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Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillou
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des Königreichs eignen sich wohl kaum für eine Titelstory. Oder was meinen Sie?«
    »Yussuf, was soll ich sagen? Das Ganze ist einfach widerlich. Ich weiß gar nicht, wie man das wiedergutmachen kann.«
    »Ja, weil Sie jetzt wissen, dass ich Mounas Mann bin. Sie haben sie ja offenbar kennengelernt, da Sie ihre Kontrollcodes haben.«
    »Ja, wir haben uns kennengelernt.«
    »Und?«
    »Beeindruckende Frau, ich meine Kollegin.«
    »Hm. So könnte man es ausdrücken. Beeindruckende Frau.«
    »Absolut.«
    »Und ein wenig von ihrem Glanz darf ich mir ausleihen. Aber wenn ich nur einer von den anderen dreißig bis vierzig Gefangenen hier drinnen wäre und natürlich genauso aussähe, würden Sie mich nicht bemitleiden.«
    »Yussuf, so, wie Sie hier behandelt worden sind, kann ich Ihre kritische Einstellung verstehen. Ich hoffe, es schadet unserer guten Zusammenarbeit nicht.«
    »Natürlich nicht, ich tue nur meine Arbeit.«
    Webber konnte vor dem gefolterten Kollegen nur schwer verbergen, wie sehr ihn die Situation mitnahm. Noch weniger konnte er seine Gefühle vor sich selbst verstecken. Vielleicht hätte er an dieser Stelle des Gesprächs gehen sollen, obwohl der palästinensische Agent nun viel munterer wirkte als zu Beginn. Was daran liegen mochte, dass er Wasser bekommen hatte. Einfach Wasser.
    Es wäre zumindest kein Fehler gewesen, jetzt zu gehen. Sie hatten geklärt, was unter diesen Umständen geklärt werden konnte. Sein Kollege Yussuf hatte sogar eine sehr viel intelligentere Methode skizziert, ihn hier herauszubekommen, als einen blitzschnellen Beschluss vom MI5.
    Wahrscheinlich schämte er sich, diesen grün und blau geschlagenen Agenten in kühler Beamtenmanier hier zurückzulas­sen, wie er es mit einem britischen Kollegen nie getan hätte. Von all den kleinen Fragen, die man in Situationen stellte, in denen man selbst unsicher war, hörte er sich plötzlich diejenige aussprechen, die am wenigsten angemessen war.
    »Yussuf, die Frage mag merkwürdig klingen, aber glauben Sie an Gott?«
    Er hätte sich die Zunge abbeißen können.
    Yussuf blickte verblüfft auf und betrachtete ihn eine Weile durch seine verquollenen Augenschlitze, bevor er antwortete.
    »Nein«, sagte er schließlich, »das tue ich nicht. Jedenfalls nicht heute. Warum, in Gottes Namen, stellen Sie mir eine solche Frage?«
    »Sie sind Imam.«
    »Ja, aber das ist doch nur meine Tarnung. Ich habe natürlich eine gute theologische Ausbildung und kann alle möglichen und unmöglichen Fragen nach Gott beantworten. Aber das ist nicht dasselbe. Was wollen Sie eigentlich wissen?«
    Hier lag wohl das Problem. Der Gedanke war ihm gekommen, weil Mouna al-Husseini gesagt hatte, sie glaube nicht an Gott, und Yussuf tue es bestimmt auch nicht. Aber eigentlich wollte Webber etwas ganz anderes wissen. Wie sprach man mit verzweifelten jungen Muslimen über Gott, die sich einbildeten, Gott fände Bombenattentate in der U-Bahn gut? Obwohl ihm eine solche Idee vollkommen unbegreiflich war, bestand sein Beruf zu großen Teilen darin, diese Gedankengänge nachzuvollziehen. Eine weitere wichtige Aufgabe war, Muslime, die sich in solch gefährlichen Vorstellungswelten bewegten, zu selektieren und zu ähnlichen Institutionen wie dieser hier zu bringen.
    Er verdeutlichte seine Frage. Und bekam als Antwort eine Predigt zu hören, die nicht länger als eine halbe Stunde dauerte. Trotzdem reichte die zweistündige Rückfahrt auf einer noch volleren M1 nach Süden nicht aus, um die Worte des falschen Imams in seinem Kopf zu ordnen.
    Der Ausgangspunkt des terroristischen Denkens sei simpel, hatte Yussuf gesagt: Gut und Böse, das dualistische Weltbild, das in allen Weltreligionen vorkomme – in diesem Fall George W. Bush und Israel gegen alle Muslime auf der Welt, die Wiederholung des heiligen Krieges der Christen, die unfreien Völker in Palästina und im Irak, lauter Selbstverständlichkeiten. Aber was war nun Religion, und was war Politik? Das sei die Kernfrage und der schwächste Punkt zumindest der schlimmsten Fanatiker, weil es so einfach sei, aus Politik Religion zu machen, indem man einfach mit dem Koran oder, wie George W. Bush, mit der Bibel winke.
    Hier müsse der redegewandte Prediger ansetzen. Er müsse die satanischen Kräfte hinter den USA und Israel aufs Schärfste verurteilen, weil er sonst das Vertrauen seines Zuhörers verliere.
    Ein nahezu komisches Problem sei, dass man auch nicht zu aggressiv sein dürfe, weil die Moscheen abgehört würden und es

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