Collector’s Pack
Asteroiden und Kometen, die die junge Erde mit dem Leben infizierten. Und mit dem Bösen.
Würde man die Erdgeschichte vom Anbeginn bis heute mit einem Tag vergleichen, der um Mitternacht begonnen hatte, so stünde die Uhr nun bei 7 Uhr morgens. Um 7 Uhr kam das Böse. Mit vierzigtausend Kilometern pro Stunde aus der unmittelbaren Nachbarschaft. Ein Planet von der Größe des Mars, der sich in der Nähe gebildet hatte, trug es heran und kollidierte mit der Erde. Die Wucht des Einschlags zerschmetterte diesen Planeten, dem Forscher später den Namen Theia gaben. Der Zusammenprall mit Theia erschütterte die Erde fast zum Zerbersten, gewaltige Massen von Magma, Asche und Staub detonierten in den Weltraum und bildeten einen Trümmerring rund um die Erde wie um den Saturn. Aus diesen Trümmern entstand später der Mond.
Die Erde hatte viel Wasser verloren, aber nicht alles, und nach wie vor trafen wasserhaltige Asteroiden und Kometen ein. Die Erde wuchs weiter, doch mit dem Aufprall hatte sich das Böse in den jungen Planeten gerammt und nistete sich in der allmählich abkühlenden Erdkruste ein. Es hatte so viel Zeit. Es konnte warten. Auf das Leben.
Als gegen 8 Uhr, vor drei Milliarden Jahren, die Oberflächentemperatur der Erde auf unter 100 °C abkühlte, nahm das kosmische Bombardement ab, und die Erdkruste verfestigte sich. Eine erste Atmosphäre entstand, jedoch noch ohne freien Sauerstoff. Erst nachdem die biologische Evolution einmal gezündet hatte, als die ersten Ozeane sich bildeten und das Leben unaufhaltsam Besitz von dem abkühlenden Planeten ergriff, stieg der Sauerstoffgehalt mit der Biomasse stetig an. Bis das Leben um 22 Uhr des ersten Erdtages, im Kambrium vor fünfhundert Millionen Jahren, schließlich mit einer Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten förmlich explodierte und jeden Winkel der Erde besiedelte.
Die ganze Zeit über wuchs das Böse, langsam, abartig und tödlich. Nur alle paar tausend Jahre unterbrach es sein Wachstum, streckte seine Sinne aus, um zu prüfen, ob die Zeit gekommen war, passte sich an, schlich sich ein in das Leben, infizierte es. Aber das Leben fand immer einen Weg, sich vor ihm zu schützen. Unter der Kruste des ersten Urkontinents Gondwana wartete das Böse geduldig auf den geeigneten Wirt. Das Erscheinen des Menschen.
Kontinente brachen auseinander und schoben sich wieder zusammen. Rodinia, Laurasia, Gondwana, Pangaea. Bedeckt von Eispanzern, tropischen Wäldern, Steppen und Wüsten. Gebirge falteten sich auf und tauchten wieder in den flüssigen Erdmantel ab. Das Böse verbreitete sich überall. Es überlebte das große Massenaussterben vor vierhundertneunzig Millionen Jahren. Vor zweihundertfünfzig Millionen Jahren, an der Grenze des Perms zur Trias, schlug ein Asteroid auf der Antarktis mit achtundfünfzigtausend Kilometern pro Sekunde ein. Eine seismische Druckwelle raste quer durch die Erde hindurch und löste auf der gegenüberliegenden Seite, im heutigen Sibirien, die Eruption eines gigantischen Magmafeldes aus. Die doppelte Katastrophe vernichtete fast neunundneunzig Prozent allen Lebens, und auch das Böse wäre beinahe ausgelöscht worden. Aber es überlebte wieder und wartete weiter, geduldig, primitiv und dumpf, bis in dieser Welt neues Leben entstehen würde. Denn es war eine gute Welt und zu diesem Zeitpunkt die einzige im Universum, auf der sich überhaupt Leben entwickelt hatte. Als sich Pteranodon in die Luft erhob und Herrerasaurus seine Beute jagte, hatte das Böse seine Größe annähernd verdoppelt. Um 23:48 Uhr dieses langen ersten Tages der Erdgeschichte, vor fünfundsechzig Millionen Jahren, erlebte es den Untergang der Dinosaurier und die darauf folgende rasante Evolution der Säuger. Bis sich etwa zwei Minuten vor Mitternacht, vor sieben Millionen Jahren, der erste Hominide aufrichtete, um das hohe Gras der Savanne zu überblicken. Da begann das Böse, sich zu regen. Denn die Zeit war gekommen, diese Welt endgültig in Besitz zu nehmen.
Doch das Böse übersah, dass es einen Feind hatte. Das Leben auf der Erde hatte in all den Jahrmillionen Wege und Nischen gefunden, sich gegen die Auslöschung und die Infektion zu schützen. Parallel zum Menschen war eine intelligente Art entstanden. Hochentwickelte hominide Wesen, die die Gefahr erkannten und ihre gesamte Kultur und Existenz nur darauf ausrichteten, die Infektion zu bekämpfen, einzudämmen und eines fernen Tages wieder dorthin zurückzuschleudern, wo sie einst hergekommen war: in den
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