Conan der Befreier
ließ, gestatteten doch seine funkelnden Augen kein Mitleid, in den zu ihm emporgerichteten Gesichtern, sondern die Achtung, die ihm zustand.
Voll respektvollem Staunen beobachtete Prinz Cassio diese Szene. In Messantia hatten die Höflinge spöttisch die Stirn über den Barbaren gerunzelt, den die aquilonischen Rebellenführer unverständlicherweise zum Oberbefehlshaber gemacht hatten. Jetzt spürte der Prinz selbst die Urkraft, die in diesem Mann steckte, seine tiefe Reserve an elementarer Stärke. Er erkannte des Cimmeriers ungeheure Zielstrebigkeit, sein dynamisches Wesen – alles Charakterzüge, die sowohl Edelleute als auch einfache Soldaten in ihren Bann zwangen. Dieser Mann, dachte Cassio, ist zum Befehlen – ja, zum König geboren!
An jeder Seite einen berittenen Burschen, lenkte Conan sein Streitroß langsam die Reihen entlang zum Bataillon der bossonischen Bogenschützen. Obgleich die Anstrengung sein Gesicht verzerrte, gelang es ihm, eine Hand zum Salut zu heben, während er Reihe um Reihe seiner treuen Krieger abritt. Die Männer brachen bei seinem Anblick in frenetischen Jubel aus.
Etwa zwei Meilen nordwärts nahmen zwei königstreue aquilonische Späher – sie waren zurückgeblieben, um die Rebellenarmee zu beobachten – auf der Straße zum Saxulapaß ihr Frühstück ein. Der Jubel erreichte gedämpft ihre Ohren. Beunruhigt starrten sie einander an.
»Was geht dort wohl vor?« fragte der Jüngere.
Der andere legte die Hand über die Augen. »Es ist zu weit, es zu erkennen, aber etwas muß geschehen sein, wenn die Rebellen in solche Begeisterungsstürme ausbrechen. Einer von uns meldet es am besten General Procas. Ich werde das übernehmen. Du bleibst hier und hältst die Augen offen.«
Der zweite Sprecher schluckte seinen letzten Bissen hinunter, erhob sich, löste den Zügel seines Pferdes von einem nahen Baum und saß auf. Durch die Morgenluft war das immer schwächer werdende Hufklappern zu vernehmen, als er auf der Straße in der Ferne verschwand.
Mit einer mühsamen Bewegung seiner Rechten gebot Conan Ruhe. Dann wandte er sich an die Bogenschützen. Sie wären auserwählt aus der ganzen Armee, sagte er, um den sich zurückziehenden Invasoren schwere Verluste zuzufügen. Sie sollten auf möglichst leisen Hufen einzelne Gruppen des Gegners anreiten, sich dann vom Pferd schwingen und ihre Pfeile an die Sehnen legen. Aus der Deckung, zu zweien oder dreien, könnten sie Dutzende der Fliehenden treffen, und wenn der Feind sich entschloß, zu wenden und gegen sie vorzugehen, konnten sie sich schnell, da ja keine Rüstung sie behinderte, wieder in die Sättel schwingen und den schwergepanzerten aquilonischen Rittern, die man ihnen zur Verfolgung nachschicken würde, entkommen.
Jeder Trupp sollte von einem erfahrenen Kavalleristen befehligt werden, der dafür sorgte, daß die Pferde richtig behandelt würden und der sie auch hielt, während die Schützen abgesessen waren. Was die betraf, die noch keine besondere Erfahrung im Reiten hatten – bei diesen Worten lächelte Conan ein wenig grimmig –, so brauchten sie sich lediglich am Sattelknauf oder der Pferdemähne festzuhalten. Für eine nur so kurze Zeit berittene Infanterie waren besondere Reitkünste unnötig.
Unter dem Kommando eines aquilonischen Söldners namens Pallantides, der auch einmal in der turanischen Armee gedient hatte, wo er zum berittenen Bogenschützen ausgebildet worden war, und der erst vor kurzem von den Königstreuen desertiert war, ritten die Bossonier aus dem Lager in nördlicher Richtung, entlang der gewundenen Straße, die nach Aquilonien führte.
Im Vorgebirge der Rabirianischen Berge, kurz vor dem Saxulapaß, sahen sie die Nachhut der Königsarmee vor sich, denn Procas' Rückzug ging aufgrund der Versorgungswagen und der Infanteriekompanien langsam vonstatten. Die Bossonier verteilten sich und lenkten ihre Pferde durch das Unterholz in Schußweite, wo sie sich an die Arbeit machten. Etwa zwanzig königstreue Lanzer fielen schreiend oder stumm, oder fluchten über geringere Wunden, bis das Klappern von gerüsteten Reitern den Rebellen verriet, daß Procas' Kavallerie herbeieilte, um die Angreifer niederzumachen oder zu vertreiben, und so ihren Rückzug zu decken. Daraufhin eilten die Bossonier zu ihren Pferden zurück und verstreuten sich im Wald. Ihr einziger Verlust war ein Schütze, der sich nicht an sein Pferd gewöhnen konnte. Er stürzte aus dem Sattel und brach sich das Genick.
Während der
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