Conan der Befreier
das von einer Ranke um seinen Hals hing. »Geh in Wald und blas!« Der Satyr steckte das Pfeifchen zwischen die Lippen und blies die Backen auf.
»Ich höre nichts«, sagte Conan.
»Nein, du nicht, aber Satyr hört. Du nimm!«
Conan starrte auf die winzige Pfeife, die der Faun in seine breite Handfläche legte, wo sie fast verloren wirkte, während die anderen stirnrunzelnd dachten, die Knochenröhre sei nichts weiter als ein nutzloses Spielzeug, das ihren General bei Laune halten sollte. Der Cimmerier nickte, schob die Pfeife in seinen Gürtelbeutel und sagte ernst: »Ich danke dir, kleiner Freund.« Dann rief er seine Burschen und den nächsten Wachtposten, und befahl: »Begleitet Gola in den Wald hinter dem Lager und sorgt dafür, daß er von niemandem belästigt wird. Einige unserer abergläubischen Soldaten könnten ihn leicht für einen bösen Geist halten und gegen ihn vorgehen wollen. Leb wohl, Gola.«
Als der Faun gegangen war, wandte Conan sich an seine Kameraden. »Numitor liegt oberhalb der Riesenkerbe und wartet darauf, daß wir die Klamm hochkommen, ehe er das Signal zum Angriff gibt. Was haltet ihr davon?«
Prospero zuckte die Achseln. »Es scheint mir, er verläßt sich ganz auf ›den großen Hexer‹, den der Kleine erwähnte – zweifellos ist es des Königs Zauberer.«
Trocero schüttelte den Kopf. »Ich glaube eher, er will uns ungehindert die Schlucht hochkommen lassen, damit wir uns ihm unter gleichen Bedingungen stellen können. Er ist ein wohlmeinender Führer, der einen Krieg nach ritterlichen Regeln führen möchte.«
»Er müßte doch wissen, daß wir weit in der Überzahl sind«, sagte Publius verblüfft.
»Das schon«, erwiderte Trocero, »aber seine Truppen sind die besten von ganz Aquilonien, während unsere buntgemischte Horde Grünlinge in der Kriegsführung sind. Also verläßt er sich auf ihre Kühnheit und Disziplin ...«
Die folgenden Streitgespräche waren lang und führten zu nichts. Als die Abenddämmerung der nächtlichen Dunkelheit wich, hieb Conan seinen Becher auf den Tisch. »Wir können nicht untätig am Fuß der Klamm herumsitzen und versuchen, Numitors Beweggründe zu erraten. Wir werden morgen die Straße durch die Riesenkerbe hochreiten und für einen Kampf bereit sein.«
10. Satyrenblut
10
SATYRNBLUT
Prinz Numitor stapfte ruhelos im Lager der Königstreuen umher. Die Kochfeuer brannten nieder, und die Soldaten hatten sich zur Nachtruhe zurückgezogen. Die Mondsichel zeigte sich bereits am Himmel und leistete den Sternen Gesellschaft, die wie Brillanten auf dem blauen Samtgewand einer Lady glitzerten. Im Westen, wo noch ein wenig Dämmerung herrschte, hob sich eine jagende Fledermaus vom Horizont ab, während über dem Lager das Flattern einer Nachtschwalbe in der Stille zu hören war.
Der Prinz ging an der Postenkette vorbei und schritt zum Rande der Schlucht, wo Thulandra Thuu seine magischen Hilfsmittel lagerte. Hinter Numitor verschmolz das Lager mit den nächtlichen Schatten des Waldes. Vor ihm senkte der Fels sich steil in die Tiefe, und links gähnte die schwarze Klamm, die allgemein Riesenkerbe genannt wurde.
Obgleich des Prinzen Ohren keinerlei Geräusche aus der Schlucht aufnahmen, störte ihn doch etwas an der Lage des Camps, aber es dauerte eine geraume Weile, bis er sich des Grundes für seine Unruhe bewußt wurde.
Nachdem er ein paar Pfeilschußlängen dahingeschritten war, sah er die züngelnden Flammen eines kleinen Feuers. Er eilte darauf zu. Thulandra Thuu wirkte in seinem schwarzen Kapuzenumhang wie ein unheilbringender Rabe, während er sich über das Feuer beugte, und Hsiao auf den Knien kurze Reisigstücke nachlegte. Ein metallenes Dreibein, von dem ein nicht sehr großer Messingtopf an einer Kette hing, stand darüber. An einer Seite drückte ein großer Kupferkessel das Gras nieder.
Als Numitor näherkam, entfernte der Zauberer sich ein wenig vom Feuer. Er fummelte in einem Lederbeutel und brachte schließlich ein winziges Kristallfläschchen zum Vorschein. Mit einer Beschwörung in einer dem Prinzen fremden Sprache, zog er den Stöpsel heraus und leerte den Inhalt in den Topf über dem Feuer. Der Prinz hörte ein plötzliches Zischen, dann stieg in allen Regenbogenfarben durchzogener Rauch aus dem Topf.
Thulandra Thuu schaute flüchtig auf den Prinzen, murmelte ein »Guten Abend, mein Lord« und griff erneut in den Lederbeutel.
»Meister Thulandra«, sagte Numitor.
»Mein Herr?« Der Zauberer hielt in
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