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Columbus war ein Englaender

Columbus war ein Englaender

Titel: Columbus war ein Englaender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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sah, daß er noch schöner war, als ich angenommen hatte. Schöner sogar, als meine schönsten Vorstellungen von dem, was Schönheit sein konnte. Schön auf eine Art, die mich unmittelbar erkennen ließ, daß ich bis dahin gar nicht gewußt hatte, was schön überhaupt bedeutete: nicht bei Menschen, der Natur, Geschmack oder Tönen.
    Es gibt viele Leute in Norfolk, die bei »Großstadt« an Norwich denken.
    »Ich bin einmal in Norwich gewesen, aber es gefiel mir nicht«, sagen sie. »Swaffham ist für mich groß genug.« Sie können sich nur vage vorstellen, wie es in London, Los Angeles oder Manhattan aussehen mag.
    In diesem Moment ging mir auf, daß ich bis dahin immer nur die Vororte »entzückend«, »hübsch«, »reizend«, »lieblich«, »süß«, »ergötzlich«, »ansehnlich« und »nett« kennengelernt und erst jetzt endlich die Stadtgrenze des Schönen überschritten hatte. Mit einem Mal offenbarte sich mir Schönheit, und das ganze Aufhebens der Griechen und Keats’ ergab einen Sinn.
    So wie ein Künstler einem eine neue Sichtweise der Dinge eröffnet – Matisse beispielsweise kann einem einen Apfel zeigen, wie man ihn nie zuvor gesehen hat, und danach wird man jeden Apfel genau in dieser Weise sehen -, würde ich von dieser Sekunde an Schönheit, wahre Schönheit, in allen vertrauten Dingen um mich herum entdecken können. Vor diesem Augenblick mochte ich einen Sonnenuntergang odereinen Berghang als atemberaubend oder beeindruckend empfunden haben, aber von jetzt an würde ich deren Schönheit erkennen. Reine Schönheit.
    »Sag mal, spinnst du?« fragte Jo, der japsend mit meinem flotten Schritt mitzuhalten versuchte.
    Die Erscheinung befand sich nun etwa drei Reihen vor mir. Ich sah, daß er kleiner als der Durchschnitt war. Er trug zwar die gleiche Uniform wie alle anderen, aber sie war verwandelt, wie auch die Luft um ihn herum verwandelt war.
    »Wir wollen doch nicht zu spät kommen, oder?« sagte ich.
    »Du hast doch ein Rad ab«, grunzte Jo.
    Wenn ich nur seine Stimme hören könnte, mich vielleicht neben ihn drängeln und sein Profil betrachten könnte.
    In dem Moment sah ich Maudsley, einen Sixth Former und Rugby-As aus Fircroft, direkt vor mir seinen Nachbarn anstoßen und hörte ihn dann mit gnadenlos lauter Stimme losbrüllen.
    »Siehst du den da? Ich glaub, mein Schwanz juckt! Wow!« Er wedelte mit seiner rechten Hand, als ob er sich verbrannt hätte. »Jetzt sieh dir nur diese Arschbacken an.«
    Ich war wie gelähmt, und das Blut brauste in meinen Ohren.
    »Was ist denn jetzt schon wieder?« Jo hatte eine Engelsgeduld, aber auch die hatte ihre Grenzen. Ich war fast schon wieder stehengeblieben.
    »Nichts, ’tschuldigung ... schon gut. Entschuldigung, ich habe ... nichts.«
    Es war unerträglich, einfach nicht auszuhalten, sich diesen grobschlächtigen Affen Maudsley auch nur beim Gaffen vorzustellen. Ich wußte sofort, in einem plötzlich aufwallenden Jammer, es würde andere geben, die von diesem Ding, dieser Vision, dieser Unmöglichkeit in Bann geschlagen würden. Sie wären gröber und direkter, würden allein ihren niederen Trieben folgen, und das schlimmste war, sie wären natürlich auch attraktiver. Sie wären um Längen attraktiver, um Längensportlicher, um Längen eleganter und um Längen verführerischer in ihrem Aussehen und ihrer Ausstrahlung. Sie würden meine heilige Flamme entweihen und sie in einem aufgequollenen Taschentuch klebrig-gelben Spermas ersticken, sie in einer filzigen Schleimkugel der Lust zischend vergehen lassen. Die Vorstellung war zu grausam. Sie sahen nur Sex. Dessen war ich mir sicher, während ich – ich sah Schönheit.
    »Reg dich ab, Stephen«, mag man einwenden. »Wir wissen ja, daß du ein Homo bist. Und wir wissen auch, schließlich hast du es uns oft genug unter die Nase gerieben, daß du Sex oder auch deine eigenen sexuellen Bedürfnisse nicht unter den Teppich kehren kannst. Versuch uns also nicht weiszumachen, deine ›heilige Flamme‹ sei eine Art reiner vergeistigter Liebe ohne jede Spur von Erotik gewesen.«
    Ich beschreibe hier nur die Gefühle, die mich damals durchfluteten, so schmerzlich vorhersehbar, lächerlich, aufgesetzt und blutleer sie auch erscheinen mögen, aber es waren meine Gefühle, die schneller als Licht in meinem Kopf eintrafen. Und ich will noch etwas bekennen, mit einer Hand auf dem Herzen und alle zehn Finger gespreizt. Obwohl ich mich, wie alle Männer, zu einem begeisterten, inbrünstigen und hingebungsvollen

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