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Commissario Montalbano 11 - Die Flügel der Sphinx

Commissario Montalbano 11 - Die Flügel der Sphinx

Titel: Commissario Montalbano 11 - Die Flügel der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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was du Picarella in Anwesenheit des Ermittlungsrichters fragen solltest?«
    »Sag schon.«
    »Der Ermittlungsrichter wird versuchen, Einzelheiten über die Entführung zu erfahren: wo man ihn festgehalten hat, wie sie ihn behandelt haben und all diesen Mist. Auf diese Fragen wird Picarella sich glänzend vorbereitet haben. Du aber müsstest ihn fragen: Erstens, hat er eine Ahnung, warum die Entführer nie eine Lösegeldforderung gestellt haben? Zweitens: Wenn die Entführung nicht wegen des Geldes organisiert wurde, welchen anderen Grund könnte es dafür geben? Drittens: Wer wusste davon, dass er eine bedeutende Summe Geld abgehoben und sie einen einzigen Abend lang im Haus aufbewahrt hat, denselben Abend, an dem sie ihn entführt haben?«
    »Das scheinen mir drei gute Fragen zu sein.«
    »Wie viele Holzlager hat Picarella eigentlich?«, fragte er Fazio.
    »Zwei.«
    »Gib mir die Adressen. Haben wir eine Liste mit den Namen von allen, die dort arbeiten?«
    »Jaja«, sagte Fazio.
    »Bring mir die. Aber vorher sag mir noch: Wer hat die Lager während Picarellas Abwesenheit verwaltet?«
    »Der Buchhalter Crapanzano.«
    »Was hast du vor?«, fragte Mimi, während Fazio die Listen holen ging.
    »Mir ist da so eine Idee gekommen.«
    »Dürfte ich wohl einen kleinen Vorschuss bekommen?«
    »Mimi, dieser Picarella hat einen oder zwei Komplizen gehabt, klar? Komplizen, die strafrechtlich ein riskantes Spiel gespielt haben und immer noch spielen. Damit will ich sagen, dass das Dinge sind, die man entweder aus Freundschaft oder für Geld macht. Du und Fazio, hattet ihr mir nicht gesagt, Picarella hätte keine engen Freunde?«
    »Das stimmt, er ist eher der Typ einsamer Wolf. Er lebt in seiner Höhle, und wenn er herauskommt, geht er auf Jagd nach Weibchen.«
    »Und das bedeutet, dass er die Komplizenschaft, die er für die vorgetäuschte Entführung brauchte, teuer bezahlen musste. Und ich will jetzt anfangen, unter denen zu suchen, die für ihn arbeiten.«
    »Hier sind die Listen«, sagte Fazio, als er wieder hereinkam.
    »Also, ich bitte euch dringend: Kein Journalist darf mit Picarella sprechen. Absolute Pressesperre. Wir sehen uns heute Abend, wenn's dunkel wird.«
    »Ragioniere Crapanzano? Hier spricht Commissario Montalbano.«
    »Commissario, zu Ihren Diensten.«
    »Ragioniere, Sie haben ganz bestimmt von dem glücklichen Ausgang der Entführung Signor Picarellas gehört, für die wir dem Herrn im Himmel gar nicht genug danken können?«
    »Sicher doch! Sicher doch! Wir haben auf sein Wohl angestoßen! Und wir denken darüber nach, aus Dankbarkeit eine Messe lesen zu lassen.«
    »Das ist recht von Ihnen! Dann können wir wohl davon ausgehen, dass jetzt, wo das Unheil für den einen ein Ende gefunden hat, das Unheil für einen anderen seinen Anfang nimmt.«
    »Für wen denn?«, fragte Ragioniere Crapanzano verdattert.
    »Na, für den Entführer, oder? Wir haben uns vorher nicht gerührt, weil wir befürchten mussten, Signor Picarella in Gefahr zu bringen, aber jetzt haben wir freie Hand.« Eine Riesenlüge, aber plausibel. »Und wie kann ich Ihnen da helfen?«
    »Ragioniere, wieviele Leute arbeiten außer Ihnen im Lager in der Via Bellini?«
    »Fünf. Ein Angestellter und vier Lagerarbeiter.«
    »Und in dem Lager in der Via Matteotti?«
    »Auch da sind es fünf.«
    »Gut.«
    Er sah sich Fazios Listen an. Sie entsprachen den Angaben.
    »Ich möchte in spätestens einer Stunde alle in Ihrem Lager versammelt sehen.«
    »Aber dann ist es fast eins! Da machen wir zu - für die Mittagspause!«
    »Genau. Und Sie machen doch um vier wieder auf, oder? Ich brauche nur knapp eine Stunde. Keiner muss auf sein Mittagessen verzichten. Aber auf diese Weise sind Sie dann nicht gezwungen, die Lager während der Arbeitszeit zu schließen.«
    »Na ja, so betrachtet…«
    Die von Fazio erstellten Listen waren peinlich genau: Sie beschränkten sich nicht auf Vor- und Nachnamen, Anschrift und Telefonnummer, sondern er hatte auch hinter jedem Arbeitnehmer vermerkt, ob verheiratet, welche Laster, welche Vorstrafen …
    Wenn Fazio, so dachte Montalbano, nicht Sizilianer, sondern Russe wäre, hätte er zu Zeiten des KGB Karriere gemacht. Vielleicht bis hinauf zum Präsidenten, wie es jetzt in Zeiten der Demokratie dort der Fall war.
    Als Montalbono ankam, hatten sich alle in dem Lager versammelt.
    Der sechzigjährige Ragioniere Crapanzano stellte ihm den anderen Ragioniere vor, einen Dreißigjährigen, der Filippo Strano hieß und für das Lager

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