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Commissario Tron 5: Requiem am Rialto

Commissario Tron 5: Requiem am Rialto

Titel: Commissario Tron 5: Requiem am Rialto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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Fuß war
blutig, so als hätte sie sich verzweifelt gewehrt und
wäre dabei gegen die backsteinerne Brüstung
gestoßen. Dass der Mörder ihr Kleid und Mieder
aufgerissen und einen tiefen Schnitt unterhalb des rechten
Rippenbogens vorgenommen hatte, überraschte ihn nicht. Er
wusste, mit wem er es zu tun hatte. Das entnommene Organ würde
irgendwo hier oben fein säuberlich deponiert sein. Vielleicht
auf der Brüstung an der Nordseite des Campanile, dort, wo man
auf die Piazza herabsah. 
    Oberst Reski dachte
nach. Der Campanile war militärisches Sperrgebiet, folglich
war die Militärpolizei zuständig. Andererseits jagten die
venezianischen Polizisten seit zwei Wochen genau den Mann, der
offenbar wieder zugeschlagen hatte. Schließlich entschied er
sich, die Wache an der Piazza zu informieren und es den Sergenti zu
überlassen, entweder die Kommandantura einzuschalten oder den
zuständigen Commissario. Wie hieß der noch mal? Er hatte
den Namen in der Gazzetta di Venezia gelesen, kam aber
nicht sofort darauf. Ah, richtig, Commissario Tron.
    *
    «Die Frage
ist», sagte Tron vier Stunden später in seinem Büro
zu Bossi, «ob wir überhaupt für diesen Fall
zuständig sind.»
    Nachdem Oberst Reski
die Wache an der Piazza informiert hatte, waren Tron und Bossi
benachrichtigt worden. Am Tatort hatte es keinen Zweifel daran
gegeben, dass der Ausweider wieder zugeschlagen hatte. Die junge
Frau war erwürgt, gefesselt und schließlich
aufgeschlitzt worden. Diesmal hatte der Mörder das Organ auf
der Brüstung der Aussichtsplattform deponiert. Oberst Reski
hatten sie auf der Wache an der Piazza vernommen und das
Gespräch protokolliert. Selbstverständlich formlos, denn
die venezianische Polizei hatte nicht das Recht, kaiserliche
Offiziere zu verhören. Jetzt ging es um die Frage, wie man
Spaur die Botschaft überbrachte. Der Polizeipräsident
konnte die Questura jeden Augenblick betreten. Es war kurz vor halb
eins.
    Bossi runzelte die
Stirn. «Warum sollten wir nicht zuständig
sein?»
    «Weil der
Campanile militärisches Sperrgebiet ist», sagte Tron.
«Spaur könnte sich versuchsweise auf diesen Standpunkt
stellen.»
    «Um einen Mord
weniger in der Statistik zu haben?»
    Tron nickte. «Er
wird vermutlich auch ein paar Fragen zur Rolle von Oberst Reski
stellen.»
    «Reski hat ein
perfektes Alibi. Er war bis drei Uhr früh an einem
Roulettetisch im Ridotto. Mit einem halben Dutzend Croupiers als
Zeugen. Dr. Lionardo ist sich sicher, dass die Frau zu dem
Zeitpunkt seit mindestens fünf Stunden tot war. Damit ist
Reski aus dem
Spiel.»     
    Tron lehnte sich auf
seinem Stuhl zurück und dachte einen Moment lang nach.
«Es gibt einen Aspekt bei der ganzen Geschichte, den wir nie
beachtet haben, obwohl er auf der Hand liegt.»
    «Und der
wäre?»
    «Wenn sich
herausstellt, dass es sich bei dem Ausweider um einen
Angehörigen der kaiserlichen Armee handelt, hätten wir es
von Anfang an mit einem Fall zu tun gehabt, der nicht in die
Zuständigkeit der venezianischen Polizei fällt»,
sagte Tron.
    «Und damit auch
nicht in unsere Statistik. Vier Morde weniger.»
    Tron nickte.
«Diese Fälle wären eine interne Angelegenheit der
Streitkräfte. Spaur könnte aufatmen.»
    «Aber der Oberst
hat ein Alibi, das sich leicht nachprüfen
lässt.»
    «Genau das werde
ich Spaur antworten», sagte Tron. «Abgesehen davon
glaube ich, dass Oberst Reski uns tatsächlich etwas
verschweigt.»
    «Und
was?»
    «Kaiserliche
Offiziere haben nicht die Angewohnheit, im Morgengrauen auf den
Campanile zu klettern, um dort den Sonnenaufgang zu
betrachten», sagte Tron.
    «Wenn der Oberst
weder den Mord begangen hat noch den Sonnenaufgang betrachten
wollte, frage ich mich, was er da oben gewollt
hat.»
    Tron zuckte die
Achseln. «Ich weiß es nicht.»
    «Liebeskummer?»,
schlug Bossi vor.
    Es dauerte einen
Moment, bis Tron begriff, was der Ispettore meinte. Hin und wieder
kam es vor, dass ein liebeskranker Jüngling von der
Aussichtsplattform sprang und ein paar Sekunden später
äußerst unerfreulich aussah. Eigenartigerweise waren es
immer junge Männer — niemals Signorinas —, die
ihrem Leben auf diese Weise ein Ende setzten, und Tron fragte sich,
woran das lag. Weniger Liebeskummer? Wohl kaum. Weibliche
Eitelkeit? Nein, daran konnte es auch nicht liegen. Es sei denn,
dachte er, man glaubte, dass Frauen eitler waren als Männer,
aber das war Unsinn. Da brauchte man nur an Bossi und diesen Julien
zu denken. Er sagte: «Oberst Reski sah nicht aus

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