Conan der Freibeuter
»Jetzt!« schrie er.
Auf seinen Ruf hin rannte Chabela am Klippenrand entlang von ihm weg, der Rothaarige ebenfalls, aber in die andere Richtung, so daß der Cimmerier sich dem Ungeheuer allein gegenübersah.
Als die beiden in entgegengesetzte Richtungen flohen, hielt das Krötenwesen im Hüpfen inne. Seine grünen Augen wandten sich erst nach der einen, dann nach der anderen Seite, so als überlegte es, wem es folgen sollte.
»Komm schon!« forderte Conan es auf und bewarf es mit einem Stein, der mit einem scharfen Knacken direkt über dem Maul des Ungeheuers aufschlug. Ein zweiter Stein traf eines der Augen. Der Stein prallte davon ab, aber die grüne Flamme des Auges erlosch, als hätte der Stein die Substanz zersplittert, aus der das Auge bestand.
Ehe Conan dazu kam, einen dritten Stein zu werfen, hatte das Ungeheuer ihn fast erreicht. Es setzte auf seinen mächtigen Hinterbeinen zu einem letzten Sprung an, der es unmittelbar zur Klippenspitze bringen mußte. Der weite Rachen war erwartungsvoll aufgerissen.
Als das Krötenwesen hüpfte und während es sich noch in der Luft befand, drehte Conan sich um und sprang von der Klippe. Er drehte sich in der Luft und tauchte gerade wie ein Pfeil kopfüber in das größte Becken im Riff, wo er sofort wieder hochkam.
Der letzte Sprung brachte das Ungeheuer genau an die Stelle, wo Conan gestanden hatte. Seine Vorderbeine schlugen direkt am Rand auf, der unter dem gewaltigen Gewicht zerbröckelte, so daß Steine und Erde in die Tiefe polterten. Die Vorderpranken rutschten über den Rand, und der Schwung schickte ihnen auch den massiven Leib nach. Einen Herzschlag lang hing die steinerne Kröte am zerbröckelnden Rand, dann stürzte es unter dem Krachen gesprengten Gerölls in die Tiefe. Immer wieder überschlug sie sich im Fallen, bis sie mit einem gewaltigen Bersten am Fuß der Klippe aufschlug.
Triefend zog Conan sich aus dem Wasserbecken und wischte sich das Haar aus dem Gesicht. Er war nicht genau in der Mitte des Beckens gelandet. Ein Riß in seiner Kleidung offenbarte eine blutige Schramme über Rippen und Hüfte, wo er eine der scharfen Steinkanten gestreift hatte. Aber er achtete nicht auf den brennenden Schmerz, sondern machte sich daran, die Überreste des Krötenwesens zu untersuchen.
Stein mochte zwar auf magische Weise belebt werden, aber er blieb doch Stein. Das Ungeheuer war in Hunderte von Stücken geborsten, die überall am Fuß der Klippe herumlagen. Es gehörten scharfe Augen dazu zu erkennen, daß einer der Steine, der wie ein Teil des Riffes aussah, die Füße des Ungeheuers gewesen war, ein anderer ein Stück vom Schädel. Die anderen Trümmer fügten sich so in das zerklüftete Gestein ein, als lägen sie schon seit Äonen hier.
Kletternd und von Stein zu Stein springend, folgte Conan dem Fuß der Klippe, bis er eine Stelle erreichte, wo sie weniger hoch war und er sie erklimmen und sich dem Nordmann und dem jungen Mädchen auf der Landzunge wieder anschließen konnte. Der Rothaarige beugte sich über den Klippenrand und betrachtete, was von dem Krötenwesen noch zu erkennen war.
»Bei Nergals Klauen und Marduks Kühnheit, Kamerad! So ist es schon ein bedeutend angenehmerer Anblick als zuvor. Doch nun, da wir die Gefahr gemeinsam überstanden haben, wird es Zeit, uns miteinander bekannt zu machen. Ich bin Sigurd von Vanaheim, ein ehrlicher Seemann, der mit seiner Mannschaft durch Schiffbruch auf diese verfluchte Insel verschlagen wurde. Und du?«
Conan betrachtete Chabela näher. »Bei Crom!« brummte er schließlich. »Seid Ihr nicht Chabela? Ferdrugos Tochter?«
»Ja«, antwortete das Mädchen. »Und Ihr seid Kapitän Conan.«
Sie hatte schon einmal seinen Namen genannt, als er auf seiner Flucht vor dem Tempelungeheuer auf sie und den Nordmann gestoßen war, und das führte ihn auch auf die richtige Spur. Kaperschiffkapitän und königliche Prinzessin lernten sich nicht gesellschaftlich auf dem Königshof kennen. Trotzdem hatte Conan sie oft genug auf Festen, Paraden und anderen Feierlichkeiten gesehen.
Da der größte Teil der Beute, welche die Tagedieb und andere Kaperschiffe machten, ging an die Krone, und so beliebte es König Ferdrugo hin und wieder, ein Bankett für seine Freibeuterkapitäne zu geben. Die mächtigen Schultern, die langen Beine und das unbewegte grimmige Gesicht des riesenhaften Cimmeriers hatten sich Chabela eingeprägt. Und nun, da er nicht mehr in Eile war, hatte er auch sie erkannt, trotz ihrer zerrissenen
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