Coq 11
verantwortlich, die von der U-1 Jerusalem durchgeführt wurden. Dass ich vor zehn Jahren im Dienst getötet habe, hat mit meiner jetzigen Stellung nichts zu tun. Ich war und bin ein richtiger Vizeadmiral.«
»In Ihrer Vergangenheit waren Sie ein Agent mit der Lizenz zum Töten?«
»So könnte man es vielleicht ausdrücken, auch wenn mir diese literarische Terminologie missfällt. In der Regel wurden solche schwierigen Operationen mit dem Gegenteil von Gefängnis belohnt. Zum Beispiel mit dem Navy Cross.«
»Darauf wollte ich gerade zu sprechen kommen. Laut Experten, die Ihre Uniform analysiert haben, posieren Sie mit einem Navy Cross?«
»Ich posiere nicht. Wenn ich mich recht entsinne, hat mir der Kongress der Vereinigten Staaten diese Auszeichnung 1993 verliehen.«
»Welche Dienste haben Sie uns denn für eine so hochrangige Auszeichnung erwiesen?«
»Wir haben sowjetische Atomwaffen aufgespürt und neutralisiert, die beinahe in die Hände eines diktatorischen Regimes geraten wären. Es handelte sich um eine amerikanisch-schwedisch-palästinensische Operation. Konteradmiral Mouna al-Husseini war damals die Verantwortliche auf der palästinensischen Seite. Ihr Einsatz war größer als meiner. Eigentlich müsste sie auch ein Navy Cross bekommen. Ich nehme an, es wurde ihr nicht verliehen, weil sie damals nicht zur Flotte gehörte, sie war Armeeoffizier. Die Palästinenser hatten damals keine Flotte.«
»Können Sie uns mehr über diese Kernwaffenoperation erzählen?«
»Nein, da müssen Sie Ihre eigenen Behörden fragen. Ich werde hier keine amerikanischen Militärgeheimnisse ausplaudern.«
»Wenn man Ihrer Uniform glauben darf, sind Sie ein Navy Seal.«
»In der Tat. Ich wurde nach einer zweijährigen Ausbildung in San Diego in den Kreis der Navy Seals aufgenommen, es muss im Jahr 1985 gewesen sein. Unser Wahlspruch lautet: Einmal Navy Seal, immer Navy Seal.«
»Wie haben Sie es geschafft, so lange auf freiem Fuß zu bleiben?«
»Die amerikanische Regierung bot mir Schutz in Form einer amerikanischen Staatsbürgerschaft und einer Tarnung im Zuge des Zeugenschutzprogramms des FBI. Zumindest das FBI muss der Meinung gewesen sein, dass ich nicht irgendein geistesgestörter Serienmörder bin.«
»Admiral Hamilton, Ihnen ist sicher bewusst, dass dies eine höchst aufsehenerregende Behauptung ist.«
»Nichtsdestotrotz ist sie wahr. Meine Adresse in La Jolla vor San Diego, wo ich den Namen Hamlon trug, war dem FBI bekannt.«
»Wie lautete die Absprache mit dem FBI?«
»Sie decken mich, und ich verhalte mich ruhig.«
»Man kann nicht sagen, dass Sie Ihren Teil der Abmachung eingehalten haben.«
»Da haben Sie zweifellos Recht. Meine alte Freundin und Kampfgefährtin Mouna al-Husseini hat mich in La Jolla aufgesucht und mir ein Angebot gemacht, das ich nicht ablehnen konnte. Kurz darauf wurde ich von Präsident Mahmud Abbas zum Oberbefehlshaber der palästinensischen Flotte ernannt. Der Rest ist Geschichte.«
»Sie wurden also zum Söldner?«
»Keineswegs. Ich bin ein Freiwilliger, ich arbeite unentgeltlich.«
»Aufgrund Ihrer amerikanischen Staatsbürgerschaft könnte man Sie wegen Terrorismus vor Gericht stellen. Ist Ihnen klar, dass Ihnen in einem solchen Fall die Todesstrafe droht?«
»Durchaus möglich, darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Aber dafür müssen sie mich erst einmal kriegen, und das erscheint mir, zumindest im Moment, eher unwahrscheinlich. Leider werde ich mein Haus und meine Freunde in La Jolla nicht wiedersehen. Aber alles hat seinen Preis.«
»Haben Sie Angst vor einer militärischen Konfrontation mit Ihren … wie sollen wir es nennen? Mit Ihrem letzten Heimatland, den USA?«
»Auf einem Kriegsschiff, das nicht unter dem Sternenbanner segelt, muss man vor der stärksten Flotte der Welt immer Angst haben. Allerdings wüsste ich nicht, welchen Grund die US Navy haben sollte, uns anzugreifen. Außerdem bezweifle ich, dass sie dieses Risiko eingehen würde.«
»Weil Sie zurückschießen würden?«
»Ja. So lautet der kompromisslose Befehl vom palästinensischen Präsidenten. Wir werden nicht, ich wiederhole, nicht das Feuer eröffnen. Aber wenn wir angegriffen werden, schießen wir augenblicklich zurück. Wie auch immer, das ist kein Szenario, mit dem ich rechne. Wir befinden uns, Gott sei Dank, nicht im Krieg mit den USA.«
An dieser Stelle beendete sie das Interview, indem sie zufrieden mit den Fingern schnipste, aufstand und ihren Fotografen abklatschte. Dann
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