Conan der Befreier
einen der Außenposten weiterzuleiten, dachte der Cimmerier, und es muß sich dabei um etwas sehr Dringendes handeln, denn der Bursche hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, den Bogen abzulegen, der ihm quer über die Schulter hängt, noch den schweren Köcher, der gegen seinen Schenkel schlägt.
Erinnerungen an die Jahre des Militärdiensts in der Armee des Königs von Turan überfluteten Conan mit einemmal. In dieser Streitmacht stellten die berittenen Bogenschützen die größte Abteilung dar. Es waren Männer, die ihre doppeltgeschwungenen Bogen aus Horn und Tiersehnen vom Rücken eines galoppierenden Pferdes so treffsicher abschießen konnten, wie die Schützen anderer Armeen es vom festen Boden aus taten. Ein solches Geschick konnten seine bossonischen Schützen natürlich nicht ohne jahrelange Übung erreichen, und außerdem war der bossonische Langbogen viel zu unförmig, um ihn vom Pferderücken abzuschießen.
Plötzlich sah Conan vor seinem inneren Auge eine Truppe berittener Schützen, die den fliehenden Feind verfolgten, bis sie in Schußweite waren. Dann sprangen sie von ihren Pferden und schickten Pfeil um tödlichen Pfeil ab, um wieder davonzureiten, sobald der derart herausgeforderte Feind wendete, um etwas gegen die Quälgeister zu unternehmen. Conans dröhnendes Gelächter erschreckte seine Burschen, die den Mund weit aufsperrten, während Hauptmann Alaricus eiligst rannte, um den Priester-Heiler zu holen.
Als Dexitheus, nur spärlich bekleidet, in Conans Zelt gestürmt kam, grinste der Cimmerier über seine Besorgnis.
»Nein, nein«, wehrte er lachend ab. »Der Purpurlotos hat mir nicht den Geist verwirrt, mein Freund. Doch Mitra oder Crom oder sonst ein Gott, der gesegnet sein möge, schenkte mir eine großartige Erleuchtung. Habt die Güte, die argossanischen Führer umgehend zu mir zu bitten.«
Als Prinz Cassio und Hauptmann Arcadio, bereits bewaffnet und gerüstet, den Hang heraufstapften, donnerte Conan ihnen einen herzhaften Gruß entgegen und fügte sogleich hinzu: »Ihr sagtet, König Milo verbiete Euch, die fliehenden Aquilonier anzugreifen. Bezieht sich dieses königliche Verbot auch auf Eure Pferde?«
»Unsere Pferde! « wiederholte Arcadio verständnislos.
Conan nickte ungeduldig. »Ja, Eure Reittiere. Habt die Güte und antwortet mir schnell. Unsere Rosse, die wenigen, die wir haben, sind unterernährt, man kann ohne große Mühe ihre Rippen zählen. Aber Eure sind frisch und von edler Zucht. Leiht uns fünfhundert Eurer Tiere, dann braucht ihr uns keinen einzigen argossanischen Soldaten zu stellen, und wir schicken Amulius Procas doch mit eingezogenem Schwanz nach Hause.«
Als Conan seinen Plan erläuterte, grinste Prinz Cassio. Immer besser gefiel ihm dieser grimmige Barbar aus dem Norden, der seine Kriegsführung geradezu unglaublich einfallsreich gestaltete.
»Stellt ihm fünfhundert Pferde zur Verfügung, Arcadio«, wandte er sich an den Hauptmann. »Der König, mein Vater, erwähnte nichts von Rossen.«
Der argossanische Offizier machte sich daran, die Befehle zu erteilen. Bald darauf schon führten etwa zwanzig Dutzend Argossaner gesattelte Pferde auf die Ebene, wo die bossonischen Bogenschützen zum Morgenappell angetreten waren. Trocero und Prospero näherten sich der verwirrten Rebelleninfanterie.
»Holt mir meinen Hengst und sattelt ihn«, befahl Conan seinen Burschen. »Ich muß denen, die ihn ausführen sollen, den Plan auch erklären.«
»General!« rief Dexitheus erschrocken. »Ihr dürft in Eurem gegenwärtigen Zustand keinesfalls ...«
»Verschont mich mit Eurer, wenn auch wohlgemeinten Besorgnis. Einen ganzen Monat lang haben meine Männer mich nicht gesehen, und sie fragen sich zweifellos, ob ich überhaupt noch lebe.«
Als Conans Burschen mit helfenden Händen den schweren General aufs Pferd hoben, knirschte er ergrimmt über die Schwäche, die seine mächtigen Glieder noch immer lähmte. Seine blauen Augen funkelten mit dem Feuer ungebrochenen Willens, während der Schweiß bei der Anstrengung, wieder Kraft in Muskeln und Sehnen zurückzugewinnen, über seine Stirn perlte. Doch so sehr er sich auch abmühte, floß sein Blut nur langsam durch die Adern, denn Alcina hatte den tödlichen Trunk sorgfältig zubereitet.
Endlich hatten seine Burschen ihn auf den Sattel geschnallt. Er stieß wütende Flüche aus und rief seine nordischen Götter an, diese schändliche Demütigung zu rächen. Und obgleich die Schwäche seinen stämmigen Körper erzittern
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