Collector’s Pack
schwieg nur.
Peter sah ein Pulsieren unter seiner gewebeartigen Haut, die ihn sofort an Seths Kokon erinnerte. Und auf dieser Haut zeichneten sich feine blaue Linien und Muster ab.
Wie deine Tätowierung!
»Wer bist du?«, fragte Peter.
Keine Antwort. Das Wesen mit den fast menschlichen Zügen blickte ihn nur aus goldenen Echsenaugen an und trat weiter auf der Stelle. Dabei stieß es, wie Peter nun hören konnte, leise Zischlaute aus.
»Sprich zu mir! Bitte«, flehte Peter. »Ich werde sonst wahnsinnig!«
Doch das Echsenwesen hob nur die Hand und deutete in die Ferne, in Richtung Stadt.
Peter verstand, dass er der Richtung folgen sollte. Als er vom Akropolishügel herunterkam, erwartete ihn das Wesen wieder. Oder ein anderes seiner Art. Auch dieses Wesen deutete in eine bestimmte Richtung, der Peter weiter folgte. Ganz Athen schien voll mit diesen Wesen zu sein, die wie stumme Richtungsmarken an den Straßenkreuzungen standen und leise auf und ab wogten. Peter folgte ihnen, bis er vor dem Regierungspalast auf Nikolas traf, der von den Wesen ebenfalls dorthin gelotst worden war. Ohne ein weiteres Wort fielen sie sich in die Arme.
»Es tut mir leid«, flüsterte Peter und atmete den vertrauten Geruch seines Bruders ein.
»Du siehst beschissen aus«, sagte Nikolas. »Bis auf den Anzug.«
Sie grinsten sich an.
»Und? Wer sind die?«, fragte Nikolas und deutete auf eines der Echsenwesen, das nicht weit von ihnen stand und sie zu beobachten schien. »Wo waren die vorher? Warum tauchen sie jetzt auf? Sind das Engel?«
»Wir werden es herausfinden«, sagte Peter.
Auf dem Weg nach Rom begegneten sie den Wesen immer wieder, und immer waren es schweigende Begegnungen. Peter und Nikolas sahen, dass die Wesen sich ebenfalls fortbewegen konnten. Manchmal begleiteten sie sie ein ganzes Stück, aber niemals berührten sie etwas anderes als den Boden, auf dem sie gingen. Wovon sie lebten oder ob sie überhaupt von irgendetwas lebten, fanden Peter und Nikolas nicht heraus. Nur ihren Namen, als sie viel später das Buch Dzyan übersetzten.
Als sie Rom über ein Jahr nach ihrem Aufbruch aus Nepal erreichten, war es dort früher Mittag. In der Wohnung in der Via Corinaldo sah Peter, wie Franz Laurenz auf einen Monitor starrte, auf dem ein Kamerabild zu erkennen war, das sie beide kniend in Bereich 23 zeigte. Der Moment vor der Explosion. In Laurenz’ Gesichtsausdruck stand Entsetzen, sein Mund war leicht geöffnet, als sage er gerade etwas.
»Die haben sich irgendwie in Seths System gehackt«, sagte Peter. »Die haben alles mitangesehen!«
»Dann können wir ihnen ja eine Nachricht hinterlassen«, meinte Nikolas. »Hey, Leute! Keine Sorge, uns geht’s gut, wir klemmen nur ein bisschen in der Zeit fest.«
»Ja, sehr witzig.«
»Und was wollen wir dann noch hier?«
»Wir suchen Maria.«
Peter fand eine ausgedruckte E-Mail, die Yoko Tanaka in den Händen hielt. »Ich hab was, Niko! Maria ist auf dem Weg nach Oak Island.«
Sie wussten beide, was das bedeutete: Maria saß unerreichbar irgendwo über Nepal in einem Flugzeug. Außerdem würden sie den Nordatlantik nicht überqueren können. Oak Island war ebenso unerreichbar wie Maria. Und Maria gehörte jetzt Seth. Frustriert hockte sich Peter in eine Ecke des Raumes und dachte nach.
»Dann Plan B«, sagte Nikolas.
»Plan B? Was für einen Plan B?«
»Denk dir was aus, Peter. Sag mir, was wir tun sollen. Du bist der Boss.«
Peter sah ihn an. Nikolas trug immer noch die Metallkiste mit den Amuletten bei sich.
»Dann fangen wir erst mal an, die Dinge neu zu ordnen«, sagte Peter.
Als Erstes steckte Peter mit spitzen Fingern Laurenz eines der Amulette in die Hosentasche, penibel darauf bedacht, ihn nicht zu berühren.
»Und jetzt?«, fragte Nikolas.
»Töten wir den Papst. Überhaupt jeden Träger des Lichts, den ich finden kann. Mir reicht’s. Wenn die Zeit irgendwann wieder anspringt, will ich, dass diese Brut ein für alle Mal ausgerottet ist.«
Peter konnte spüren, wie sich der schwarze Klumpen in seiner Brust bei diesen Worten ausdehnte, wie eine dunkle Blüte, genährt von einer dunklen Sonne.
»Du hast selbst gesagt, wir sind nicht Gott«, widersprach Nikolas. »Also fang jetzt nicht an, dich wie einer zu benehmen. Wir werden niemanden mehr töten, ist das klar? Wir werden einfach versuchen, die Dinge im Rahmen unserer Möglichkeiten in Ordnung zu bringen.«
»Und wie soll das bitte aussehen, Niko?«
»Du hast es gerade doch selbst vorgemacht. Wir
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