Comin 2 get u
würde.
Eine Woche später saß ich in einem gerammelt vollen Dritte-Klasse-Zugabteil, zusammen mit einem halben Dutzend schnarchender Soldaten, (die sogar die Gepäckablagen zu provisorischen Hängematten umfunktioniert hatten), einigen weiblichen Marine-Soldatinnen und ein paar nervösen Jünglingen in Zivil, wie ich.
Ich sehnte mich bereits nach Mums Yorkshirepudding, als der Zug stotternd bremste und ein fröhliches Gesicht vor demoffenen Fenster erschien. Ein junger Kerl mit dicken, buschigen Augenbrauen und einer grünen Reisetasche aus Leinen trottete den Bahnsteig neben mir entlang.
»He, du«, sagte er. »Der fährt nach Plymouth, oder?«
Ich nickte.
Das war die Kriegszeit, Sam. Es juckte niemanden, als eine grüne Tasche durch das Fenster geflogen kam und kurz darauf sein Besitzer folgte, der »Geronimo« rief.
Er klopfte seine Hose ab und quetschte sich neben mich. »Sharky Beal, mein Name. Sharky aus Shoreditch, schön, dich kennenzulernen.«
Wir stellten schon bald fest, dass wir beide für die
HMS Raleigh
verpflichtet worden waren, und zumindest für eine Weile verlief die Reise sehr angenehm. Ich weiß gar nicht mehr, worüber wir uns unterhalten haben, aber ich erinnere mich noch gut daran, dass mich seine unnatürliche Vorfreude auf die bevorstehenden Schlachten ein wenig überascht hatte. »Alles, was ich sehen will, ist ein bisschen Kampfgeschehen«, sagte er immer wieder. »Meine Familie soll stolz auf mich sein.«
Die Dinge nahmen eine Wendung zum Schlechten, als ich ihm eine – wie ich dachte – harmlose Frage stellte. »Du sagtest, dass du aus Shoreditch bist, Sharky. Das liegt im Osten Londons, oder?«
»Tja, ist halt nicht das piekfeine Mayfair.«
»Meine Mum und ich waren 1941 dort.«
»Ich dachte, du kommst aus Brighton.«
»Komme ich auch. Wir waren nur für einen Tag da.«
Seine Augenbrauen zogen sich noch weiter zusammen. »Wie Touristen, meinst du?«
Ich erzählte ihm, dass wir uns selbst ein Bild von den Schäden des Luftangriffs hatten machen wollen; wie ein freundlicher Ladenbesitzer uns zu den am schlimmsten verwüsteten Stellen geführt hatte; wie geschockt wir vom Anblick der zerbombten Häuser gewesen waren, den riesigen Kratern inmitten der Straße und dem entsetzlichen Gestank nach Verbranntem.
»Das hat euch wohl eure schöne Ausflugslaune verdorben, was?«
Ich versuchte zu widersprechen, doch er packte mich am Kragen und zerrte mich ausmeinem Sitz hoch. »Ihr dachtet, ihr könntet einfach so kommen und ein wenig auf Besichtigungstour gehen? Ich sollte dir eine reinhauen.«
Und genau das wäre auch geschehen, wenn ihn nicht eine geisterhafte Stimme hätte innehalten lassen. »Das würde ich nicht tun, wenn ich du wäre.«
Sharky zögerte, seine Faust schwebte über mir wie das Damoklesschwert.
Die Zeitung in der Ecke schien die Fähigkeit zu sprechen entwickelt zu haben. »Ich sagte, das würde ich nicht tun, wenn ich du wäre. Zumindest nicht, wenn du keinen Mord auf dem Gewissen haben willst.«
Sharky ließ seine Faust sinken. »Mord? Was meinst du mit Mord?«
Der Kerl in der Ecke senkte die Zeitung und sein jugendliches Antlitz sowie zwei ungewöhnlich große Ohren kamen zum
Vorschein. »Dieser Mann leidet an einer Psychotalclapsica.«
»Warte, warte, Professor«, sagte Sharky. »Psychotalwas?«
»Ein sehr ernst zu nehmender Zustand«, fuhr der Mann mit der Zeitung fort. »Ein Schlag gegen den Kopf und das war’s.«
Sharky schien seine Zweifel zu haben. »Bist du Arzt oder so was?«
»Nicht ganz«, sagte der junge Kerl und griff in seine Tasche, um eine Tüte Bonbons herauszuholen. »Doch ich weiß genug über Physiognomie, um zu erkennen, welches Risiko du eingehst.«
»Dann beantworte mir nur diese eine Frage, Professor«, entgegnete Sharky. »Wenn er wirklich in einer solch schlechten Verfassung ist, wie kann es dann sein, dass er seine Pflicht und Schuldigkeit tun muss? Die
HMS Raleigh
ist schließlich kein Ferienlager.«
»Aus demselben Grund wie du und ich, nehme ich an. Er hat seinen Einberufungsbescheid erhalten. Mit diesem Leiden hätte er locker dafür sorgen können, dass er einen bequemen Bürojob bekommt, aber das hat er nicht getan, oder? Ich würde sagen, das macht ihn irgendwie zu einem Helden, findest du nicht?«
Ich war so dankbar, dass ich ihm am liebsten um den Hals gefallen wäre.
»Okay«, sagte Sharky, immer noch nicht ganz überzeugt. »Nur dieses eine Mal lass ich dich gehen.« Aus einem wütenden KingKong
Weitere Kostenlose Bücher