Computer der Unsterblichkeit
Geheimhaltung durchgeführt worden wäre. Das heißt, so dachte ich zuerst. Später wurde mir klar, daß es nicht schaden konnte, wenn der Fehlschlag allgemein bekannt würde. Es ist gut, wenn die Menschheit weiß, was sie erwarten darf und was nicht.«
»Im Moment wäre ich froh, wenn ich wüßte, was ich erwarten darf«, erwiderte Flynn heftig. »Hören Sie, was Bossy kann oder nicht kann, tut mir nicht weiter weh. Aber Sie haben mir einen Job gegeben. Sie haben mir den Auftrag gegeben, Bossy populär zu machen. Also gehe ich hin und baue die Sache auf, mache eine große Produktion daraus, eine tolle Kiste, mein Meisterstück. Und nun erzählen Sie mir in aller Seelenruhe, daß Sie gerade das Gegenteil von dem erwartet haben, was ich erwartete.« Er wandte sich an Kennedy und fragte ihn: »Haben Sie auch diesen Ausgang des Experiments erwartet, Mister Kennedy?«
»Ich habe mir meine Gedanken gemacht«, sagte Kennedy. »Nach dem, was Mister Carter mir bei unserer ersten Begegnung gesagt hatte, erschien mir alles ungewiß.«
»Es war keine vorsätzliche Täuschung, Mister Flynn«, erklärte Joe. »Ich wußte nicht, wie es ausgehen würde. Ich hoffte auf dieses Resultat, aber ich wußte es nicht im voraus.«
»Da komme ich nicht mit«, wiederholte Steve Flynn, und diesmal klang seine Stimme verletzt. »Es hilft, daß Sie mich nicht absichtlich hereingelegt haben, aber …« Er endete mit einer hilflosen Geste.
»Wissen Sie etwas über Bäume, Mister Flynn?« fragte Joe.
Flynn blickte ihn mit gerunzelten Brauen an. Diese Eierköpfe! Man wußte nie, mit was sie im nächsten Augenblick daherkommen würden. Wie brachten sie es nur fertig, irgend etwas zu erledigen, wenn sie nicht einmal fünf Minuten beim gleichen Thema bleiben konnten?
»Das kapiere ich auch nicht«, sagte er und behielt seine Meinung über diese Art der Gedankenakrobatik für sich.
»In einem Wald großer Bäume«, erklärte Joe, »verkümmern die Sämlinge und gehen zugrunde. Sie brauchen zum Wachstum Sonnenlicht, und das bekommen sie nicht. Nur an den Rändern, wo der Wald sich ausbreitet, finden sie die richtigen Bedingungen für ihr Wachstum. Im Zentrum überleben nur die Arten, die in einem schattigen Dämmerlicht gedeihen können. Sie überleben unter dieser bestimmten Bedingung, aber eine Veränderung würden sie nicht überleben; mit Verhältnissen, wie sie anderswo als normal gelten, können sie nichts anfangen. Sie halten nicht einmal direktes Sonnenlicht aus. Das gibt es auch in der menschlichen Zivilisation. Die bedeutenden Veränderungen gehen immer vom Rand aus; wo immer noch die großen alten Bäume stehen, haben sie keinen Raum, sich zu entwickeln.«
Es war offenbar, daß Steve Flynn noch immer nicht verstand.
»Es klingt paradox«, fuhr Joe fort, »aber der Tod selbst ist ein Oberlebensfaktor. Die Umweltbedingungen unterliegen der Veränderung. Das einzige Leben, das sich auf die Dauer behaupten kann, ist von der Art, daß es mit den Herausforderungen dieser Veränderung fertig wird. Dies bedeutet, daß jede Art von Leben ständig versuchen muß, neue Mutationen zu bilden, damit diese den kommenden Veränderungen widerstehen können.
Haben Sie schon einmal bemerkt, daß die abgeworfenen Nadeln der immergrünen Bäume den Boden unter ihnen vergiftet, so daß dort außer ihrer eigenen Art nichts gedeihen kann? Ideen und Vorstellungen, die zu dauerhaften – sozusagen immergrünen – Traditionen führen, tun das gleiche. Aber die abgeworfenen Blätter der Laubbäume, die jeden Winter einen scheinbaren Tod sterben, bereichern den Boden. Anderes Pflanzenleben kann dort gedeihen.«
Kennedy schloß die Augen und saß einen Moment in sich versunken. »Und ich war immer bitter gegen meinen Sohn«, murmelte er. »Kein Wunder, daß er nicht gedeihen konnte.«
»Mir müssen Sie das noch etwas einfacher erklären«, sagte Flynn. »Der Boß versteht es, aber ich nicht.«
»Der Grund, daß Mable auf Bossys Therapie ansprach, ist sehr einfach«, erläuterte Joe. »Trotz des Lebens, das sie führte, glaubte Mable im Innersten ihres Herzens an die Wahrheit der künstlichen Morallehre, die unsere Zivilisation aufgestellt hat. Man findet das viel häufiger, als allgemein angenommen wird. Nun lebte sie aber ein Leben der Sünde und des Verbrechens. Nach ihren inneren Überzeugungen hätte sie dafür bestraft werden müssen, aber statt dessen sammelte sie Reichtümer. Je älter sie wurde, um so mehr wuchs ihre Unsicherheit. Die Menschheit sagt
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