle.
Mein Angriff kam für Gabriel völlig unerwartet.
In Sekundenschnelle hatte ich mich von hinten auf ihn gestürzt, und nun knallten wir auf die blaue Matte in der Mitte des Blackwell’schen Fitnessraums, dass mir kurzzeitig Hören und Sehen verging.
Asher, der am Rand an einem Regal mit Gewichten lehnte, lachte darüber, dass ein schlaksiges Mädchen – eine vergleichsweise halbe Portion wie ich – seinem älteren Bruder die Stirn bieten konnte. Gabriel atmete zischend aus. Ich nutzte seine Unaufmerksamkeit, nahm ihn in den Schwitzkasten und drückte ihn mit aller Kraft nach unten. Mit meiner Größe von knapp 1,80 Meter fehlte nicht viel zu seinen 1,85 Meter, doch brachte er gute fünfundzwanzig Kilo mehr auf die Waage als ich. Ich lockerte meinen Würgegriff nicht eine Sekunde und spielte mit dem Gedanken, ihn als Revanche für die unzähligen Male, die er mich beleidigt hatte, zu beißen. Hatte er mitbekommen, wie ungewöhnlich schnell ich gewesen war? Hoffentlich nicht.
»Was war es doch gleich, was du mir immer predigst?« Ich tat so, als würde ich überlegen, denn ich wollte den kleinen Sieg auskosten. Beim Anblick Gabriels mit seinen vollkommenen Gesichtszügen bekam jedesMädchen ganz automatisch Herzflattern, und das ließ er nur zu gern heraushängen. Klar, dass ich da jede sich bietende Gelegenheit beim Schopfe packte, um seinem Ego einen Dämpfer zu verpassen. »Ach ja, richtig. Jetzt fällt’s mir wieder ein. Dreh deinem Feind nie den Rücken zu!«
Gabriel fluchte und bereitete meinem Vergnügen dann ein jähes Ende, als er unter mir seine Muskeln anspannte. Auch wenn er
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