Collector - Operation Vade Retro: Band 2 - Roman (German Edition)
Maschine kann gar nicht funktionieren.«
Der Tiger-Beta warf einen kurzen Blick über seine breite Schulter. Wie sie steckte er in einem klobigen, signalroten Raumanzug, dessen zurückgeklapptes Visier sich jederzeit mit einer schnellen Handbewegung schließen ließ. Auf den Emblemen stand noch BaIn zu lesen, die einstigen Besitzer der Station. Mit dickem Filzstift war PARADISE drübergeschrieben worden. »Was meinst du?«, fragte er und schnurrte neugierig.
Ich sollte damit weniger hausieren gehen. Clarissa schnaufte. »Nicht so wichtig. Geht dich auch nichts an.« Sie überflog nochmals die Daten. »Vergiss es einfach.«
Die Interception war ein kleines Schiffchen mit dicker Außenhaut sowie einem riesigen regulären Antrieb, der eine schnelle Flucht ermöglichte, aber ohne FTL -Option . Für lange Strecken taugte der Raumer nicht, eher für gewagte Sprintrennen durch Meteoritenfelder. Genau das Richtige für Piraten, Schmuggler und Kleinräuber, die sich auf Luxusjachten spezialisiert hatten.
Dennoch steckten im Bauch des Vehikels Unmengen von zusätzlichen Energieerzeugern sowie ein weiterer Motor, der nicht für den Antrieb benötigt wurde.
Ihr Auftraggeber hatte eine Menge Geld dafür gezahlt, dass sie den Befehl an Bord übernahm. Die eine Hälfte der Crew befand sich bereits an Bord der Interception, die andere Hälfte brachte sie mit. Clarissa mochte es nicht, mit Unbekannten zu fliegen, schon gar nicht in dieser Sonderausgabe von Raumschiff. Das liebe Geld zwang sie dazu.
»Stimmt. Geht mich nichts an.« Cohlonn grollte und blieb vor einem Vakuumschutzschott stehen, das er mit der Eingabe eines Codes für sie öffnete. »Bitte sehr, Captaine.« Die Tigeraugen musterten sie, doch die Fragen, die ihn sichtlich beschäftigten, kamen ihm nicht über die Lippen.
Clarissa ärgerte sich, die Anmerkung überhaupt gemacht zu haben. Auf einer Raumstation, die von abtrünnigen Betas geleitet wurde, bedeuteten jede Art von Informationen Macht.
Zu welchem Konzern Cohlonn einst gehörte hatte, wollte sie nicht wissen. Ihrer Ansicht nach war Paradise dem Untergang geweiht, auch wenn sich das Sammelsurium Betas der trügerischen Sicherheit hingaben, dass ihre zwei gestohlenen Schiffe voller Atomsprengköpfen sie vor einer Konzernattacke schützten. Je schneller ich raus bin, desto glücklicher werde ich sein.
Der Tiger-Beta blieb halb vor dem Durchgang stehen. »Kannst du mir den Trick verraten, wie du das damals angestellt hast? Als ihr den Raid gegen United Industries geflogen seid?«
Sie seufzte. Er hatte seine Neugier nicht länger zurückhalten können. Es war ihr Fluch, dass das halbe Universum von ihrer Vorgeschichte zu wissen schien. Ob es an der Glatze lag, dass sie ständig erkannt wurde?
Clarissa gehörte bis vor zwei Jahren noch den Royal Raiders an, einer Vereinigung von Adligen, die sich ganz in der Tradition der edlen Piraten sah – falls es überhaupt je edle Piraten gegeben haben sollte. In erster Linie überfielen sie die Niederlassungen und Schiffe der großen Kons, griffen sich aber auch bei passender Gelegenheit unvorsichtige Reiche.
Den Nachnamen Fairbanks hatte sie mit ihrem Ausstieg angenommen, nachdem sie einen uralten Piratenfilm mit einem Schauspieler gesehen hatte: Douglas Fairbanks. Das passte, wie sie fand. Richtig hieß sie Clarissa Jeanne Madelaine Baronesse de Contignac und entstammte einem französischen Adelsgeschlecht.
»Na ja. Wir sind rein und wieder raus«, antwortete sie knapp. Sie wollte die Geschichte nicht zum tausendsten Mal erzählen. Schon gar nicht Cohlonn.
»Verstehe.« Er gab den Weg frei. »Vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt und in einer intimeren Atmosphäre?« Das dunkle, lockende Schnurren machte deutlich, was ihm vorschwebte.
Mich wirst du nicht vernaschen. Ich bin kein Katzenfutter. Clarissa schenkte ihm ein hinreißendes Lächeln. »Eher nein, mein Stolzer. Ich stehe auf Frauen.« Das war zwar gelogen, aber es brachte sie aus der Klemme.
Sie ging an ihm vorbei in den abgetrennten Bereich des Hangars und stand vor der Interception .
Im ersten Moment lachte sie auf. Die Form des Schiffs sah reichlich merkwürdig, um nicht zu sagen lächerlich aus. Es erinnerte an einen Bienenkörper, an den man seitlich eine kleine Pfeilspitze angeklebt hatte: das Cockpit. Es musste nachträglich angesetzt worden sein. Die vielen Öffnungen in der Außenhaut waren keine Einschusslöcher, sondern Unmengen von Steuerdüsen, mit denen die abruptesten Manöver geflogen
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