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Conviva Ludibundus

Conviva Ludibundus

Titel: Conviva Ludibundus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna und Günter Braun
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Taschenrechner war nicht der richtige. Auf den hörten sie nicht immer. Und erst dann wären es für ihn die vollkommenen Mitarbeiter gewesen, wenn er sie auch abschalten hätte können, wie man jede Maschine abschalten kann. Nur nicht den Menschen, jedenfalls nicht jeden. Vielleicht hatte unser Chef schon daran gearbeitet, die Mittelzwercke zu so vollkommen menschennahen Wesen zu entwickeln, die sich abschalten lassen, aber sie hatten ihn vorher in ihren Griff bekommen.
      Ich wollte versuchen, für dieses hemmungslos funktionierende System, diese außer Rand und Band geratenen bio-mechanischen Ludibundi, einen Mechanismus zu finden, der sie in Ruhestellung versetzen konnte. Ich hockte mich oben auf die Stiege, öffnete leicht die Klappe. Unten stand Nickelsen, um mich im Falle eines Absturzes aufzufangen.
      Aber so viele STOP ich auch probierte, die Mittelzwercke alias Ludibundi sprachen auf kein einziges an.
      Ich dachte, unser junger Mann hat sie wie menschenartige Wesen behandelt, und ich behandle sie jetzt wie Maschinen. Aber müssen die meisten Menschen nicht erst überzeugt werden, bevor sie etwas tun oder nicht tun?
      Nicht in langen Ketten überzeugen sollender Worte, aber durch eine Notwendigkeit, durch einen Impuls, der ihrem Wesen entspricht?
      Welcher Impuls entsprach aber den Ludibundi?
      Als ich stocksteif war, hob Nickelsen mich von der Stiege und trug mich aufs Bett.
      In der Kabine schwammen Trümmer einer gewaltigen Supermuschel.
      Es geht weiter, sagte der Kapitän, die sind nicht mehr zu bändigen.
      Wollen Sie eine Tiefschlafkapsel, fragte Klimm, vielleicht fällt Ihnen danach etwas ein?
      Gegen meine Gewohnheit nahm ich das kleine lila Ei. Nickelsen goß mir etwas Schnaps nach.

    25

    Nachher wird immer vieles behauptet. Dies sei in der historisch gegebenen Situation notwendig gewesen, jenes konnte nicht praktiziert werden, dieses müsse heute als falsch erkannt werden, sei aber damals richtig gewesen.
      Klimm, den ich später zur Rede stellte, stritt das Gespräch mit Kapitän Nickelsen ab. Ganz stritt er es aber nicht ab, sie hätten da etwas erwogen, hypothetisch.
      Aber Nickelsen grinste höhnisch. So kann man es auch nennen, sagte er.
      Friederike war bei dem Gespräch nicht anwesend.
      Ich schlief hinter der Folie. Ich schlief, und ich schlief auch nicht. Immerhin lag ich so, daß man mich für nicht anwesend halten konnte. In mir kämpften Nickeisens Schnaps und Klimms lila Tiefschlafei. Ich hörte die Szene jenseits der Folie, und ich glaubte sie, obwohl meine Augen geschlossen waren, zu sehen.
      Es bleibt mir nichts anderes übrig, als aus den traumartigen Teilen, den Geräuschen, Tönen, die mich erreichten, ein Bild zusammenzustellen und dies wiederzugeben.
      Klimm sagte demnach zu Nickelsen, ich glaube natürlich nicht, daß der Alte noch etwas machen kann. Das wäre sozusagen der Glaube an eine Wunderwaffe, eine Wunderidee. Wir kennen diesen Irrglauben aus der Geschichte. Und selbst wenn noch Möglichkeiten beständen, so ist für Versuche keine Zeit mehr vorhanden.
      Schon wahr, sagte Nickelsen düster, wir befinden uns selbst in einem Prozeß. Nämlich jetzt geschieht es, daß wir uns umwandeln. Der historische Augenblick ist da, wir werden von einem gewöhnlichen biologischen Lebewesen zu einem bio-elektronischen, einem bio-technischen. Wir verwachsen mit diesem Chang, wir kommen von ihm nicht mehr los, wir sind jetzt Chang-Menschen. Wir werden jetzt selbst ein bioelektronisches System, nur leider unbeweglich. Wir schleppen den Chang nicht mit uns herum, wir liegen fest. Aber das sind Anfangsschwierigkei ten, später wird es bio-elektronische Menschen geben, die sich durch alle Meere bewegen können. Ja, es ist folgerichtig, zuerst hatte der Mensch noch nahezu ein Fell, hauste in Höhlen, aber nach und nach enthaarte er sich, weil er sich Kleider anschaffte, etwas Künstliches, dann schaffte er sich künstliche Höhlen an, nämlich Häuser, dann Autos, in denen er die meiste Zeit seines Lebens verbrachte und in denen er am liebsten, ohne sich auszuziehen, ins Bett gegangen wäre. Aber wir gehen jetzt eine noch nie dagewesene enge Verbindung mit diesem Chang ein. Wir werden dabei wahrscheinlich zugrunde gehen. Die ersten gehen meistens zugrunde, aber historisch gesehen, ist das unwichtig. Trotzdem, es kommt mir seltsam vor. Wir hätten schon längst erstickt sein müssen, längst eingegangen unter den sauerstoffarmen

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