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Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillou
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Dizengoff-Platz in Tel Aviv oder an irgendeiner Bushaltestelle im Negev in die Luft sprengt, verlängert Ariel Sharon die Mauer. Und jedes Mal, wenn verwirrte Gymnasiasten in London eine Bombe in der U-Bahn hochgehen lassen, verlängert Sharon die Mauer. In letzte­rem Fall im Einverständnis mit den Briten. Wenn die Mauer fertig ist, und das dauert nicht mehr lang, stirbt der Traum von einem befreiten Palästina. Deshalb bin ich hier.
    George W. Bush hat das, was er den Krieg gegen den Terror nennt, internationalisiert und globalisiert. Wir müssen seiner Lo­gik folgen, so einfach ist das. Darum bin ich hier. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, meine Herren!«
    Webber las den letzten Abschnitt zweimal, weil er das seltsame Gefühl hatte, etwas zu sehen, was er nicht sah. Warum hatte sie das hier nicht in ihrem mündlichen Vortrag gesagt? Es war doch recht gut formuliert. Wenn Tony Blair es im Parlament vorgetragen hätte, wäre der Applaus enorm gewesen.
    Doch diese Frage konnte er sich selbst beantworten. Der Text war für jemanden bestimmt, der über Yussuf informiert war.
    Aber wie konnte sie wissen, dass sie noch zu einem außerprotokollarischen Nachgespräch gebeten werden würde? Aber ei­gentlich muss ihr klar gewesen sein, dass es so kommen würde. Sie hatte sich leicht ausrechnen können, dass ihre Ausführungen zu den Brüdern T eine berechtigte Neugier wecken würden. Und später konnte sie von Yussuf erzählen. Ungeheuer clever.
    Es blieb aber die Frage nach dem enormen Aufwand und der langfristigen Vorbereitung. Es lag die Vermutung nahe, dass sie etwas viel Größeres als die »Operation Rekrut« plante. Versteckte sich hinter diesem Projekt, das sie zu ihrer gemeinsamen Sache gemacht hatte, etwas weitaus Wichtigeres?
    Es war nur so ein Gefühl, einen Anhaltspunkt hatte er nicht. Außerdem war es unwahrscheinlich, dass sie die Brüder T für ihre eigenen Zwecke nutzen wollte. Das gefährlichere dieser beiden technischen Genies hatte seine Doktorarbeit über magne­tische Effekte, grüne Laser und Brechungsphänome in größeren Wassermassen geschrieben. Oder etwas Ähnliches. Und der Jüngere war ein Spezialist für die Anwendung von Programmiersprachen bei Computeranimationen.
    Zwei Dinge standen jedenfalls fest.
    Mit den wissenschaftlichen Spezialkenntnissen der Brüder T jagte man gewiss keine U-Bahnen in die Luft.
    Und diese Brigadegeneralin al-Husseini war eine Spionin mit ganz besonderen Fähigkeiten.
    Irgendwann würde man erfahren, worum in aller Welt es hier ging.
    Bis dahin blieb dem MI5 nichts anderes übrig, als brav bei der Operation Rekrut mitzuspielen, mit einem eigenen Prediger in der Zentralmoschee präsent zu sein und vielleicht sogar falsche Ausreisepapiere zu beschaffen, wenn es nötig war.
    »Ich fürchte, wir sind hereingelegt worden«, murmelte er. »Das Problem ist nur, dass ich nicht die geringste Ahnung habe, wie.«

2
    Das Schlimmste war die ewige Dunkelheit. Man hatte ihm gesagt, die Sonne würde sich erst in einigen Monaten, irgendwann im März, wieder über dem Horizont zeigen. Seweromorsk, ein Ort, von dem er nie gehört hatte, bevor er als eine Art Gefangener hierher transportiert worden war, kam der Hölle auf Erden ziemlich nah. Die Dunkelheit war jedoch vorteilhaft, denn er erinnerte sich noch, wie Seweromorsk bei Tageslicht ausgesehen hatte. Alles war verfallen, überall ragten rostige Eisenteile hervor, der Putz bröckelte, die Straßen waren schlammig, Plat­tenbauten ohne Parks, geschweige denn einzelne Bäume. Schwere und vermutlich giftige Industrieabgase vermischten sich mit dem Nebel.
    Doch trotz dieser düsteren Voraussetzungen hatte er sein neues Dasein schnell lieben gelernt. Im Grunde hatten drei Dinge ihn überzeugt. Er hatte zwei erstaunlich begabte Wissenschaftler in seinem Alter kennengelernt, die beide auf die Problemstellungen und Möglichkeiten spezialisiert waren, die er in seiner Doktorarbeit diskutiert hatte. Natürlich hatte es ihm geschmeichelt, dass die zwei beteuerten, seine Dissertation sei in den vergangenen Jahren ihre Bibel gewesen. Iwan Firsow und sein Doktorand Boris Starschinow machten zwar einen verschrobenen Eindruck und sprachen ein eigentümliches Englisch, an das er sich erst gewöhnen musste, aber über diese Dinge konnte er leicht hinwegsehen, nachdem er begriffen hatte, worauf das Projekt hinauslief.
    Schon nach wenigen Tagen hatte er das Monster selbst anschauen dürfen, war verführt worden, und Iwan Firsow und ein

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