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Coolman und ich (German Edition)

Coolman und ich (German Edition)

Titel: Coolman und ich (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Bertram
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für die kleine Stadt. Deswegen ist es meistens auch halb leer. Nur zu den Premieren ist es bis auf den letzten Platz besetzt, weil das Theater dann die Karten an wichtige Leute verschenkt und den Begriff »wichtig« dabei sehr großzügig auslegt. Die Stadt ist so klein, dass sogar der Friseur des Bürgermeisters als wichtig gilt. Obwohl der Bürgermeister fast kahl ist.
    Es ist immer wieder erstaunlich, wie schlecht Leute sich anziehen, wenn sie sich besonders schick machen wollen. An der Treppe im Foyer steht eine kleine Frau in einem rosa Kleid, in dem sie aussieht wie ein eingefärbter Pudel, mit einem Rotweinglas in der Hand. Der Mann neben ihr trägt einen weißen Anzug, der ihm viel zu klein ist, weil sein Bauch zu dick ist. Die paar Haare, die er noch besitzt, hat er quer über seinen Kopf gelegt, um seine Glatze zu verdecken. Das sieht ziemlich blöd aus und irgendjemand sollte es ihm sagen. Aber das traut sich keiner, weil er der Bürgermeister ist.
    »Bist du nicht der kleine Baumann?«, spricht er mich an, als ich an der Treppe an ihm vorbeiwill. »Da bist du ja bestimmt mächtig stolz auf deine Eltern, nicht wahr, Sportsfreund?«
    Ich stehe auf der zweiten Stufe und bemühe mich, ihm in die Augen zu sehen und nicht auf seine seltsame Frisur zu starren. Ich habe keine Ahnung, was ich antworten soll. Ich habe noch nie mit einem Bürgermeister gesprochen, und dass seine Haare blöd aussehen, kann ich ihm ja wohl schlecht sagen.
    »Immerhin spielen sie heute Abend die Hauptrollen in unserem schönen Theater«, ergänzt der rosa Pudel neben ihm.
    Erst jetzt wird mir klar, dass der Pudel die Frau des Bürgermeisters ist. Ein echtes Traumpaar!
    Ich sehe mich Hilfe suchend nach Anti um, aber die hat sich geschickt abgesetzt und steht an der Theaterbar.
    »Das muss doch furchtbar aufregend sein, Sportsfreund«, lässt der Bürgermeister nicht locker und zwinkert mir aufmunternd zu.

    Ich weiß, ich sollte nicht auf
Coolman
hören. Aber wenn man völlig überfordert ist und von einem zwinkernden
Sportsfreund
bedrängt wird, erscheinen einem selbst die dümmsten Ratschläge wie unbezahlbare Weisheiten.
    »Bei den paar Haaren haben Sie bestimmt keinen Ärger mit Läusen, nicht wahr?«, sage ich höflich und zwinkere dabei unsicher zurück.
    Manchmal braucht man die Reaktion gar nicht erst abzuwarten. Manchmal weiß man einfach vorher schon, dass man gerade totalen Mist gebaut hat. Obwohl Läuse nun wirklich ziemlich klein sind, scheinen sie kein gutes Small-Talk-Thema zu sein.
    Das Lächeln ist aus den Gesichtern des Bürgermeisters und seiner Frau verschwunden.
    »Eigentlich nie«, presst der Bürgermeister zwischen seinen schmalen Lippen hervor. »Entschuldige mich bitte, Sportsfreund. Da vorne ist jemand, den ich dringend sprechen muss.«

    Das kann ja nicht schaden. Und vielleicht kann ich mit guten Manieren meine etwas unglückliche Bemerkung tatsächlich wieder wettmachen.
    Noch ehe der Bürgermeister mit seiner Frau verschwindet, verbeuge ich mich formvollendet.
    Leider habe ich die Entfernung falsch eingeschätzt. Weil ich zwei Stufen höher stehe als sie, knallt mein Kopf mit einem dumpfen Ton gegen die Stirn der Bürgermeistergattin, die sofort bewusstlos auf den roten Teppichboden sinkt. Ihr volles Rotweinglas fliegt durch die Luft und landet auf dem weißen Anzug ihres Mannes.
    Von allen Seiten kommen Menschen, die wissen wollen, was passiert ist.
    »Tut … tut … tut mir leid. Das wollte ich nicht«, stammele ich verzweifelt.
    »Das will ich auch sehr hoffen, Sportsfreund«, brummt der Bürgermeister wütend.
    In seinem jetzt rot gesprenkelten Anzug kniet er neben seiner Frau, die zum Glück schon wieder zu sich kommt. In der ganzen Aufregung sind ihm seine Haare verrutscht und hängen fast bis auf die Schulter herunter.
    »Was ist denn da los?«, fragt ein Mann.
    »Irgendjemand hat die Gattin des Bürgermeisters niedergeschlagen«, antwortet eine Frau.
    »Man muss die Polizei rufen«, ruft eine andere.
    »Danke, nicht nötig. Es geht schon wieder«, flüstert die Frau des Bürgermeisters und lässt sich von ihrem Mann wieder auf die Beine helfen. »Ich weiß gar nicht, was überhaupt passiert ist. Plötzlich lag ich auf dem Boden.«
    Von hinten legt sich mir eine Hand auf die Schulter und zieht mich sanft, aber bestimmt aus dem Kreis der Neugierigen, die immer noch den Bürgermeister und seine Frau umringen.
    Die rettende Hand gehört Anti. Sie hat zwei Cola gekauft und reicht mir eine davon. Es

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