Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Conviva Ludibundus

Conviva Ludibundus

Titel: Conviva Ludibundus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna und Günter Braun
Vom Netzwerk:
kaputten Taschenrechner, aber die Leute, die Mittelzwerck mitnahm, die wollte ich, wenn ich schon mitfuhr, mir vorher ansehen.
      Also mit dem totalen Ding, dem Unschiff, losfahren, und dann mit Leuten, die auch eine hervorragende industrielle Formgebung besitzen würden, das wollte ich nicht.
      Die Frage blieb, ob Mittelzwerck mich überhaupt für so bedeutend hielt, um mich mitzunehmen. Was meine Formgebung betraf, so sah ich schwarz, ich ahnte, anstandshalber würde er mich einladen.
      Er rief auch an. Hallo, verehrter Herr Professor, es wäre wunderbar, wenn Sie mitkommen könnten, aber ich wage nicht, darum zu bitten.
      Das hieß natürlich, ich war ausgeladen. Darum gab ich den Medienleuten an, ich würde nicht an solcher Fahrt teilnehmen wollen, ich hielte sie für unzweckmäßig und wenig aussichtsreich.
      Ich setzte mich sogar als Fernseh-Unke hin: Schwerste Bedenken erfüllen mich.
      Gleich nach der Sendung rief Mittelzwerck mich an. Ach, bitte, verehrter lieber Herr Kollege, wenn Sie mitfahren, kann gar nichts schiefgehen. Wir würden uns so freuen, aus Ihrem reichen Erfahrungsschatz zu schöpfen, und Ihren neunzigsten Geburtstag, den könnten Sie an Bord des Totalmobils begehen. Das wäre doch ein Ihnen gemäßer Rahmen.
      Will es mir überlegen, sagte ich.
      Ich kann mich also darauf berufen?
      Da wußte ich, ich sollte als Aushänger mitfahren, als Bild auf einer Flagge. Mittelzwerck sagte, als guter Schutzgeist unserer Fahrt.
      Aber ich möchte meinen Lebensstil dort beibehalten können, ich möchte wie ein Privatmann reisen.
      Natürlich, sagte Mittelzwerck, das garantiere ich.
      Da ich nun also mitfuhr, wurde es höchste Zeit für mich, für das Totalmobil den richtigen Käptn zu besorgen.

    6

    Ich hatte keine direkten Beziehungen zu Kapitänen, die ein „Totalmobil 01“ in ihren Griff zu nehmen imstande wären. Ich kannte eher Seemänner, die ohne Motor, einfach die Windkraft nutzend, mit einem kleinen Schiff lautlos das Meer befahren konnten, aber ich hatte mal gehört, es gebe in Quallnik ein Lokal, wo halbtotale und fast totale Kapitäne ein und aus gingen und manchmal dasäßen und sich das Meer ansähen, weil sie in den Vehikeln, die sie steuerten, vor lauter Starren auf Schaltpult, Tele-Schirm, Kursbilder, Wetteraufzeichnungen, die schlangenartig aus Computern krochen, nur selten dazu kamen, mal einen Blick aufs Meer zu werfen.
      So glaubte ich auch leicht herauszufinden, an welchen Tischen Kapitäne saßen, die für „Totalmobil 01“ fachlich geeignet schienen. Sie sahen auf das Meer.
      Aber bevor ich mich zu einem setzen konnte, mußte ich in das große Glaswandlokal hereingelassen werden. Dazu mußte ich an der Garderobe ein Chemisett mit diesem traurigen Geschlinge ausleihen, das sich ein Mann aus mir unklaren Gründen um seinen Hals zu würgen hat, wenn er an einem weißgedeckten Tisch was essen oder trinken will.
      Ich erklärte, ich bin der alte Philemon, war neulich auch im Fernsehen so, wie ich hier bin, mich könnt ihr doch so reinlassen.
      Die Frau da vorne sagte, sie kenne mich sehr gut, es gäbe sicher niemand in dem Lokal, der mich nicht gleich erkennen würde, aber es sei nun eben ein Lokal der Sonderklasse.
      Und weil ich nicht nach Quallnik gekommen war, um an der Garderobe des Quallnik-Panorama-Restaurants einen Vortrag zu halten darüber, daß es auch Menschen der Sonderklasse gebe, jeder Mensch sei ein Mensch der Sonderklasse, einmalige Anfertigung, dem hätte das Lokal sich anzupassen, darum sagte ich, her mit dem Männerquäler, und gab sogar ein Trinkgeld dafür, daß mir die Frau das Ding umband. Immerhin blieb ich noch kenntlich durch meine Jacke, die deutlich genug den Stempel der Gesellschaft für Meeresfrüchte auf dem Rücken trug.
      Als ich den Mann, den ich für einen Kapitän hielt, fragte, ob ich mich zu ihm setzen dürfe, sagte er gleich, sehr gerne, Herr Professor Philemon.
      Wenn ich auch keine direkten Beziehungen zu Kapitänen besaß, die für „Totalmobil 01“ in Frage kamen, schien es mir doch so, als ob da Unterschiede bestehen müßten. Und diese Unterschiede wären nicht fachlicher Natur. Daher hielt ich es für angebracht, mich mal mit diesem und mal mit jenem Kapitän im Quallnik-Panorama-Restaurant zu unterhalten, um festzustellen, beispielsweise ob dieses Unschiff, der aufgepumpte Hirschkäfer mit Vogelnase, den Kapitän in seinen Griff bekommen würde und mit ihm machen würde, was es

Weitere Kostenlose Bücher