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Collector’s Pack

Collector’s Pack

Titel: Collector’s Pack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Giordano
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Raum war.
    »Am Ende des Ganges ist eine Dusche«, sagte der Arzt. »Wenn Sie sich angezogen haben, wird man Sie abholen. Nakashima San erwartet Sie.«
    Auf dem Weg zur Dusche begegnete Peter keinem Menschen. Im Gegensatz zu dem Hightechraum, in dem er »erwacht« war, wirkte der fensterlose Korridor viel weniger steril, ja geradezu schäbig. Ein alter, abgelaufener Linoleumboden mit schwarzen Gummistreifen, der beim Gehen metallisch nachhallte. Von irgendwo das klappernde Geräusch einer Lüftung und dahinter ein leises Vibrieren wie von einem elektrischen Aggregat. Die Wände mit billigem Holzimitat aus Kunststoff verkleidet, das an den Kanten zum Teil aufgeplatzt war. Zwei gerahmte Van-Gogh-Reproduktionen und ein Panoramafoto von Chicago im Sonnenuntergang. Als Peter probeweise gegen die Wand klopfte, klang es hohl.
    Dünne Trennwände, metallischer Untergrund. Wo bin ich?
    Die Duschkabine dann wieder hochmodern, eine Nasszelle aus weißem Kunststoff, mehr eine luxuriöse Beregnungsanlage. Das Wasser roch nach Chlor. Peter genoss den warmen Regen auf seiner Haut und merkte nun, wie hungrig er war. Unter der Dusche kamen Stück für Stück die Erinnerungen an die letzten Wochen vor seinem Blackout zurück, allerdings unsortiert wie ein gut gemischtes Kartenspiel. Peter erinnerte sich wieder daran, dass Nakashimas Leute ihn vor Nikolas gerettet hatten. Dass sie seine Eltern an einen unbekannten Ort in Sicherheit gebracht hatten. Seine Eltern, die er vermutlich nie wiedersehen würde. Peter erinnerte sich an das Amulett, an Lorettas Leiche in Suite 306, an den ausgemergelten Edward Kelly, und auch an das Gesicht seines Zwillingsbruders Nikolas. Seinen Bruder, den Mörder. Aber vor allem erinnerte sich Peter an Maria. An ein Paar grüner Augen und ihren Körper, der wärmer und wirklicher gewesen war als er selbst. Das alles schien unendlich lange zurückzuliegen, auch wenn Peter immer noch nicht wusste, wie viel Zeit inzwischen überhaupt vergangen war.
    Geboren. Neugeboren. Arm gebrochen.
    Er machte einen Test mit dem Seifenstück, packte es mit seiner neuen linken Hand und drückte zu. Ohne dass es ihn die geringste Mühe kostete, spritzte die Seife nur so zwischen seinen Fingern durch.
    In der frischen weißen Kleidung fühlte sich Peter wie der Novize einer esoterischen Sekte kurz vor der abschließenden Weihe. Ein Blick in den Spiegel bestätigte ihm wenigstens, dass er sich äußerlich kaum verändert hatte. Ein leidlich gut aussehender Mann Mitte dreißig. Freundliches, norddeutsches Gesicht, trainierter Körper, aber ein kahler Kopf und helle Augen, die ihm müde vorkamen. Überhaupt dieser neue bittere Zug um die Mundwinkel.
    Bist du das?
    Er fand sich blasser als sonst, entdeckte aber keine Verletzungen. Bis auf die alte Narbe an seiner Schulter von einem afghanischen Granatsplitter, die ihn daran erinnerte, dass er sich mal geschworen hatte, nie mehr zu töten. Nicht aus religiösen Gründen, sondern weil es falsch war, ganz und gar falsch. Wider die Natur.
    Weil es dich dein Leben lang verfolgen wird. Weil du nie wieder derselbe sein wirst.
    Alles in allem war er sich selbst ein vertrauter Anblick – bis eben auf diese Hand, die sich blass und fast durchscheinend von seiner Haut abhob und die einem Mann den Arm brechen konnte. Das fremdartige neue Körperteil, das man ihm ungefragt implantiert hatte, verstärkte sein Misstrauen. Auch wenn er Nakashima sein Leben verdankte, misstraute Peter diesem Mann, der offenbar ganz eigene Pläne mit ihm hatte. Wenn Peter eines hasste, dann manipuliert zu werden. Es wurde Zeit zu verschwinden.
    Probeweise versuchte er einige Kniebeugen, aber nach dem zweiten Mal knickten ihm die Beine weg, und ihm brach der Schweiß aus. Er horchte an der Tür. Schritte. Zwei Männer unterhielten sich flüsternd, dann ging einer weg.
    Du bist zu schwach für eine lange Flucht. Also wirst du dich wohl auf deine neue Untermieterin verlassen müssen.
    Peter wartete noch, bis er keine Schritte mehr hörte, dann riss er die Tür auf. Der Mann im Korridor trug einen blauen Overall mit einem kleinen Emblem auf der Brusttasche. Peter schätzte ihn auf Anfang zwanzig. Er gab nur einen überraschten Laut von sich, als Peter aus der Dusche stürmte, ihm mit der linken Hand die Kehle zudrückte und ihn hart an die Wand presste. »Ganz ruhig! Wo ist der Ausgang?«
    Der entsetzte junge Mann gurgelte etwas Unverständliches und zeigte nach links zu einem Aufzug.
    »Geh vor!« Peter lockerte den

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