Conan der Befreier
kommen. Ich muß gestehen, daß dieser Aberglaube uns sehr gelegen kommt, denn so bleibt das Jagdgebiet für meine Barone und Freunde erhalten.«
Conan brummte: »Sobald wir die Imirianische Höhe erklommen haben, erfinden sie zweifellos andere Kobolde oder Ungeheuer, vor denen sie sich fürchten können. Ich war noch nicht in diesem Teil von Aquilonien, aber meiner Schätzung nach dürfte die Höhe nicht mehr weiter als einen Tagesmarsch voraus liegen. Wie verläuft der Paß zur Hochebene?«
»Es gibt eine tiefe Klamm in den Felsen, wo der reißende Bitaxa, ein Nebenfluß des Alimanes, sich sein Bett gegraben hat. Die Straße, die zur Höhe emporführt, wird von einer breiten Felsleiste an einer Seite der Schlucht getragen. Die Klamm darunter – wir nennen sie Riesenkerbe – ist glitschig, steil und eng. Es wäre schlimm, von dort aus gegen einen Feind auf der Höhe kämpfen zu müssen. Betet zu Eurem Crom, daß Numitors Grenzer die Klamm nicht vor uns erreichen.«
»Crom kümmert sich wenig um die Gebete der Menschen«, brummte Conan. »So zumindest brachte man es mir als kleiner Junge bei. Er haucht in jedes Knabenkind bei der Geburt die Stärke ein, die es brauchen wird, wenn es zum Manne erwachsen ist, um sich seinen Feinden stellen zu können. Und das ist alles, womit man die Götter belästigen darf, die schließlich ihre eigenen Sorgen haben. Aber wir dürfen die Gefahr eines Angriffs in dieser mörderischen Falle nicht eingehen. Schickt gleich bei Morgengrauen einen starken Trupp berittener Kundschafter aus, der sich an der Klamm umsehen soll.«
Publius watschelte mit einem Armvoll dicht mit Zahlen bekritzelter Papyrusbogen herein. Trocero verließ Conan, damit er ungestört mit dem Kämmerer die Bestandslisten durchgehen konnte, während er die Zelte seiner poitanischen Reiter aufsuchte und vierzig der besten Schwertkämpfer für den morgigen Erkundungsritt auswählte.
Die Riesenkerbe lag hoch vor Troceros Schwadron. Ihre überhängenden Felswände verbargen schwarze Tiefen vor der Mittagssonne. Der Graf und seine Kundschafter spähten aus den Sätteln hinauf und hielten vergeblich Ausschau nach dem verräterischen Glitzern der Sonnenstrahlen auf Rüstungen. Auch auf der Höhe war nicht das geringste Rauchwölkchen eines Lagerfeuers zu sehen. Schließlich bestimmte Trocero:
»Wir werden uns teilen und um den Wald herumreiten. Auf der Straße, nicht ganz eine Meile hinter uns, wo ein hoher Felsen sich über den Waldpfad neigt, treffen wir uns wieder. Vopisco, Ihr biegt mit Eurer Hälfte der Schwadron nach Osten ab, ich mit meiner nach Westen. In einer Stunde müßten wir beide den Felsen erreicht haben.«
Die Schwadron teilte sich. Die Reiter zwängten ihre Pferde durch das dichte Laubwerk, das weit auf die Straße ragte. Als sie dieses Hindernis überwunden hatten, stießen sie kaum noch auf Unterholz zwischen den dicken Stämmen der alten Eichen.
Eine Weile ritt Troceros Trupp schweigend und mit lautlosen Hufen auf dem dicken Teppich aus faulendem Laub und weichem Moos. Plötzlich hob der vorderste Kundschafter warnend eine Hand. Er drehte sich im Sattel um und murmelte: »Männer voraus, mein Lord, berittene, glaube ich.«
Der Trupp drängte sich aneinander, die Männer angespannt, die Pferde reglos. Durch die Schatten zwischen den Baumreihen erspähte Trocero eine beunruhigende Bewegung und hörte ein gedämpftes Gemurmel.
»Schwerter!« flüsterte der Graf. »Macht euch bereit zum Angriff, aber stürmt erst, wenn ich das Kommando gebe. Wir wissen noch nicht, ob es sich um Freund oder Feind handelt.«
Zwanzig Schwerter flogen aus ihren Scheiden, als die Reiter ihre Tiere lautlos nach links oder rechts lenkten, bis sie eine Reihe zwischen den Bäumen bildeten. Das Stimmengemurmel wurde lauter. Ein Trupp Reiter kam jenseits der knorrigen Eichen zum Vorschein. Trocero hob sein Schwert wie einen deutenden Finger und gab so das Zeichen zum Angriff.
Die zwanzig Poitanen stürmten zwischen den Bäumen auf die Fremden zu. In wenigen Herzschlägen sahen sie sie ganz deutlich vor sich.
»Ergebt Euch!« brüllte Trocero, dann riß er verblüfft an den Zügeln. Sein Pferd rollte die Augen, bäumte sich auf und schlug mit den Vorderbeinen in die leere Luft.
Fünf Reiter, ungerüstet, doch im weißen Waffenrock mit dem schwarzen Adlerwappen Aquiloniens, hielten an und starrten den Poitanen entgegen. Alle außer einem führten Gefangene mit grausam engen Schlingen um den Hals. Diese Gefangenen –
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