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Befehlen gegenüber, die er selbst nicht versteht.
Albert wird 1954 wegen Diebstahls zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt. Er hat mit einigen Kameraden in Saigon ein Bordell aufgesucht. Bereits nach wenigen Minuten ist es zu einer wilden Schlägerei gekommen. Während die anderen Soldaten nach dieser Keilerei verschwinden, bleibt Spaggiari und nimmt die Kasse des Hauses mit.
Zwar sagen alle Beteiligten später aus, sie seien in diesem Bordell betrogen worden und Spaggiari habe lediglich das Geld gerettet. Aber für das Militärgericht bleibt Spaggiaris Griff in die Kasse Diebstahl. Das Urteil lautet: Schuldig.
Während die Schlacht von Dien Bien Phu tobt, in der 20 000 französische Elitesoldaten vernichtend von Ho Chi Minhs Bauernarmee geschlagen werden, befindet sich Spaggiari als Gefangener an Bord der >Pasteur<. Auf dem Weg in die Heimat, aber in schweren Ketten.
Aufgrund einer Amnestie wird er 1957 aus dem Gefängnis entlassen. Er kehrt zu seiner Mutter nach Hyères zurück und beginnt in der Wohnung über dem Geschäft ein ruhiges, bürgerliches Leben.
Er lernt Marcelle Audi kennen, eine junge Krankenschwester. Er heiratet.
Audi - Albert nennt sie immer beim Nachnamen - ist ein kleines, hausbackenes Mädchen mit braunen Haaren und dunklen Augen. Lebhaft, energisch und präzise - sie ist die typische Krankenschwester. Meist trägt sie einfache, aber geschmackvolle, gepflegte Kleider. Sie hat ein gutes Herz und verfügt über einen gewinnenden Charme. Im Gegensatz zu Albert ist sie zurückhaltend. Sie sieht und hört den andern lieber zu, als sich in den Vordergrund zu spielen.
Die Ehe steht nicht unbedingt unter dem Stern unsterblicher Liebe. Was beide verbindet ist mehr eine tiefe, innige Freundschaft, mehr Loyalität als Treue, und es sind die gleichen politischen Ideen.
Audi entwickelt sich sehr bald zum Anker in Spaggiaris stürmischem Leben. Während er nur über unregelmäßige Einkommen verfügt, sorgt sie mit ihrem Beruf als Krankenschwester für einen gesicherten Lebensunterhalt.
Eine Zeitlang sieht es ganz so aus, als wolle sich Spaggiari mit dem bürgerlichen Leben abfinden, doch die Wahrheit sieht anders aus: Er erstickt am Landleben.
An einem Frühlingsmorgen wird der Ruf des Abenteuers unwiderstehlich. Er packt seine Sachen und besteigt mit Audi ein Schiff nach Dakar, der Hauptstadt der damals noch französischen Kolonie Senegal.
Er verdingt sich als Kupferschmied. Audi arbeitet als Krankenschwester. Sie haben beide alles auf eine Karte gesetzt. Sie wollen das große Glück machen. Doch das Glück stellt sich nicht ein.
1960 kehren die beiden niedergeschlagen nach Frankreich zurück.
Sie ziehen nach Nizza und wohnen an der Route de Marseilles, einem Arbeiter-Vorort. Da es für eine Krankenschwester in Frankreich erlaubt ist, sich selbstständig zu machen, baut sich Audi ihre eigene Praxis auf: Impft, gibt alle Arten von Spritzen und leistet Erste Hilfe. Spaggiari versucht sein Glück als Grundstücksmakler. Doch der Erfolg bleibt aus.
Es ist die Zeit des politischen Wandels in Afrika. Die Europäer ziehen sich teils unfreiwillig, teils auf eigenen Wunsch mit mehr oder weniger großen Schwierigkeiten aus ihren Kolonien zurück.
Im französischen Algerien tobt ein mörderischer Krieg - die Weißen im Lande wehren sich gegen die Enteignung.
Spaggiari heuert bei der >Organisation Armée Secrete< an, der berüchtigten >OAS<. Wie die irische IRA rekrutiert sich die OAS aus Militanten der verschiedensten politischen Richtungen, alle sind jedoch stark rechts orientiert.
Die OAS ist in mehrere Gruppen unterteilt. So zum Beispiel in die >Catena<, die ihre Gleichgesinnten bei der Flucht vor der Polizei unterstützt, oder in das >Commando Delta<, die Killerorganisation der geheimen Armee. Sie bessert mit Dutzenden von Banküberfällen auch die Finanzen der OAS auf.
Nach der endgültigen Unabhängigkeit Algeriens verschwindet die OAS zwar aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit, sie bleibt aber weiterhin das Sammelbecken für Rechtsradikale und Neo-Nazis.
Zu gern würde Spaggiari Mitglied des »Commando Delta< werden, aber die Führer dieser Spezialeinheit halten ihn nicht für vertrauenswürdig genug. Ein Manko, unter dem er auch noch in Zukunft leiden wird.
General Charles de Gaulle ist bei den Mitgliedern der OAS verhaßt. Als Mann der Rechten hat er sich früher zwar öffentlich für ein französisches Algerien stark gemacht, als er jedoch Frankreichs Präsident wird, beugt
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