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Columbus war ein Englaender

Columbus war ein Englaender

Titel: Columbus war ein Englaender Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Äquivalent in puncto emotionaler Kostenaufwand.
    In meinem Kopf, der quälend langsam arbeitet, wenn es darum geht, innere Wahrheiten anzuerkennen oder zu jedweder Form von Selbsterkenntnis zu gelangen, dauerte es eine halbe Ewigkeit zu begreifen, was ich binnen einer Sekunde gespürt hatte.
    Ich war verliebt. Gar keine Frage. Das Wort paßte. Es hatte eine Bedeutung gewonnen, die ich verstand. Die ganzen stinklangweiligen romantischen Geschichten ergaben mit einem Mal Sinn. Genau wie die elend langen Filmblicke zwischen Männern und Frauen, mit Weichzeichner aufgenommen und mit schwelgenden Streichern unterlegt, plötzlich Sinn ergaben. Soviel hatte ich begriffen.
    Also schrieb ich an jenem Nachmittag auf meinen Block:
    Ich liebe Matthew Osborne
    Instinktiv wußte ich, daß dadurch alles verwandelt war. Es war ein himmelweiter Unterschied, ob man schrieb:
    Ich liebe Matthew Osborne
    oder einen Satz schrieb wie:
    Ich liebe Paris
    oder:
    Ich liebe Pizza
    Deshalb mußte ich noch hinzufügen:
    Alles ist anders
    Ich wußte zwar, daß »alles anders war«, ohne jedoch tatsächlich zu begreifen, daß alles – nämlich jedes existierende Ding – anders – nämlich nicht mehr wie zuvor, sondern unwiderruflich verwandelt – war – nämlich wahrhaftig, wirklich, absolut und unabweislich.
    Nur an meinem Stundenplan hatte sich nichts geändert: Deutsch um vier, Mathe um zehn vor fünf, Freitag wie gehabt Corpstag, Komplet am Samstag und Exerzitien am Sonntag. Das Zimmer, dessen persönliche Gestaltung Jo und ich uns für den Abend vorgenommen hatten, war auch das gleiche. Das Hofkarree erschien unverändert. Die Platten in meinem Regal waren die gleichen.
    Ich zerknüllte auch das zweite Blatt Papier und starrte aus dem Fenster.

5.
    Ich kann mich um alles in der Welt nicht erinnern, ob sich die folgenden Ereignisse tatsächlich alle an dem Tag abspielten, als ich Matthew Osborne das erste Mal sah. In meiner Vorstellung ist es der gleiche Tag, also wollen wir uns daran halten.
    Ich stand auf und ging aus dem Zimmer. Ich lief zum Haupttrakt des Gebäudes und betrat den Umkleideraum.
    Auch in Fircroft gab es hübsche Jungen. Ich ging zum Spind des hübschesten und öffnete ihn. Ich brauchte nur mit dem Handrücken über das aufgehängte Jackett zu streichen, um das Klimpern von Münzen zu hören.
    Ich nahm sie.
    Ich räumte die gesamte Tasche leer, verließ das Haus, ging hinunter zur Musikschule und dirigierte mein Lieblingsstück von Rossini, wie ich es nie zuvor dirigiert hatte. Nicht Wilhelm Tell oder Der Barbier von Sevilla , sondern die Ouvertüre zu Die diebische Elster , und das Tollste ist, bis zu diesem Augenblick ist mir die symbolische Bedeutung dieses Titels nie aufgefallen. Das Stück war mir so vertraut, daß ich auf den Text kaum noch achtete. Die diebische Elster. Das klingt so glatt und treffend und formidabel, daß es nur ausgedacht sein kann, aber ich schwöre, es ist die reine Wahrheit. Oder auch die schmutzige. Vielleicht hätte ich diesesBuch so nennen sollen. Die diebische Elster ... oder auch gleich Die schmutzige Wahrheit .
    Ich habe La Gazza Ladra , wie es auf meiner Zusammenstellung heißt, gerade aufgelegt, und während ich beim Tippen auf meinem Stuhl hüpfe, verstehe ich, was es mir damals bedeutet hat, und höre wieder, was ich damals darin gehört habe. Bei Rossini bricht die Sonne immer mit einer solchen überschwenglichen Gewalt hervor, daß alles Schlechte vorübergehend verbannt wird – sogar das Geklimper gestohlener Münzen in der Tasche, während man die Holz- und Blechbläser aufruft, wie ein Epileptiker in einem Anfall von hysterica passio mit den Armen fuchtelt, in spastische arhythmische Zuckungen verfällt – und selbst die bittere Pille der neugewonnenen Erkenntnis, die einem an diesem Tag zuteil wurde, daß die Kindheit vorbei ist und etwas Neues begonnen hat, das den Verstand sehr wohl für immer aus der Bahn werfen kann.
    Von diesem Tag an zeigte sich ein neues Muster. Ich war immer schon schlecht gewesen, sowohl im Umgang mit anderen wie auch im stillen. Schlecht im Sinne von »aufsässig« und »randalierend«, sich ständig vor den anderen in Szene setzend und alles so weit auf die Spitze treibend, daß es Ärger und Bestrafung nach sich zog, als auch schlecht im Sinne von heimlicher Böswilligkeit. Aber von jetzt an war mir das alles egal, um nicht zu sagen scheißegal. Konnte man mein Betragen im ersten Jahr noch als Fegefeuer bezeichnen, so war ich jetzt

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