Commissario Montalbano 12 - Die Spur des Fuchses
fahren?«
»Mit blutendem Herzen, aber ich würde fahren. Ich fahre immer dorthin, wenn Rachele reitet.« Er überlegte hin und her. Mit Sicherheit würde ihm dieses reizende Ambiente gewaltig auf die Nerven gehen, doch andererseits war es eine einzigartige Gelegenheit, etwas mehr über den Kreis der Freunde und möglicherweise auch Feinde dieser Signora Esterman in Erfahrung zu bringen.
»Wann findet das Rennen statt?«
»Morgen Nachmittag um fünf. Wenn du willst, komme ich um drei in Marinella vorbei und hole dich ab.« Was bedeutete, dass er sich gleich nach dem Essen mit vollem Bauch ins Auto setzen musste.
»Brauchst du denn zwei Stunden von Vigàta nach Fiacca?«
»Nein, aber wir müssen mindestens eine Stunde vorher da sein. Es wäre unhöflich, erst in dem Augenblick dort einzutreffen, wenn der Startschuss fällt.«
»Na gut.«
»Wirklich? Dann hatte ich also recht?«
»Mit was?«
»Damit, dass meine Freundin Rachele ganz schön Eindruck auf dich gemacht hat.«
»Stimmt doch gar nicht, ich komme nur mit, weil ich dann ein paar Stunden länger mit dir zusammen sein kann.«
»Du bist ja noch verlogener als… als…«
»Ach, hör mal, wie geh ich denn da hin?«
»Nackt. Nackt siehst du am besten aus.«
Fünf
Fazio, der sich den ganzen Vormittag nicht hatte blicken lassen, tauchte im Kommissariat auf, als es fast fünf war. »Na, hast du was zu bieten?«
»Kann man so sagen.«
»Bevor du loslegst, will ich dir sagen, dass Mimi heute in aller Herrgottsfrühe zu Lo Ducas Gestüt gefahren ist und ein paar interessante Dinge erfahren hat.«
Und er berichtete ihm, was Augello herausgefunden hatte.
Am Ende wirkte Fazio ziemlich unschlüssig.
»Was hast du?«
»Entschuldigung, Dottore, aber wäre es dann nicht besser, wenn wir uns mit unseren Kollegen in Montelusa in Verbindung setzen würden und …«
»… die Sache aus der Hand geben?«
»Dottore, vielleicht ist es ja wichtig für die zu wissen, dass eines der beiden Pferde hier in Marinella umgebracht wurde.«
»Nein.«
»Wie Sie meinen. Aber würden Sie mir denn den Grund nennen?«
»Wenn du darauf bestehst. Es ist eine persönliche Angelegenheit. Diese sinnlose Gewalt, mit der das arme Tier getötet wurde, ist mir schwer an die Nieren gegangen. Ich will diesen Leuten ins Gesicht sehen.«
»Aber Sie können den Kollegen doch ganz deutlich sagen, wie das Pferd umgebracht worden ist! Und zwar in allen Einzelheiten!«
»Eine Sache erzählt zu bekommen ist das eine. Sie mit eigenen Augen gesehen zu haben etwas völlig anderes.«
»Entschuldigen Sie, Dottore, wenn ich darauf beharre, aber…«
»Hast du dich jetzt mit Augello gegen mich verschworen?«
»Ich?! Verschworen?«, fragte Fazio und wurde blass. Montalbano erkannte augenblicklich, dass er zu weit gegangen war.
»Entschuldige, aber ich bin nervös.«
Und das war er wirklich. Denn ihm war wieder eingefallen, dass er Ingrid zugesagt hatte. Nur war ihm inzwischen die Lust vergangen, zu dem Rennen nach Fiacca zu fahren und dort als einer der vielen Idioten herumzustehen, die Rachele umschleimten. »Erzähl mir von Prestia.« Fazio war immer noch gekränkt.
»Dottore, bestimmte Dinge dürfen Sie einfach nicht zu mir sagen.«
»Ich bitte dich nochmals um Entschuldigung, ist es dann gut?«
Fazio zog einen Zettel aus der Tasche, und der Commissario begriff, dass er ihm jetzt alle Meldedaten von Michilino Prestia und seinen Teilhabern runterbeten wollte. So wie es Leute gibt, die Briefmarken, chinesische Drucke, Flugzeugmodelle oder Muscheln sammeln, so sammelte Fazio Meldedaten. Mit Sicherheit speiste er die Daten sämtlicher Personen, über die er ermittelte, in den Computer ein, sobald er nach Hause kam. Und wenn er einen Tag frei hatte, verbrachte er ihn damit, alles noch mal in Ruhe durchzulesen.
»Kann ich?«, fragte Fazio. »Ja.«
Bei anderen Gelegenheiten hatte er gedroht, ihn umzubringen, wenn er gewagt hatte, die Daten vorlesen zu wollen. Diesmal aber hatte er ihn beleidigt, und das musste er nun wiedergutmachen. Fazio lächelte und fing an zu lesen. Es herrschte Frieden.
»Prestia Michele, genannt Michilino, geboren in Vigàta am 23. März 1953, Sohn des verstorbenen Giuseppe und der verstorbenen Larosa Giovanna, wohnhaft in Vigàta, Via Abate Meli 32. Verheiratet seit 1980 mit Stornello Grazia, geboren in Vigàta am 3. September 1960, Tochter von Giovanni und von …«
»Könntest du das vielleicht überspringen?«, fragte Montalbano vorsichtig. Ihm war der Schweiß
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