Conan-Saga 20 - Conan von den Inseln
Thron neben dem Altar und beschrieb mit den himmelwärts gerichteten, braunen Armen geheimnisvolle Zeichen, während die Edelsteine und das Perlmutt des Thrones in der Sonne blendend glitzerten.
Dem Thron gegenüber, auf der anderen Altarseite, befand sich ein kleiner Tempel. Ein Opferpriester und mehrere Unterpriester beschäftigten sich am Altar. Ersterer, ansonsten bis auf Lendenschurz und Sandalen nackt, trug einen phantastischen Kopfputz aus Federn. Er wurde von Goldreifen gehalten, auf denen die Sonne sich spiegelte und blitzende Lichträder schuf, die des Priesters Kopf verbargen.
In diesem Augenblick war eine Frau Opfer des uralten atlantischen Rituals. Während die Unterpriester ihre nackten braunen Arme und Beine hielten und sie mit dem Rücken auf den Altar drückten, sauste die in der Sonne glitzernde Obsidianklinge herab. Kurz darauf hielt der Opferpriester, für alle sichtbar, das blutende Herz in die Höhe.
Sigurd glaubte seinen Augen nicht trauen zu können, als plötzlich der Seelenverschlinger erschien – aus leerer Luft auftauchte!
Ein Schatten verdunkelte die Sonne. Eine eisige Dämmerung senkte sich über den Platz. Die beißende Kälte des Sternenraums breitete sich aus. Über der Zikkurat schwebend, nahm der Dämon der Finsternis Form an.
Hinter sich hörte Sigurd die Piraten, die sonst wahrhaftig nicht fromm waren, Gebete murmeln.
Die Schleierform über der Stufenpyramide verdichtete sich, schien fest zu werden, wie ein schweres Gebilde aus Dunkelheit. Ein eisiger, übelriechender Wind verbreitete sich von ihr. Sie glich einer schwarzen Wolke, die die Gestalt einer fremdartigen Meereskreatur angenommen hatte. Ihren wallenden Kern umgaben sich gemächlich entfaltende Schattenschleier. Sie sprudelte und wirbelte wie der sagenhafte Mahlstrom, der angeblich irgendwo fernab der arktischen Küste von Sigurds Vanaheim alles verschlang, was in seine Nähe kam.
Wie gebannt beobachtete Sigurd dieses Schattenwesen. Selbst wenn er es gewollt hätte, wäre er nicht imstande gewesen, die Augen davon abzuwenden. Er fühlte sich wie ein Hase, auf dem der kalte Blick einer Schlange ruhte, die sich ihn zum Opfer erkoren hatte.
Mit eisigem Grauen wurde dem alten Seemann bewußt, daß diese Kreatur der Finsternis sich von der Lebenskraft ernährte, die durch die Opferung freigegeben wurde. Er sah zu, wie der Priester ein blutendes Herz ums andere dem schwarzen Schattenwesen entgegenstreckte.
Da wurde Sigurd sich auch der Bedeutung der Symbolik der alten Atlanter klar. Ihr Zeichen des Schwarzen Kraken, das von den Uneingeweihten für das Abbild eines riesenhaften Tintenfischs gehalten wurde, stellte in Wirklichkeit diese pulsierende, wachsende schwarze Wolke des Grauens dar. Er erinnerte sich des Wappens an der grünen Galeere, die sie auf dem Weg hierher vernichtet hatten. Der Schwarze Krake war Xotli, der Dämon der Finsternis, von dem die alten Mythen raunten!
Grimmig schob Sigurd das Kinn vor und straffte die Schultern. Doch, auch wenn er es sich nicht eingestehen wollte, sein Mut verließ ihn. Hätte er die Wahrheit hinter dem grimmigen Symbol geahnt, wäre er bestimmt nicht zu dieser Fahrt in den unbekannten Westen bereit gewesen, schon gar nicht so erwartungsvoll und vergnügt. Und jetzt würde er unter dem seelensaugenden Schatten aus der Finsternis auf einem blutgetränkten Altar enden.
Einer nach dem anderen schlurften die schweigenden Männer stumpf vorwärts. Die steile Steintreppe, die an der Zikkuratseite hochführte, kam immer näher. Die über der Stufenpyramide schwebende schwarze Schattengestalt pulsierte. Sie wurde größer und noch schwärzer.
Seltsamerweise versuchte kein einziges Opfer zu fliehen. Mit gesenktem oder zurückgeworfenem Kopf, um hochzustarren, schleppten sie sich Schritt um Schritt weiter. Eine stumpfe Schwere lähmte ihren Willen.
Nicht, daß ein Fluchtversuch hätte Erfolg haben können. An Hals und Handgelenken waren sie mit unzerbrechlichen Glasketten gebunden, und sie wurden von Reihen wachsamer braunhäutiger Soldaten mit Peitschen, Piken mit Glasspitzen und Schwertern mit Glasklingen bewacht. Ohne weiteres waren sie mit Schafen zu vergleichen, die zur Schlachtbank getrieben wurden.
Vielleicht war diese merkwürdige Teilnahmslosigkeit im Angesicht des grauenvollen Todes ein Werk des gierigen Dämons über dem Altar, oder vielleicht entsprang sie einem Zauber, ausgeübt von den singenden, sich wiegenden Priestern, die mit glasigem Blick und schlaffen Kinn zu
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