Coretta & Martin Luther King - eBook - Vivian, O: Coretta & Martin Luther King - eBook
zukünftiger Ehemann später versuchen, einige komplizierte Rassismusprobleme zu lösen.
Singen war die größte Erfüllung für Coretta. Der Vorsitzende des Fachbereichs Musik in Antioch riet ihr, sich beim New England Conservatory of Music in Boston um einen Studienplatz und bei der Smith Noyes Stiftung um ein Stipendium zu bewerben. Coretta schickte ihre Bewerbungen los, bevor sie im Juni 1951 ihren Abschluss am Antioch College machte. Sie wurde an der Musikhochschule angenommen und plante, sich bei ihrem Musikstudium vor allem auf den Gesang zu konzentrieren. Sie hoffte auf eine Karriere auf der Konzertbühne, wollte aber auch darauf vorbereitet sein, eine andere Richtung einzuschlagen, falls es nötig sein sollte.
Nach ihrer Abschlussprüfung verbrachte Coretta einige Wochen bei ihren Eltern und wartete auf eine Nachricht der Smith Noyes Stiftung. Sie wollte das Studium am Konservatorium ohne die finanzielle Unterstützung ihrer Eltern schaffen, obwohl die Scotts zu diesem Zeitpunkt durchaus in der Lage gewesen wären, ihr zu helfen. Coretta fand, sie sei lang genug abhängig von ihnen gewesen.
Als sie nichts von der Stiftung hörte, machte sich Coretta zielstrebig auf den Weg nach Boston. Sie war fest entschlossen, jede Art von Arbeit anzunehmen, um sich das Geld für die Studien-gebühren selbst zu verdienen. Bevor sie von zu Hause aufbrach, sagte ihr Vater zu ihr: „So ohne jedes Geld würde ich dort nicht hingehen. Was machst du, wenn du das Stipendium nicht bekommst?“ Er gab ihr Geld für den Zug und für ihre Verpflegung, und sie versicherte ihm, dass sie auf jeden Fall einen Job finden würde.
Im Haus einer wohlhabenden Witwe im Beacon Hill-Viertel hatte Coretta eine Unterkunft gefunden. Die Witwe stammte von der vornehmen Familie Cabot ab und vermietete Zimmer an talentierte Studenten. Sie hatte zu einem Fonds für interrassische Stipendien in Antioch beigetragen. Coretta sollte sieben Dollar wöchentlich für ein Zimmer mit Frühstück bezahlen.
Auf ihrem Weg nach Boston rief Coretta bei der Stiftung an und erhielt die Information, dass ein Brief an sie zu ihrer Heimatadresse in Alabama unterwegs war. Ihr war ein Stipendium von 650 Dollar gewährt worden. Coretta kam in glücklicher Stimmung in Boston an.
Das Stipendium deckte nur die Studiengebühren ab, deshalb musste Coretta sich das Geld für ihr Zimmer und ihre Verpflegung selbst verdienen. Halb war es ihr Stolz, halb ihr Wunsch nach Unabhängigkeit, die sie davon abhielten, ihre Eltern um Geld zu bitten.
Sie zahlte ihre Studiengebühren und vereinbarte mit ihrer Vermieterin, dass sie sich das Zimmer und das Frühstück verdienen würde, indem sie den fünften Stock putzte, in dem sie mit zwei weiteren Studentinnen wohnte. Darüber hinaus hatte sie zwei Treppen zu putzen. Das Problem waren die Hauptmahlzeiten. Tagelang bestand Corettas Abendessen aus nichts anderem als Vollkornkeksen, Erdnussbutter und Obst.
Coretta hatte auch vorher schon schwere Zeiten erlebt. Während der Wirtschaftskrise hatte sie sich in Alabama als Baumwoll-pflückerin verdingt. Aber sie hatte nie zuvor gehungert. Nun befand sie sich in der unglaublichen Lage, an einer der wohlhabendsten Adressen von ganz Amerika zu wohnen und gleichzeitig Hunger zu leiden.
An zwei Tagen hintereinander ließ Coretta das Abendessen ausfallen. Bis auf 15 Cent hatte sie nichts mehr in der Tasche. Eine Freundin, die über Corettas Notlage Bescheid wusste, lud sie zu sich nach Hause ein. Sie glaubte fest an Corettas Zukunft und sagte ihr das auch. Dann gab sie Coretta einen Umschlag. Als Coretta ihn in der U-Bahn öffnete, fand sie 15 Dollar darin. Zu Tränen gerührt erkannte Coretta: „Die Menschen und das Leben sind gut.“
Die Urban League , eine Organisation zur Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage der schwarzen Bevölkerung, vermittelte Coretta später eine Arbeit als Bürogehilfin in einer Versandfirma. Nach dem ersten Jahr besserte sich ihre finanzielle Lage allmählich.
Sie beantragte erfolgreich out-of-state-aid beim Staat Alabama, eine Unterstützung für afroamerikanische Studenten, die bei weißen Einrichtungen in Alabama nicht zugelassen wurden. Dieses System der staatlichen Hilfe hatte sehr oft zur Folge, dass afroamerikanische Lehrer wesentlich besser ausgebildet waren als ihre einheimischen weißen Kollegen. Denn die Afroamerikaner waren gezwungen, den Staat zu verlassen, wenn sie studieren wollten, und sie besuchten dadurch einige der besten
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