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Commissario Tron 5: Requiem am Rialto

Commissario Tron 5: Requiem am Rialto

Titel: Commissario Tron 5: Requiem am Rialto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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ergoss sich Blut. Das Kinn war rot
verschmiert, so wie bei einem Kind, das Erdbeeren gegessen hatte.
Sie sackte zusammen, halb bewusstlos, und es nützte ihr
herzlich wenig, dass sie sich jetzt plötzlich daran erinnerte,
wann und wo sie den Mann gesehen hatte.
    Livia Azalina
versuchte zu schreien, aber es war zu spät. Die linke Hand des
Mannes hatte sich, schnell wie der Kopf einer zuschnappenden
Schildkröte, um ihre Kehle geschlossen — eine Zange aus
Stahl, die immer stärker zudrückte und ihr die Luft nahm.
Lichtblitze tanzten vor ihren Augen. Das Einzige, was sie jetzt
noch hörte, war der Schlag ihres Herzens, der wie ein
Schmiedehammer in ihrem Brustkorb hämmerte. Dann fühlte
sie, wie ihr Gesicht heiß und rot wurde, es anschwoll, so als
hätte man es mit kochendem Wasser Übergossen. Mein Gott, ich muss
furchtbar aussehen, dachte sie: ein kindischer und
überflüssiger Gedanke. Der letzte, den ihr Kopf
hervorbrachte.
    In den wenigen
Sekunden, in denen ihr Gehirn noch intakt war, registrierte Livia
Azalina, wie der Mann sie auf die Polsterbank warf und ihr das
Kleid aufriss. Dann blitzte eine Klinge in seiner Hand auf, aber
bevor das Messer schneiden konnte, versank sie in eine gnädige
Dunkelheit.

2
    Eigentlich hätte
es genau umgekehrt sein müssen, dachte Monsieur Grenouille.
Dem Klischee zufolge hätte der Italiener in seiner abgewetzten
Jacke den gutgekleideten Österreicher mit einem Messer
bedrohen sollen. Doch es war der gutgekleidete und offenbar
alkoholisierte Österreicher, der den Italiener in die Ecke des
Wachraums der Questura getrieben hatte. Jetzt zerfetzte er die Luft
vor ihm mit der Klinge, wobei er unablässig schrie: «Ich
mach dich kalt! Ich mach dich kalt!» 
    Neben den beiden
Männern stand ein uniformierter Sergente. Der machte
allerdings keine Anstalten einzugreifen, sondern beschränkte
sich darauf, die Hände zu ringen und mit flehender
Stimme Prego, Signori! Prego,
Signori\ zu
rufen. Worauf der messerschwingende Österreicher dem Sergente,
ohne ihn anzusehen, antwortete: «Ich mach ihn kalt! Ich mach
ihn kalt.» Es war wie ein Duett in einer Oper von
Verdi.
    Ein knappes Dutzend
Personen verschiedenen Standes, die alle irgendein Anliegen in die
Questura geführt hatte, waren freudig näher getreten, um
nichts von dem aufregenden Schauspiel zu versäumen, das sich
ihnen so unerwartet bot. Ein Mann mit einer grünen
Schürze entkorkte in aller Ruhe eine Weinflasche. Ein anderer
Mann verspeiste geröstete Kastanien aus einer Tüte und
bot sie höflich seinem Nachbarn an. Monsieur Grenouille, der
die Questura wegen eines gestohlenen Passes aufgesucht hatte,
spürte, wie das Publikum darauf brannte, Blut fließen zu
sehen. Dann hätten sie anschließend etwas zu
erzählen.
    Gegen ein wenig Blut
hatte auch Monsieur Grenouille nichts einzuwenden. Das würde
seiner Venedigreise einen Einschlag ins Abenteuerliche geben.
Insofern war es ganz in seinem Sinn, dass die Auseinandersetzung
zwischen den beiden Streithähnen jetzt an Dramatik zunahm - so
als wüssten die beiden, was sie ihrem Publikum schuldig waren.
Der schmierige Italiener hatte den Rücken an die Wand
gepresst. Seine Hände kreisten in der Luft, offenbar in der
Hoffnung, das Handgelenk des verrückten Österreichers zu
packen, bevor die Klinge auf ihn herabsauste. Was sie jetzt auch
tat, doch sie verfehlte die Brust des Italieners und blieb
stattdessen an der rechten Hand des Mannes hängen.
    Der Italiener schrie
auf und riss die blutige Hand zurück, so als hätte er sie
versehentlich über ein offenes Feuer gehalten. Na, bitte. Da
war es endlich — das Blut, auf das die Zuschauer gehofft
hatten. Nur ein paar Tropfen, denn die Klinge hatte die Hand des
Italieners lediglich gestreift. Aber immerhin.
    Beifälliges
Gemurmel war zu vernehmen.
    Der Mund des
Italieners stand jetzt weit auf. Sein Gesicht war aschfahl.
Monsieur Grenouille, der ebenfalls interessiert näher getreten
war, konnte sehen, wie dem Mann der Schweiß in Strömen
von der Stirn lief.
    Der Sergente unternahm
immer noch nichts.
    Plötzlich packte
der Österreicher den Italiener an der Schulter und riss ihn
mit ganzer Kraft herum, sodass der Mann um seine eigene Achse
wirbelte. Dann schlang er von hinten den linken Arm um seinen Hals.
In der rechten Hand hielt er das Messer. Offenbar war er wild
entschlossen, dem dicken Italiener die Klinge in die Brust zu
rammen. Der hatte die Augen geschlossen und holte in kurzen,
keuchenden Atemzügen Luft. Dazu bewegten

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