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Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillou
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Lage ist verzweifelt. Das Einzige, was wir dem – zum ersten Mal in unserer Geschichte – entgegensetzen können, ist militärische Übermacht. Trotzdem haben wir diese nicht voll ausgenutzt, trotzdem stellen wir gemäßigte Forderungen. Erst wenn die Schlinge um Gazas Hals gelockert wird, kann die Situation entschärft werden. Dann können wir wieder den Weg der Verhandlungen beschreiten, der der einzige Weg ist.«
    »Verhandlungen mit der islamistischen Hamas-Regierung?«
    »Das ist die einzige Regierung, die wir haben, sie ist vom Volk gewählt. Ja, sie steht hinter dem Friedensplan des Präsidenten. Sie wird verhandeln.«
    »Sich aber nicht der Gewalt enthalten?«
    »Der Gewalt enthalten? Verzeihen Sie, Madame Außenministerin, aber ist es nicht ein bisschen kleinlich, unter den jetzigen Umständen die Hamas und ihre jämmerlichen Selbstmordattentäter zu erwähnen? Die U-1 Jerusalem hat ein unendlich viel höheres Gewaltpotenzial. Und wir sind, darauf möchte ich erneut hinweisen, zurückhaltend gewesen. Wir haben unseren Standpunkt und unsere Stärke deutlich gemacht und uns dann zurückgezogen. Was verlangen Sie noch von uns?«
    »Und wenn die Verhandlungen scheitern, wenden Sie sich wieder der Gewalt zu?«
    »Natürlich.«
    »Und greifen was an?«
    »Madame Außenministerin, ich bin mir Ihrer Sachkenntnis durchaus bewusst. Sie wissen, welche Waffen wir an Bord haben. Sie wissen, dass die israelischen Luftwaffenstützpunkte der nächste Schritt wären. Ich wiederhole es noch einmal, bedenken Sie, dass wir aus einer Position militärischer Stärke die Hand ausstrecken. Ist das nicht ein historischer Durchbruch?«
    »Ja, so könnte man es … nein, so muss man es wohl sehen«, antwortete Condoleezza Rice und bereute es sofort. Sie durfte nicht zu nachgiebig wirken, durfte sich nicht in eine Falle locken lassen, durfte nicht zu Kleinigkeiten Ja und Amen sagen, die einen ganzen Rattenschwanz von wichtigeren Dingen nach sich zögen.
    »Wir machen eine Pause«, schlug Condoleezza Rice vor. »Damit meine ich, dass wir ein bisschen plaudern. Zum Beispiel über England. Einverstanden?«
    Klar. Zu einer Außenministerin der Vereinigten Staaten von Amerika konnte man nicht Nein sagen. Man musste zu allem gute Miene machen, bis man eventuell hinausgeworfen wurde. Das war noch die einfachste Spielregel.
    Ihre Unterhaltung, die für ein Gespräch von Außenministerin zu Konteradmiralin recht schnell ins Scherzhafte glitt, drehte sich jedoch im Kern – beide wussten das und wussten auch, dass die andere es wusste – um die entscheidende Stimme im UN-Sicherheitsrat. Tony Blair wurde von seinen EU-Kollegen, mit Ausnahme von Litauen und Tschechien, ziemlich unter Druck gesetzt. Gleichzeitig kämpfte er um sein politisches Überleben. Die englischen Meinungsforscher hatten herausgefunden, dass die meisten Engländer die Forderungen der Palästinenser akzeptierten. Wieder einmal stellten ihn die Karikaturisten als Pudel von George W. Bush dar, und die politischen Journalisten vermuteten, er wolle durch seine sture Haltung die britische Beteiligung am Irakkrieg im Nachhinein rechtfertigen. Keine der beiden Erklärungen für den Umstand, dass Großbritannien die letzte Bastion der USA innerhalb der EU war, konnte man als schmeichelhaft für Tony Blair bezeichnen. In seiner eigenen Partei wurde heftig gegen ihn opponiert. Eine große Anzahl Parlamentarier hatte ihn in einem offenen Brief aufgefordert, das Datum seines Rücktritts bekannt zu geben.
    Es gab also den einen oder anderen Anlass zu Späßen. Mouna genehmigte sich sogar einen Gin Tonic, ohne einen kritischen Blick von Condoleezza Rice zu ernten. Dass sie zusammen gelacht hatten, war ein ungeheurer Fortschritt.
    Sie muss die härteste und klügste Frau sein, die mir je begegnet ist, dachte jede über die andere. Mit dem Zusatz: Außerdem ist sie ziemlich witzig.
    Beide merkten jedoch, dass sie das Zeitlimit bereits überschritten hatten. Nun mussten sie sich wieder den ernsten Themen zuwenden. Condoleezza Rice sah auf die Uhr.
    »Okay«, sagte Mouna. »Dann machen wir mal weiter. Sie zuerst.«
    »Alles klar, Admiral«, antwortete Condoleezza Rice ohne die geringste Andeutung von gespielter oder echter Strenge. »Wir zögern das Ganze einige Monate hinaus, dagegen kann Tony nichts machen. Anschließend stimmt Großbritannien mit Frank­reich, China und Russland im Sicherheitsrat ab, und wir enthal­ten uns unserer Stimme. Unter einer Bedingung.«
    »Das klingt, als

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