Coretta & Martin Luther King - eBook - Vivian, O: Coretta & Martin Luther King - eBook
nächsten Jahre verbrachte Coretta an der Lincoln High School in Marion, einer zum Teil privaten Einrichtung, die von der American Missionary Association of New York unterhalten wurde. Lincoln wurde in der Wiederaufbauzeit gegründet. Es gab weiße und afroamerikanische Lehrkräfte dort.
In Lincoln musste Coretta Schulgeld und Unterkunft bezahlen. Wie viele andere afroamerikanische Teenager musste Coretta früh am Montagmorgen von zu Hause aufbrechen und sich auf den Weg zur Schule machen, und sie kam erst am Wochenende wieder zurück. Das lag daran, dass die Schulen zu Fuß nicht erreichbar waren und dass für die Fahrt zu den weiterführenden afroamerikanischen Schulen, die viele Kilometer entfernt waren, keine Busse zur Verfügung gestellt wurden.
An diesem Punkt zeigte sich nun die ruhige Entschlossenheit von Mrs Scott. Ihr gefiel es nicht, dass ihre Kinder so selten zu Hause sein konnten, und sie beschaffte sich zum allgemeinen Erstaunen einen Bus. Und obwohl das damals für eine Frau ein ungewöhnliches Unterfangen war, fuhr sie mit diesem Bus jeden Tag zur Schule und zurück. Eine einfache Strecke betrug 16 Kilometer, das machte 64 Kilometer pro Tag.
Für Coretta war die Sache mit der Schule eine grobe Ungerechtigkeit. Sie verfolgte das Ziel, möglichst viel zu lernen, um dadurch eines Tages etwas an den Bedingungen verändern zu können, unter denen sie aufgewachsen war. Sie hatte den festen Entschluss, den anderen zu helfen, die nach ihr kamen.
Die Lincoln High School eröffnete der heranwachsenden, interessierten Coretta neue geistige Welten. Ein dringendes Bedürfnis, „jemand zu sein“ und Gott zu dienen, erwachte in ihr. Sie spürte, dass ihr Dienst irgendwie mit Musik zusammenhängen würde.
Wie ihre Mutter und ihre Geschwister hatte Coretta eine gute Stimme. In Lincoln wurde es ihr nun ein Anliegen, ihre musikalische Begabung zu entfalten. Sie spielte Trompete und sang im Chor mit und wurde als Solistin bei Liederabenden und musikalischen Produktionen eingesetzt. Genau genommen war es sogar Corettas Highschool-Lehrerin, die sie dazu anregte, eine musikalische Karriere zu verfolgen. Coretta fing an, Gesangs- und Klavierunterricht bei Miss Olive J. Williams zu nehmen.
In der Zeit, als Corettas ältere Schwester Edythe dazu gehörte, trat der Chor von Lincoln in mehreren Städten im Norden der USA auf. Ein Konzert gab er im Antioch College in Yellow Springs/Ohio. Dieses College wurde ausschließlich von Weißen besucht. Das Konzert fand einen solchen Anklang, dass die Verwaltung von Antioch einige Stipendien für Lincoln Schüler gewährte.
1943 zog Edythe als erste vollzeitliche afroamerikanische Studentin auf dem Campus von Antioch ein. Sie erhielt ein volles Stipendium für ein ganzes Jahr. Antioch hatte die ersten konkreten Schritte unternommen, um Integrationsmöglichkeiten für afroamerikanische Studenten zu schaffen. Doch Edythe fühlte sich in ihrer Vorreiterrolle nicht wohl und wechselte später an die Ohio State University , an der Afroamerikaner nichts Ungewöhnliches mehr waren. Sie schloss ihr Studium an der Columbia University in New York mit dem Magister in Englisch ab, und an der Boston University erwarb sie ein Diplom der schönen Künste im Bereich Schauspielkunst.
1945 verließ Coretta die Highschool als beste Absolventin ihres Jahrgangs und machte sich auf den Weg zum Antioch College , für das sie ein Teilstipendium erhalten hatte. Für Coretta war dieser Aufbruch in den Norden der USA und zum Antioch College eine Gebetserhörung. Als Coretta in Antioch studierte, waren Afroamerikaner dort keine Sensation mehr, aber sie wurden auch nicht vollkommen akzeptiert.
„Ich fuhr in den Norden mit einer Menge Zweifel, ob es eine kluge Entscheidung gewesen war, und einer Menge Angst, dass es mir nicht gelingen würde, in dieser ganz anderen Umgebung Fuß zu fassen“, schrieb Coretta in einer Collegezeitung von Antioch. Sie wusste jedoch, dass das Studium an einer Universität in den Nordstaaten ihr für ihre Unterstützung der Benachteiligten einen Vorteil bringen würde, und dass es ihr außerdem die Chance gab, „meine Verhältnisse zu verbessern und mir Ansehen zu verschaffen, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen“. Verglichen mit den Südstaaten galten viele Universitäten in den Nordstaaten als die besseren Einrichtungen.
Die meisten Studenten in Antioch hatten bessere Schulen besucht als Coretta, und ihre Eltern hatten gehobene Positionen. Coretta merkte, dass sie sich
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