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konstruierte U-Boote gebaut wurden. Die größten Titanvorkommen der Welt befänden sich in der ehemaligen Sowjetunion, hauptsächlich in Sibirien. Dennoch wären die Kosten verheerend, würde man ein ganzes Boot aus diesem Material herstellen.
Außerdem müsse die neue russische Marine Rücksicht auf globale Aufgaben nehmen, von der Verteidigung der strategischen U-Boote bis zur Abwehr feindlicher Jagd-U-Boote oder größerer Flotteneinheiten; U-Boote mit Titanrumpf dagegen benötige man nur für spezielle Aufgaben.
Betrachte man die Sache allerdings aus palästinensischem Blickwinkel, ergäbe sich eine vollkommen andere Logik. Die einzige Aufgabe eines palästinensischen U-Bootes wäre ein Sieg über die israelische Flotte und eventuell über Teile der israelischen Luftwaffe.
Es sei bekannt, dass ein beachtlicher Teil des israelischen Bruttoinlandsprodukts dem Erhalt der militärischen Macht des Landes zugutekomme. Weniger bekannt, aber in diesem Zusammenhang von besonderem Interesse sei, dass nur fünf Prozent von Israels Militäretat für die Flotte verwendet würden. Das läge daran, dass die israelische Flotte praktisch keinen ernst zu nehmenden Feind habe, weder im Roten Meer noch im Mittelmeer. Libyen, Ägypten und Syrien hätten früher über russische oder vielmehr sowjetische U-Boote der Kilo-Klasse verfügt. Sie seien als eine Art brüderliche Entwicklungshilfe verschenkt worden. Seit Russlands Wiedergeburt liefere man militärisches Material jedoch nur noch an zahlende Kunden. Soweit man wisse, seien sowohl die syrischen als auch die libyschen Kilo-U-Boote aufgrund mangelnder Instandhaltung in ihren Häfen gesunken. Ägypten verhandele zwar mit Deutschland über den Bau einer neuen U-Boot-Flotte, aber nichts deute darauf hin, dass diese Pläne innerhalb der nächsten fünf Jahre verwirklicht würden.
Daher habe die israelische Marine nur eine überschaubare Anzahl von Aufgaben. Die wichtigste bestehe darin, das Seeterritorium des Landes zu schützen und palästinensische Fischerboote daran zu hindern, in Gaza abzulegen. Es handele sich also um das routinemäßige Kontrollieren eines unbewaffneten Feindes. Für die zweite seemilitärische Hauptaufgabe verfügten die Israelis über drei U-Boote: Sie könnten Spezialeinheiten durch das Mittelmeer befördern, gegebenenfalls irgendwo absetzen oder einen Atomwaffenangriff auf den Iran starten. Diese drei U-Boote, übrigens ein Geschenk aus Deutschland, Dolphin, Leviathan und Tekuma, seien mit Marschflugkörpern vom Typ Popeye bewaffnet, die über Atomsprengköpfe verfügten.
Die U-Boote stellten die am höchsten entwickelte Waffenplattform der israelischen Flotte dar und seien, wenn man es objektiv betrachte, der einzige ernst zu nehmende Gegner der palästinensischen Flotte.
An diesem Punkt brach der Fregattenkapitän, für seine englischen oder genauer palästinensischen Zuhörer recht überraschend, seinen Vortrag ab. Er erkundigte sich höflich, ob es Fragen gebe.
»Verzeihung, aber existiert dieses palästinensische U-Boot?«, fragte Marwan unmittelbar und dachte im gleichen Augenblick, dass sich daraus unzählige weitere Fragen ergaben.
»Ja, es liegt zwei Kilometer von hier am Kai«, antwortete Mouna al-Husseini anstelle des Fregattenkapitäns. »Bislang hat uns die Mission fast eine Milliarde Dollar gekostet. Wir haben, gemeinsam mit russischen Mitarbeitern, einige Übungen mit dem Boot durchgeführt. Für alle taktischen Aufgaben, die die Offensive betreffen, haben wir inzwischen eine Lösung gefunden, wir könnten die israelische Flotte morgen vernichten. Aber im Moment würde das U-Boot einen solchen Angriff vermutlich nicht überstehen. Das heißt: Unser Verteidigungssystem ist noch nicht perfekt. Und hier kommen Sie ins Spiel. Hören Sie sich zunächst an. was Ihre Kollegen aus der Forschung dazu zu sagen haben. Anschließend steigen wir in die Diskussion ein.«
Sie hatten sich kerzengerade auf ihren wackligen Stühlen aufgerichtet und sich wieder wie äußerst wohlerzogene Internatsschüler gegeben. Obwohl sie genau diesen Eindruck nicht hatten erwecken wollen.
Es war ein überwältigendes Gefühl, als sie zweieinhalb Monate später mit der gesamten Besatzung in das U-Boot stiegen. Endlich begann die Praxis. Sie sollten unter realistischen Bedingungen eine drei Wochen lange Übungsfahrt durch den Nordatlantik und die Barentssee antreten. Jeder der drei hatte sich einen Seesack aus Jute mit einem Minimum an Gepäck über die
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