Collection Baccara Band 332
offenem Haar gesehen hatte.
Er rutschte auf dem Stuhl hin und her und war froh, dass er saß. Vermutlich hatten seine Mitarbeiter nicht die geringste Ahnung, wie sehr ihn seine Stellvertreterin anmachte, und das sollte auch so bleiben. Schließlich hatte er nicht vor, diesen Gefühlen nachzugeben.
Nein, eine Affäre war das Letzte, was er gebrauchen konnte. PSI war seine einzige Geliebte. Eine Frau aus Fleisch und Blut würde einfach zu kurz kommen neben der Arbeit, die all seine Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Und was erschwerend hinzukam, war die Unvorhersehbarkeit der Einsätze – aber manche Fälle erforderten ein sofortiges Eingreifen.
Die Tür zu seinem Büro wurde wieder geöffnet, und Del führte eine große Frau herein, die ein locker geschnittenes schwarzes Jackett, Stoffhosen und ein Männerhemd trug. Er musterte die Jacke abschätzend und wäre jede Wette eingegangen, dass sie dazu diente, eine Waffe zu verbergen, obwohl die Besucherin heute keine trug.
Die Bewerbungsmappe in der Hand, setzte Del sich neben ihn. „Das ist Karen Munson“, sagte sie zu ihrem Boss. Dann wandte sie sich der Bewerberin zu. „Karen, das ist Sam Deering, der Geschäftsführer von PSI.“
Del blickte wieder zu Sam und fuhr fort: „Sie hat einen Abschluss in Strafrecht von der Pennsylvania State University. Zunächst war sie Streifenpolizistin in Miami und hat sich dann hochgearbeitet in die Mordkommission. Danach hat sie sich beim FBI beworben und als Profilerin gearbeitet. Sie war mit Entführungsfällen befasst und hat an langfristigen Undercover-Einsätzen mitgewirkt.“
„Nennen Sie mich Karen“, sagte die Frau und lächelte. In ihrem Lächeln lag keine Spur von Koketterie, und er hatte nicht das Gefühl, dass sie ihn erkannte. Sie sah in ihm lediglich den Chef der Firma, bei der sie sich bewarb.
Gut so. Das Letzte, was er brauchte, war eine Mitarbeiterin, die der Presse gegenüber seinen Aufenthaltsort ausplauderte. Neun Jahre zuvor hatte er von den Medien so viel Aufmerksamkeit bekommen, dass es ihm für den Rest seines Lebens reichte. Nicht einmal Del wusste über seine Vergangenheit Bescheid. Er hatte darüber nachgedacht, ihr seine Geschichte zu erzählen. Damals, ganz am Anfang, als er nicht verbergen konnte, dass ihm selbst die leichtesten körperlichen Arbeiten große Mühe bereiteten. Doch sie hatte ihn nie gefragt, wie er verletzt worden war, sondern hatte einfach getan, was sie konnte, um ihm das Leben zu erleichtern. Und in den letzten Jahren hatte er so große Fortschritte gemacht, dass er seine Verletzungen manchmal vergaß.
„Warum haben Sie die Undercover-Arbeit aufgegeben, Ms Munson?“, fragte er und warf einen Blick in ihre Unterlagen.
„Nun, ich habe ein Kind bekommen“, sagte sie. „Ich wollte regelmäßigere Arbeitszeiten.“
„Die werden Sie hier auch nicht haben“, warnte er sie.
Sie nickte. „Das ist mir klar. Ich habe die Unterlagen gelesen, die Sie mir gegeben haben. Aber meine Lebensumstände haben sich geändert, und ich bin zeitlich nicht mehr eingeschränkt.“
„Nein? Keine Kinderbetreuung mehr?“
Karen Munsons Mund wurde schmal. Einen Moment lang wandte sie den Blick ab, und er sah, dass sie tief durchatmete und all ihren Mut zusammennahm. „Mein Sohn ist gestorben“, sagte sie ruhig. „Offen gesagt, Mr Deering, je mehr Sie mich auf Trab halten, desto glücklicher bin ich.“ Sie beugte sich vor, und ihre Stimme klang wieder geschäftsmäßig. „Wie Sie den Unterlagen entnehmen können, verfüge ich sowohl über Managementerfahrung als auch über Fachkenntnisse auf den Gebieten, die Sie genannt haben.“
Das Gespräch dauerte noch eine halbe Stunde und damit länger als die Interviews mit den anderen drei Bewerbern, die die Leumundsprüfung bestanden hatten und dem Anforderungsprofil für den Jobs entsprachen. Und schließlich stellte er Karen Munson als Assistentin seines Leiters der Abteilung für verdeckte Ermittlungen ein.
Er schüttelte ihr die Hand, und Del nahm Karen mit in ihr Büro, um ihr einige Unterlagen zu geben, die sie am Wochenende ausfüllen sollte. Als die Tür hinter den beiden Frauen ins Schloss fiel, ertönte die Sprechanlage. Er drückte auf den Knopf eines freien Kanals und fragte: „Peg, was ist los?“
Peggy Doonen war Dels Assistentin und hatte während der Interviews am Empfang die Stellung gehalten.
„Ich habe Feierabend, das ist los!“ Peggys dröhnende Stimme verriet ihre ausgelassene Laune. „Ich dachte, Sie
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