Coolman und ich. Ganz großes Kino (German Edition)
ich, und dabei wird mir ganz warm ums Herz.
»Kannst ja dagegenwetten, wenn du mir nicht glaubst. Ich war mal Totengräber auf dem Friedhof. Aber dann hat mein Rücken nicht mehr mitgemacht«, erklärt mein Opa. »Du kannst dir gar nicht vorstellen, was das für eine Plackerei ist. Vor allem im Winter, wenn der Boden gefroren ist.«
Was soll’s! Kein Opa ist perfekt.
Kurz darauf halten wir vor dem Kino, in dem in ein paar Minuten der Kurzfilm
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Weltpremiere feiert. Es ist das perfekte Timing. Lena, ihr Vater, Anti und Jonny Pony stehen schon auf dem roten Teppich und werden von Journalisten interviewt und fotografiert.
Der Mann mit dem roten Schal steht auch da und lächelt glücklich vor sich hin. Wahrscheinlich hat er schon gehört, dass Mike Taenner wieder in Freiheit ist. Vielleicht guckt er aber auch immer so freundlich, keine Ahnung, ich kenne ihn ja kaum.
»Nicht so schnell, junger Mann!« Opa hält mich am Arm fest, als ich aus dem Wagen springen will. »Wir sind pünktlich. Du schuldest mir fünf Euro!«
Grinsend gebe ich ihm den zerknitterten Schein zurück. »Ich stell kurz den Wagen ab, dann komme ich hinterher«, sagt Opa und grinst zurück.
Ich steige schon mal aus und laufe zu Lena.
Sie bemerkt mich erst, als ich hinter ihr stehe und ihr auf die Schulter tippe. Sie hat ein neues Kleid an und sieht einfach toll aus.
Im Gegensatz zu mir.
Ich stecke immer noch in den dreckigen Sachen, in denen ich geschlafen habe, und wahrscheinlich rieche ich auch nicht besonders gut.
Lena umarmt mich trotzdem. Anti grüßt mich mit einem düsteren Kopfnicken, ohne sich dabei die langen Strähnen aus dem Gesicht zu streichen. Ich bin verwirrt, weil sie die Haare wieder schwarz gefärbt hat und ihre alten schwarzen Sachen trägt.
Jonny Pony hat keine Zeit, mich zu begrüßen, weil er gerade fotografiert wird. Aber als die Journalisten mich entdecken, interessiert sich niemand mehr für ihn. Mit ihren Kameras kommen die Fotografen auf mich zugerannt, um den Jungen zu knipsen, den Mike Taenner aus den Händen der skrupellosen Kidnapper gerettet hat. Taenners Variante der Entführung hat sich also schon herumgesprochen.
Sie erwischen mich, ehe ich mich aus Lenas Umarmung lösen kann, und das wird den blöden Hochzeitsgerüchten, die – mir völlig unverständlich – während der Dreharbeiten kursierten, neue Nahrung geben.
Jonny Pony ist dem Strom der Fotografen gefolgt. Er drängt Lena zur Seite und nimmt mich in den Arm, als wäre ich sein verlorener Sohn. Dabei schaut er nicht mich an, sondern glotzt die ganze Zeit in die Objektive.
Ich erinnere mich an Mamas Tipp und trete ihn in die Kniekehlen. Jonny Pony lässt sofort los und ich habe die Fotografen wieder für mich allein.
Lächelnd nehme ich Lena an die Hand und gehe mit ihr über den roten Teppich zum Kinoeingang, weil der Festivaldirektor schon drängelt: »Auf, auf, Kinder! Ab ins Kino! Es geht gleich los!«
Von den Seiten brüllen die Journalisten mir Fragen zu:
»Wie ist es, von einem berühmten Kinostar aus der Hand von gefährlichen Entführern gerettet zu werden?«
»Stimmt es, dass die Entführer Mike Taenner brutal gefoltert haben und er dabei keine Miene verzogen hat?«
»Was hat Mike Taenner zu dir gesagt, damit du dir vor Angst nicht in die Hosen machst?«
»Kein Kommentar« ist mein einziger Kommentar. Klar könnte ich hier einiges klarstellen, aber damit wäre Taenners Karriere am Ende, und das hat er auch nicht verdient.
Außerdem muss ich noch dringend etwas erledigen. Von Lenas Vater leihe ich mir sein Handy. Er zögert, ehe er es mir gibt, und ich muss ihm erst versprechen, dass es kein Auslandsgespräch ist.
Ich will ja nur zu Hause anrufen.
Als Mama rangeht, gebe ich das Telefon schnell an Opa weiter, der den Wagen geparkt hat und nun etwas verloren auf dem roten Teppich herumsteht.
Ich denke, die beiden haben sich nach den vielen Jahren eine Menge zu erzählen.
Dann wende ich mich wieder Lena zu und flüstere: »Was ist denn mit Anti los?«
Ich bin neugierig, was ihren erneuten Imagewandel ausgelöst hat.
»Der Typ, mit dem sie in der Hotellobby rumgeknutscht hat, war gar nicht Elijah Wood«, verrät mir Lena.
»Wer war das denn dann?«, frage ich verwirrt.
»Ein Hochstapler aus Hannover, der vor zwei Jahren einen Frodo-Doppelgänger-Wettbewerb gewonnen hat«, antwortet Lena. »Als Anti das rausgekriegt hat, ist sie sofort auf ihr Zimmer, hat sich die Haare kohlrabenschwarz gefärbt und ihre alten
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