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Conte-Krimi - 13 - Hetzjagd am Grünen See

Conte-Krimi - 13 - Hetzjagd am Grünen See

Titel: Conte-Krimi - 13 - Hetzjagd am Grünen See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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war. Es musste in unmittelbarer Nähe geschehen sein. Der Limberg bestand aus Bergen und Tälern, Steilhängen und Gräben, Wällen und Schluchten, also aus vielen Hindernissen, die einen Knall aus einer Waffe schluckten, sobald er sich in einem entfernten Winkel ereignete. Seine Wohnstätte befand sich zwischen Oberlimberg und St. Barbara – direkt am Bambetter Kessel. Hinter ihm ging es nur noch bergauf, dahinter lagen Schluchten und Täler. So konnte er den Radius einkreisen, in dem der Schuss abgefeuert worden war. Sein Jeep würde nicht vonnöten sein.
    Mit Moritz an der Leine und dem Revolver im Holster trat er durch den kalten Morgen. Nächtliche Schwärze und Stille umgaben ihn. Der Nebel schluckte sämtliche Geräusche. Nach und nach gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit, sodass es ihm leichter fiel, mit dem Tempo seines Hundes Schritt zu halten. Moritz hechelte und zog an der Leine, als wüsste er genau, welche Richtung er einschlagen musste. Steiner ließ ihn gewähren. Die Sinnesorgane seines Hundes waren unübertrefflich, was seine Erfolge bei der Nachtsuche immer wieder bezeugten.
    Es wurde ein anstrengender Marsch.
    Der Weg führte steil bergauf. Trotz Dunkelheit erkannte Steiner, dass sie sich zielstrebig auf die höchste Stelle des Limbergs zubewegten. Sein Hund war trainierter als er selbst, denn Steiner begann laut zu schnaufen.
    Lange dauerte es, bis Moritz endlich eine Fährte aufnahm. Die Morgendämmerung brach schon herein, der Nebel blieb hartnäckig. Moritz’ Aufregung steigerte sich, er beschleunigte sein Tempo. Steiner hatte immer größere Mühe, ihm zu folgen. Aber von der Leine lassen durfte er seinen Hund noch nicht, weil er ihn sonst aus den Augen verlor. Lange liefen sie, Steiners Luft wurde immer knapper, bis Moritz stehenblieb und sein Herrchen anschaute. Das war der Hinweis, dass er abgeschnallt werden wollte. Wie ein Pfeil schoss der braun-weiße Hund davon. Zurück blieben der Nebel und das Geräusch, das Moritz hinterließ, während er durch das Gestrüpp hechtete. Dann ertönte sein tiefes, grollendes Bellen, der Standlaut. Damit zeigte er an, dass er das Wild gefunden hatte. Von nun an bestand Steiners Aufgabe darin, dem Bellen seines Hundes zu folgen. Mühelos gelang es ihm, das Wundbett des verletzten Tieres auszumachen. Das Bild, das der angeschossene Bock ihm bot, war erschreckend. Auf dem Rücken klaffte eine große Wunde. Sein Rückgrat war verletzt worden, weshalb er sich nur noch auf den Vorderläufen fortbewegen konnte. Auf dem Kopf trug er noch sein Gehörn, fast schwarz, mit starker Perlung, hohen Kranzrosen, und messerscharfen Spitzen. Es war ein drei- bis vierjähriger Bock, also ein starkes Tier, das ein Waidmann niemals zum Abschuss freigegeben hätte, da seine Merkmale repräsentabel zum Weitervererben waren. Hinzu kam die noch andauernde Schonzeit. Dieser Bock war auf keinen Fall mit einer Ricke zu verwechseln, da er seine starke Gehörnmasse noch nicht abgelegt hatte. Das Abschlachten durch Wilderer wuchs zu Steiners größter Sorge heran, einer Herausforderung, die nichts mit seiner ursprünglichen Vorstellung einer Tätigkeit als Förster gemein hatte. Zum Jahresende sollte eine groß angelegte Treibjagd mit Gästen aus ganz Deutschland und Frankreich organisiert werden – der Höhepunkt des Jahres – und Steiner befürchtete bis dahin weitere brutale Wilderei.
    Mit zitternden Flanken und weit aufgerissenen Augen schaute der angeschossene Bock ihn an, als wolle er ihn anflehen, von seinem Leid erlöst zu werden. Gewissenhaft setzte Steiner seinen Revolver zum Fangschuss auf den Träger an und drückte ab. In derselben Sekunde war das Tier verendet.
    Inzwischen war es fast taghell geworden. Der Nebel lichtete sich, blauer Himmel lugte zwischen den weißen Schwaden hindurch. Es kündigte sich ein sonniger Tag an. Das war das Einzige, was Steiner in diesem Augenblick den nötigen Auftrieb gab, den langen Rückweg anzutreten. Einen erlegten Bock während der Schonzeit in der Wildkammer abzulegen, schadete seinem Ruf. Bei der Verbreitung von Gerüchten spielten die genauen Umstände keine Rolle. Sein Arbeitgeber hatte auf seine Fähigkeiten vertraut, obwohl er als Förster keinerlei Referenzen hatte vorweisen können. Nun gelang es ihm nicht, seinen Aufgaben gerecht zu werden.
    Leise knirschten die Kieselsteine

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