Conan-Saga 20 - Conan von den Inseln
nacht,
wir segeln in die Ferne.
Wo uns Gold und Silber lacht,
zeigen uns die Sterne.
Seemannslied der Barachan-Inseln
Und so kam es, daß der Rote Löwe auf eine der seltsamsten Schatzsuchen in die sturmbewegten, von Ungeheuern heimgesuchten Öden des Westlichen Ozeans hinausfuhr. Die einzigen Wegweiser waren die Sonne bei Tag und die Sterne bei Nacht, denn der Kompaß war den Seeleuten des hyborischen Zeitalters – zwischen dem Untergang von Atlantis und dem Aufstieg von Sumer und Ägypten – nicht bekannt. Doch indem sie sich an die Karte aus der Orichalcumschatulle hielten, segelten sie immer tiefer ins Unbekannte.
Einige scheuten vor diesem phantastischen Wagnis zurück, bis Conan ihnen zwei gute Gründe nannte, weshalb sie daran teilnehmen sollten. Der erste war, daß sie ja der Abenteuer, des Ruhmes und der Beute wegen die Barachan-Inseln verlassen hatten und sie zweifellos genug von allen drei Dingen auf den Sieben Inseln von Antilia, inmitten der uralten Ruinen der letzten atlantischen Städte, finden würden. Und der zweite, daß er höchstpersönlich jeden, der sich dagegen auflehnte, den Kraken zum Fraß vorwerfen würde. Diese beiden Gründe stellten sich als ungemein überzeugend heraus.
Doch je weiter sie sich von den ihnen bekannten Küsten entfernten, desto mehr wuchs ihre abergläubische Furcht. Sie erinnerten sich an alte Geschichten, die behaupteten, die Welt ende unmittelbar hinter dem Horizont. Dort sollte sich eine steil abfallende Felswand befinden, über die die Meere in endloser Flut tosten, um schließlich gegen die Grundmauern der Ewigkeit zu spülen. Nach diesen Geschichten würde ein Schiff, das über den sichtbaren Horizont hinaussegelte, von einer unwiderstehlichen Strömung erfaßt werden, die es mit seiner hilflosen Besatzung über den Rand der Welt trug.
Conan redete ihnen diese Vorstellung aus, indem er ein paar sich allzusehr darauf versteifte Schädel so gegeneinanderschlug, daß es gerade noch zu ertragen war, und indem er ihnen mit unanfechtbarer Logik klarmachte, daß sich der Horizont mit jeder Meile, die sie westwärts segelten, in gleichem Maße zurückzog.
Mit prallen Segeln, die im gleichmäßigen Nordostpassat knatterten, fuhren sie dahin. Vor ihnen lag eine unbekannte Welt, um sie eine geheimnisvolle Öde windumtoster Wellen, in denen schreckerregende Meereskreaturen lauern mochten. Conan fürchtete Seeungeheuer nur wenig. Er hatte in seinem langen Leben gegen Krieger, Zauberer, Ungeheuer, Dämonen, ja selbst Götter gekämpft. Alle hatten sich letztendlich als verwundbar erwiesen. Doch vorbeugend hatte er vom Schiffszimmermann ein Katapult bauen und Kugeln aus schwarzem Teer formen lassen, in die er durch eine kleine Öffnung Lampenöl goß und als Docht mit Pech getränkte Stoffetzen gab.
Als ein Tag den anderen in dieser endlosen Wasserwüste ablöste, sehnte Conan sich richtiggehend nach Aufregung, um die schreckliche Eintönigkeit zu unterbrechen. Doch wenn es hier tatsächlich Seeungeheuer gab, machten sie offenbar einen weiten Bogen um den Roten Löwen. Um seinen Männern schädliche Langeweile zu ersparen, ließ er sie die Decks schrubben, Pfeile schnitzen und fiedern, als Ersatz für jene, die sie in der kurzen Schlacht mit der grünen Galeere verloren hatten, und hielt sie mit allen möglichen Arbeiten beschäftigt – ganz nach dem alten hyborischen Sprichwort: Nergal findet Arbeit für müßige Hände.
Hin und wieder fragte sich der alte Cimmerier, was sich wohl im fernen Aquilonien tat. Er dachte an seinen Sohn Conn und wie ihm wohl die Last der Krone zusagte, und auch an seine alten Freunde am Hof, die wenigen, die noch am Leben waren. Ebenso beschäftigten sich seine Gedanken mit der Erinnerung an die glücklichen Jahre mit seiner verstorbenen Gattin Zenobia. Sie war Sklavin in Nemedien gewesen, ehe er sie zu seiner einzigen Königin über die grünen Hügeln und goldenen Felder des sonnigen Aquiloniens gemacht hatte. Solange sie lebte – von ein paar Ausnahmen während längerer Reisen abgesehen –, war er ihr treu gewesen, und das war wahrhaftig bemerkenswert für einen rauhen, rotblütigen Krieger cimmerischer Herkunft.
Nachdem sie am Kindbettfieber gestorben war, hatte er seine alten Gewohnheiten aus Junggesellentagen wieder aufgenommen und sich einen Harem mit wohlgebauten Konkubinen gehalten. Conans ungewöhnlicher und zuhöchst individualistischer Ehrenkodex hatte ihn sein Leben lang davon abgehalten, eine Frau mit Gewalt zu
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