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Herz des Himmels (German Edition)

Herz des Himmels (German Edition)

Titel: Herz des Himmels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Voosen
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Der Zauber der Eisblume
     
     
    An diesem Morgen reiste Mr Karacord sehr früh ab. Bevor er ging, gab er Kaithlyn ein Buch. Es war eine Art Notizbuch, worin ihr Großvater alles aufgeschrieben hatte, was er lernte, als er in Kaithlyns Alter war. Das Buch sollte kein Ersatz für das Ryogan sein, aber Mr Karacord meinte, dass es nützlich sein könnte. Kaithlyn empfand es als Vertrauensbeweis, weil das Notizbuch auch sehr persönliche Tagebucheinträge beinhaltete. Dadurch fühlte es sich so an, als habe er ihr seine alten Erinnerungen vermacht. Den ganzen Vormittag hatte sie damit verbracht, sich ruhige Orte zu suchen und wahllos Seiten darin aufzuschlagen, zu lesen, doch die Stille konnte ihr die vielen Dinge, die sie nicht verstand, nicht näher bringen.
    Sollte es sich beim dem Ryogan, um etwas Ähnliches handeln, wäre es kein großer Verlust, den Kaithlyn zu ertragen hatte. Ohnehin…Magie. Etwas darüber in der Theorie zu erfahren, war ein meilenweiter Unterschied dazu, sie selber zu besitzen. Doch was genau war es, dass sie besaß? Ein Kombic . Ein einziger Zauber, der aus ihr hervorgebrochen war und das eher ungewollt. Sie versuchte sich an das Gefühl zu erinnern, daran, wie es war einen Zauber zu schaffen, zu benutzen, zu spüren. Sie konnte es nicht. Die Erinnerung wurde von anderen getrübt, überlagert. Manchmal wachte sie nachts auf, weil die Bilder in ihren Träumen sie zurück in den Festsaal gebracht hatten.
    Warten. Dass sollte sie. Ihr Großvater hatte versprochen: Unverzüglich nach seiner Rückkehr, würde ihr Unterricht beginnen. Aber war das genug?
    Kaithlyn hielt den Atem an und drückte ihren Körper enger in die Wandnische, neben einem der Regale in der Bibliothek, als sie sich nähernde Schritte hörte.
    „Sie versteckt sich“, murrte Melora gepresst. Ihr antwortete zwar niemand, aber Kaithlyn wusste, das Kaine bei ihr war. Seine Schritte waren schwer, seine Gestalt warf hohe Schatten über den Boden. Seit der Trauerzeremonie waren zwei Tage vergangen. Kaithlyn hätte gerne gesagt, dass all die traurigen, lastenden Gefühle Melora und Kaine einander näher gebracht hatten, dass sie sich nun besser verstanden, aber das war nicht der Grund, warum die beiden stundenlang zusammen im Anwesen umherstreiften, um Kaithlyn im Auge zu behalten. Es war so, als zwinge Fyes Abwesenheit die beiden dazu, ihr Augenmerk auf das gemeinsame Ziel zu setzen.
    Als Kaithlyn sich sicher war, dass die beiden aus ihrer Reichweite verschwunden waren, schlüpfte sie aus der Nische und streckte ihre steifen Arme und Beine. Sie schob das kleine, handliche Buch in ihre Jeanstasche und holte einen Briefumschlag hervor. In ihren Händen war er schwer wie tausend Steine. Harlow sprang von der Fensterbank, auf der sie sich gesonnt hatte, herunter und tapste in Kaithlyns Richtung. Ihr Kianki hätte Kaine und Melora eigentlich den Tipp schlechthin geben müssen. Das bewies nur, dass die beiden momentan abgelenkt und mit ihren Gedanken wo anders waren.
     
    Sie stand in der Einganghalle, vor der großen schweren Truhe, in der all die Post lag, die Mr Roberts noch nicht verschickt hatte. Sie drückte den Brief ein letztes Mal an ihre Brust, seufzte und legte ihn zu den unzähligen anderen, die Mr Karacord eigenhändig versiegelt hatte. Er hatte Kaithlyn gezeigt, wie es ging und einen Zauber über ihren gelegt, der nur Relia ermächtigte, den Brief zu öffnen. Kalero . Ein Blutbund. Ein Tropfen ihres Blutes, ein Funken Magie und fertig war das Gemisch, das alles andere als Wachs war, aber genauso aussah.
     
    In Fyes Zimmer traf sie dann doch auf Melora. Kaithlyn hätte wissen müssen, dass sie nicht all ihre Zeit damit verbringen würde, nach ihr zu suchen, sondern es vorzog in Fyes bleiches Gesicht zu starren. Bleich war nicht das richtige Wort, das Fyes Zustand umschrieb. Er sah krank aus. Wenn Kaithlyn nicht sehen würde, wie seine Brust sich regelmäßig hob und senkte, hätte sie gedacht, Fye sei tot. Eine kalte Statue.
    Melora sah niedergeschlagen aus, hilflos. Ihre Augen nahmen diesen Ausdruck nur an, wenn sie in Fyes Nähe war, als wäre er der Einzige, der ihr je etwas bedeuten konnte. Vielleicht war es so. Vielleicht gab es etwas, dass sie verband, dass tiefer war, als Kaithlyn sich vorzustellen vermochte.
    „Unverändert“, sagte Melora, ohne dass Kaithlyn fragte. „Es hat sich einfach nichts geändert.“
    „Und wie geht es dir?“, fragte Kaithlyn ehrlich besorgt. Melora lächelte traurig. „Unverändert“,

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