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Colorado Kid

Colorado Kid

Titel: Colorado Kid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Vince.
    »Das sagte sie mir. Er hatte eine Mappe mit Entwürfen für Sunset Chevrolet dabei, einen der großen örtlichen Autohändler, die bei Mountain Outlook jedes Jahr tonnenweise Werbebroschüren in Auftrag geben – also ein sehr einträglicher Kunde. Cogan war seit drei Jahren einer der vier Zeichner, die für Sunset Chevrolet arbeiteten, sagte sie, und sie war überzeugt, dass die Firma mit Jims Arbeit zufrieden war. Das beruhte offenbar auf Gegenseitigkeit, denn auch Jim war gerne für den Autohändler tätig. Nach Aria Cogans Aussage waren seine Spezialität ›Liebe-Güte-Frauen‹, wie sie sie nannte. Als ich fragte, was das sei, grinste sie und sagte, das seien hübsche Mädchen mit aufgerissenen Augen und offenem Mund, die meistens die Hände auf die Wangen legten. Die Geste besage so viel wie: ›Du liebe Güte, das ist ja ein tolles Angebot bei Sunset Chevrolet!‹«
    Stephanie musste lachen. Sie hatte solche Illustrationen schon gesehen, meistens in den Gratisbeilagen im Supermarkt drüben in Tinnock.
    Vince nickte. »Aria war selbst eine Künstlerin, nur mit Worten. Sie zeichnete mir das Bild von einem anständigen Mann, der seine Frau, sein Kind und seine Arbeit liebte.«
    »Es gibt manches, was der liebende Blick nicht sehen will«, bemerkte Stephanie.
    »So jung und schon so desillusioniert!«, rief Dave, nicht ohne Anerkennung. 
    »Hm, ah jo, aber sie hat Recht«, sagte Vince. »Bloß sind sechzehn Monate eigentlich lang genug, um die rosarote Brille abzusetzen. Wenn da irgendetwas gewesen wäre – Unzufriedenheit auf der Arbeit oder vielleicht eine kleine Affäre, so was käme mir als Erstes in den Sinn –, dann hätte Aria bestimmt einen Hinweis darauf gefunden oder zumindest Lunte gerochen. Oder aber ihr Mann war unglaublich vorsichtig. Denn in den sechzehn Monaten, die er vermisst wurde, sprach sie mit allen, die ihn kannten, mit den meisten zweimal, und alle sagten ihr das Gleiche: Er mochte seine Arbeit, liebte seine Frau und vergötterte seinen kleinen Sohn. Das wiederholte sie immer wieder. ›Er hätte Michael nie im Stich gelassen‹, sagte sie. ›Das weiß ich ganz genau, Mr Teague. Das weiß ich tief in meinem Herzen.‹« Vince zuckte mit den Schultern, als wolle er sagen: Ich kann’s nicht ändern. »Ich glaubte ihr.«
    »Hatte er vielleicht seine Arbeit satt?«, versuchte es Stephanie.
    »Wollte er sich verändern?«
    »Sie meinte, nein. Angeblich liebte er ihr Haus oben in den Bergen, hatte sogar ein Schild über der Tür angebracht, auf dem stand: HERNANDO’S HIDEAWAY. Sie sprach mit einem der anderen Zeichner, die für Sunset Chevrolet arbeiteten, einem langjährigen Kollegen von Cogan. Weißt du noch, wie er hieß, Dave?«
    »George Rankin oder Franklin«, antwortete Dave.
    »Kann mich nicht mehr ganz genau erinnern.«
    »Nicht nachlassen, altes Haus«, sagte Vince. »Selbst Willie Mays hat zum Ende seiner Karriere öfter mal neben den Ball geschlagen, glaube ich.«
    Dave streckte ihm die Zunge heraus.
    Vince nickte, als habe er genau diese kindische Reaktion von seinem Herausgeber erwartet, dann nahm er den Faden wieder auf. »George, der Zeichner, mit Nachnamen Rankin oder Franklin, erzählte also Aria, dass Jim mit dem, was er draufhatte, so ziemlich am oberen Ende der Fahnenstange angekommen war, und dass er zu den glücklichen Leuten gehörte, die ihre Grenzen nicht nur kennen, sondern auch mit ihnen zufrieden sind. Jims einziges Ziel sei gewesen, irgendwann Leiter der Illustrations-Abteilung von Mountain Outlook zu werden. Angesichts dieses Ziels wäre er wohl als Allerletztes auf die Idee gekommen, die Brücken hinter sich abzubrechen und aus einer Laune heraus an die Küste Neuenglands zu fliehen.«
    »Aber genau das hatte er nach Ansicht seiner Frau getan«, sagte Stephanie. »Stimmt’s?«
    Vince stellte die Kaffeetasse ab und fuhr sich durch den Rest weißer Haare, die schon reichlich verstrubbelt waren.
    »Angesichts der Beweislage konnte Aria Cogan gar keinen anderen Schluss ziehen«, erklärte er, »so wie wir alle.
    James Cogan verließ sein Haus umViertel vor sieben am Mittwoch und fuhr auf die Schnellstraße nach Denver. Er hatte lediglich die Mappe mit den Entwürfen dabei. Er trug einen grauen Anzug, ein weißes Hemd, eine rote Krawatte und einen grauen Mantel. Ach ja, und schwarze Slipper.«
    »Keine grüne Jacke?«, fragte Stephanie.
    »Nein, keine grüne Jacke«, bestätigte Dave. »Aber die graue Hose, das weiße Hemd und die schwarzen Schuhe

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