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Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillou
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Sprechrhythmus verheddert, dass der Fernsehzuschauer den Eindruck gewann, er wisse gar nicht, was er da vorlese. Außerdem hatte er Zielstrebigkeit und Zuversicht ausgestrahlt.
    Bis hierhin war alles gut und schön. Das Problem war nur, dass dem Ganzen ein Zug von Spekulation und Hasardspiel anhaftete. Hoffentlich lag Gottes Segen tatsächlich über den Vereinigten Staaten von Amerika.
    Der Präsident hatte sie gebeten, in der Residenz des Weißen Hauses zu übernachten. Sie hatte dort sowieso ein eigenes Zimmer mit einem gut gefüllten Kleiderschrank, und die First Lady weilte an diesem Abend in Los Angeles, um vor dem Kongress der Amerikanischen Mütter über den Wert der Familie zu sprechen. Er wollte nach seiner Rede nicht allein sein, sondern brauchte jemanden, an dem er sich abreagieren konnte. Er wollte anschließend noch eine Runde aufs Laufband, um wieder ein bisschen runterzukommen. Außerdem aß er nie etwas vor seinen Reden und war hinterher hungrig wie ein Wolf.
    Sie machten es sich mit den King Size Cheeseburgern des Weißen Hauses gemütlich, ein Luxus, den sie sich nur gönnten, wenn sie allein und unbeobachtet waren. Eine Weile lang diskutierten sie über einige Formulierungen der Rede. Condoleezza Rice war zum Beispiel der Meinung, dass die Ausdrücke »Terroristen-U-Boot« oder »Massenvernichtungswaffen« für Marschflugkörper nicht ganz unproblematisch seien. Da er jedoch auf diesem Punkt beharrte, ging sie dazu über, die positiven Seiten seiner Rede zu loben. Es sei gut, dass er sich nicht darauf festgelegt habe, dass das U-Boot aus dem Iran stamme. Alle würden es so auffassen, aber gesagt habe er es nicht.
    Dann kamen sie auf Dick zu sprechen. Es sei fast komisch, seufzte der Präsident, aber wenn er sich recht erinnere, habe er nach dem Mittagessen im Nationalen Sicherheitsrat zu Dick gesagt: »Sei so nett und bring mich nicht wieder in Schwulitäten.« Man könne doch meinen, er habe sich mehr als deutlich ausgedrückt. Denn Dick sei das Kunststück ja schon einmal gelungen. Bevor das Weiße Haus auch nur angedeutet habe, dass Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen besitze – ihm selbst war lediglich herausgerutscht, dass Saddam solche Waf­fen anstrebe –, hatte Dick in einer Rede gesagt, man wisse mit Sicherheit, dass dies der Fall sei. Und da das Weiße Haus schlecht dem Vizepräsidenten in den Rücken fallen und dessen Aussagen dementieren konnte, hatte er damit die Kriegsmaschinerie ordentlich in Schwung gebracht.
    Und nun habe Dick das Gleiche getan. Er habe den Iran auf das U-Boot oder eventuell die U-Boote festgenagelt. Das sei praktisch eine Kriegserklärung. Da das Kind nun einmal in den Brunnen gefallen sei, solle man lieber so bald wie möglich zum Angriff übergehen, um die Vorbereitungszeit für den Iran nicht unnötig auszudehnen.
    Condoleezza Rice wandte vorsichtig ein, ein Angriff auf den Iran sei trotz allem ein Hasardspiel – auch wenn sich natürlich erweisen könne, und mit Sicherheit würde, dass die Theorie zutraf.
    George W. Bush wollte diese Kritik nicht hinnehmen. Er habe sich ohnehin schon auf einen Kompromiss eingelassen. Man würde lediglich einen U-Boot-Hafen und einige Anlagen zur Urananreicherung zerstören. Und das könne man sowieso jederzeit ohne besonderen Anlass tun. Schurkenstaaten wie der Iran seien nicht befugt, Atomwaffen oder andere Waffen zu besitzen, mit denen man die Kriegsmarine der Vereinigten Staaten bedrohen könne.
    Der feine Dreh dabei war, dass er es als Kompromiss darstellte. Rummy hätte angeblich am liebsten das ganze Programm durchgezogen, die Operation Extended Democracy, den großen Angriff auf den Iran. Dies wäre vielleicht keine gute Idee gewesen. Aber diese begrenzte Aktion eigne sich vorzüglich als Camouflage. Man könne so tun, als führe man nicht mehr im Schilde, abgesehen davon, dass man sich das U-Boot angeln wollte. Auf diese Weise habe man den großen Angriff weiterhin in der Hinterhand und gewinne außerdem Vorbereitungszeit.
    Condoleezza Rice beschloss, ihren Unmut nicht zu zeigen. Der Präsident stellte es so hin, als hätte er das Beste aus der Situation gemacht. Falls etwas schiefging, war Dick schuld.
    Sie wusste, dass der nächste Tag anstrengend werden würde. Wenn der UN-Sicherheitsrat zusammentrat, war der Angriff auf den Iran längst vorüber und die Brände gelöscht. Die Vertreter im Welt-Sicherheitsrat würden wahrscheinlich nicht gerade begeistert sein, wenn man sie um ihre Zustimmung zu der

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