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Magazine of Fantasy and Science Fiction 06 - Die Überlebenden

Magazine of Fantasy and Science Fiction 06 - Die Überlebenden

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 06 - Die Überlebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.A.
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Die Überlebenden
     
Alfred Bester
     
     
    Die junge Frau, die den Jeep steuerte, war sehr blond. Ihr helles Haar war zu einem langen Pferdeschwanz zusammengefaßt. Außer einem Paar Sandalen und stark beschmutzten Blue jeans trug sie nichts. Ihre Haut war tief gebräunt. Sie lenkte den Jeep in die 5. Avenue und fuhr die Stufen zur Bibliothek hinauf.
    Sie parkte direkt vorm Eingang der Bibliothek, stieg aus und wollte gerade hineingehen, als ihre Aufmerksamkeit auf etwas an der gegenüberliegenden Straßenseite gelenkt wurde. Sie zögerte, schnitt ein Gesicht und zog die Blue jeans aus. Sie warf sie zu den Tauben, die die Stufen der Bibliothek bevölkerten und ununterbrochen gurrten. Als sie erschreckt aufflatterten, lief sie zur 5. Avenue und blieb vor einem Schaufenster stehen. In der Auslage hing ein pflaumenfarbenes Wollkleid mit hochangesetzter Taille, einem weiten Rock und nicht zu vielen Mottenlöchern. Der Preis betrug 79.90 Dollar.
    Sie kramte zwischen den alten Wagen, die kreuz und quer auf der Straße standen, bis sie eine lose Stoßstange fand. Sie durchstieß damit die Glastür des Ladens, stieg vorsichtig über die Splitter und wühlte zwischen den verstaubten Kleidern. Sie war groß und hatte Mühe, etwas Passendes zu finden. Endlich gab sie das pflaumenfarbene Wollkleid auf und entschied sich für ein dunkles Schottenkleid, Größe 12, 120 Dollar, herabgesetzt auf 99.90 Dollar. Sie fand ein Rechnungsbuch und einen Bleistift. Schuldschein, schrieb sie mit großen Buchstaben darauf. Ich schulde Ihnen 99.90 Dollar. Linda Nielsen.
    Sie kehrte zur Bibliothek zurück und ging durch die Haupteingangstür. Sie hatte eine Woche gebraucht, um sie mit einem Schmiedehammer einzuschlagen. Sie durchquerte die große Halle, die von den Tauben, die hier seit fünf Jahren brüteten, völlig beschmutzt war. Sie hob die Arme über den Kopf, um ihr Haar gegen herabfallenden Dung zu schützen. Dann lief sie die Treppe zum dritten Stockwerk hinauf und betrat das Bildarchiv. Wie immer, schrieb sie sich auch diesmal ins Register ein. Datum: 20. Juni 1981, Name: Linda Nielsen, Adresse: Central Park Model Boat Pond, Geschäft oder Firma: letzter Mensch auf der Erde.
    Als sie das erstemal in die Bibliothek eingebrochen war, hatte sie lange mit sich gerungen, ob sie ›Geschäft‹ oder ›Firma‹ schreiben sollte. Genaugenommen war sie die letzte Frau auf der Erde, aber sie hatte das Gefühl gehabt, daß es reichlich chauvinistisch geklungen hätte; und ›letzte Person auf der Erde‹ klang albern.
    Sie zog ein paar Aktenmappen aus den Gestellen und blätterte darin. Sie wußte genau, was sie wollte, etwas in einem warmen Blau, das in den Rahmen in ihrem Schlafzimmer paßte. Endlich fand sie eine liebliche Landschaft. Sie füllte ein Formular aus, legte es auf den Tisch in der Anmeldung und verließ den Raum mit dem Druck unter dem Arm.
    Im Erdgeschoß betrat sie den großen Lesesaal, trug sich ins Register ein und wanderte zwischen den schwarzen Regalen hindurch, aus denen sie sich zwei Grammatiklehrbücher für Italienisch und ein italienisches Lexikon auswählte. Dann kehrte sie durch die Eingangshalle zu ihrem Jeep zurück und legte die Bücher und den Druck auf den Vordersitz neben eine kostbare Puppe, die ihr ständiger Begleiter war. Dann blickte sie auf einen Zettel, auf dem sie sich Notizen gemacht hatte:
     
    Japanischer Druck
    Italienisch
    Bilderrahmen
    Hummer
    Sidol
    Reinigungsmittel
    Bohnerwachs
    Schrubber.
     
    Die ersten beiden Posten strich sie durch, legte die Liste auf das Armaturenbrett, stieg ein und fuhr die Stufen, die zur Bibliothek führten, polternd hinunter. Sie fuhr die 5. Avenue entlang, sich durch Trümmerhaufen windend. Als sie gerade an den Ruinen der St. Patrick's Cathedral in der 50. Straße vorbei fuhr, tauchte plötzlich ein Mann auf – wie aus dem Nichts.
    Er trat zwischen den Trümmern hervor und überquerte die Straße, ohne nach rechts oder links zu blicken, direkt vor ihrem Wagen. Sie stieß einen Schrei aus, hupte und trat so stark auf die Bremsen, daß der Jeep schleuderte und gegen die Überbleibsel eines Busses stieß. Der Mann sprang mit einem gewaltigen Satz zur Seite, blieb dann wie angefroren stehen und starrte Sie an.
    »Verdammter Schlafwandler«, brüllte sie. »Reißen Sie doch gefälligst Ihre Augen auf. Glauben Sie etwa, Ihnen gehöre die ganze Stadt?«
    Er starrte sie noch immer an und stammelte etwas Unverständliches. Er war groß, hatte dickes, krauses Haar, einen

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