Congo
das Büro von Travis. »Lassen wir die Katze aus dem Sack?«
»Nein«, sagte Travis. »Keinen Ton.«
»Wie lange?«
»Dreißig Tage.«
»Verdammt! In der Zeit haben das doch Ihre eigenen Mitarbeiter ausgeplaudert«, sagte Roberts.
»Das gebe ich Ihnen schriftlich.«
»Dann dementieren Sie«, sagte Travis. »Ich brauche noch dreißig Tage, um den Kontrakt durchzuziehen.«
»Wissen wir, was da draußen passiert ist?«
»Nein«, sagte Travis. »Aber wir werden es erfahren.«
»Wie?«
»Von den Bändern.«
»Die sind ein einziges Durcheinander.«
»Noch«, sagte Travis. Dann rief er die Konsolenspezialisten herein. Travis war schon längst zu dem Ergebnis gekommen, daß die ERTS, auch wenn ihr politische Berater auf der ganzen Welt zur Verfügung standen, die meisten Informationen wahrscheinlich im eigenen Haus bekommen konnte. »Alles, was wir von der Kongo-Expedition wissen«, sagte er, »ist auf dem letzten Videoband registriert. Ich will eine Ton-und Bildaufbereitung auf sieben Frequenzen haben.
Fangen Sie sofort an. Das Band ist alles, was wir haben.« Die Spezialisten machten sich an die Arbeit.
3. Aufbereitung
Das Verfahren, nach dem sie arbeiteten, hieß bei der ERTS »Datenaufbereitung« oder bisweilen auch »Datenbergung«. Der letzte Begriff ließ an Tiefsee-Bergungsaktionen denken und war auf merkwürdige Weise zutreffend.
Für eine Aufbereitung oder Bergung von Daten mußte aus den Tiefen umfangreicher elektronisch gespeicherter Angaben ein zusammenhängender Sinn an die Oberfläche gezogen werden. Und wie die Bergung eines Schiffes war das ein langwieriger Vorgang, der größtes Feingefühl erforderte: eine falsche Bewegung konnte den unwiederbringlichen Verlust dessen bedeuten, was man ans Tageslicht zu fördern trachtete. Die ERTS hatte ganze Bergungsmannschaften, die sich auf die Kunst der Datenaufbereitung verstanden. Eine von ihnen machte sich unverzüglich an die Aufbereitung der Tondaten, eine andere an die der Bilddaten.
Karen Ross war bereits auf eigene Faust mit einer Bildaufbereitung beschäftigt. Sie arbeitete nach hochkomplizierten und nur bei der ERTS praktisch anwendbaren Verfahren. Die Earth Resources Technology war ein vergleichsweise junges Unternehmen. Ihre Gründung im Jahre 1975 war eine Reaktion auf das explosionsartige Anwachsen von Informationen über die Erde und ihre Schätze.
Der Umfang des von der Gesellschaft bearbeiteten Materials war schwindelerregend: allein Landsat hatte schon über fünfhunderttausend Bilder geliefert, und stündlich kamen sechzehn weitere hinzu vierundzwanzig Stunden am Tag. Zählte man die herkömmliche Luftfotografie und die Luftfotogrammetrie, Infrarotaufnahmen und Aufnahmen mit Schrägsichtradar mit künstlicher Verschlußöffnung hinzu, belief sich der Gesamtbestand des der ERTS zugänglichen Materials auf über zwei Millionen Bilder, die sich pro Stunde um jeweils dreißig vermehrten. All diese Angaben mußten katalogisiert, gespeichert und für den sofortigen Zugriff aufbereitet werden. Die ERTS war wie eine riesige Bibliothek, die täglich siebenhundert neue Bücher erwarb. So überraschte es nicht, daß die »Bibliothekare« fieberhaft rund um die Uhr arbeiteten.
Besuchern der ERTS schien nie recht klar zu sein, daß man noch vor zehn Jahren eine solche Datensammlung auch mit Computer-Unterstützung unmöglich hätte bewältigen und verwalten können.
Ebensowenig verstanden sie, um welche Art von Informationen es sich handelte — die meisten nahmen an, die Bilder auf den Bildschirmen seien Fotografien — und eben das waren sie nicht. Die Fotografie beruht auf einem chemischen Verfahren aus dem 19. Jahrhundert zur Aufzeichnung von Informationen mit Hilfe lichtempfindlicher silbersalze. Bei der ERTS benutzte man ein elektronisches Verfahren des 20. Jahrhunderts analog den chemisch hergestellten Fotografien, aber gänzlich anders. Statt Kameras verwendete man bei der ERTS Mehrfachspektrum-Abtastgeräte und statt Filmmaterial computerverträgliche Bänder. In Wirklichkeit also gab es dort keine »Bilder«, wie man sie sich von altväterlichen fotografischen Techniken her vorstellt. Die ERTS kaufte »Daten-Abtastungen«, die sie bei Bedarf in »Daten-Darstellungen« umwandelte.
Da die Bilder der ERTS nichts anderes als auf Magnetband gespeicherte elektronische Signale waren, ließen sie sich auf vielerlei Weise elektronisch manipulieren. Die ERTS verfügte über achthundertsiebenunddreißig Computerprogramme zur Veränderung von
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