Corum 04 - Das kalte Reich
eigene Ebene geflohen wäret. Aber da seid Ihr. Welche seltsamen Spaße treibt doch das Schicksal mit uns, daß es uns unser lächerliches Duell fortsetzen läßt.«
Corum blickte für einen Moment zurück und sah, daß der Schwarze Bulle ihnen noch immer folgte. Über Gaynor hinweg schaute er dann auf die bestürmte Mauer von Caer Mahlod, und er sah viele Erschlagene auf dieser Mauer.
»Seltsame Späße sind es in der Tat«, antwortete Corum. »Wollt Ihr noch einmal gegen mich kämpfen, Prinz Gaynor? Wollt Ihr mich noch einmal um Gnade anflehen? Wollt Ihr Euch noch einmal zurück in den Limbus schicken lassen?«
Prinz Gaynor lachte sein bitteres Lachen und rief zurück: »Stellt den Fhoi Myore Euere letzte Frage! Sie wären nur zu froh, wenn sie in ihre grauenvolle Heimat zurückkehren könnten. Und wenn sie mich auf diesem Wege verließen und ich keinen anderen Loyalitäten zu folgen hätte, jetzt wo Chaos und Ordnung nicht mehr länger um diese Ebene Krieg führen, wäre ich glücklich, mich Euch anschließen zu dürfen. Aber, wie die Dinge stehen, müssen wir wieder kämpfen.«
Corum entsann sich, was er auf Gaynors Gesicht gesehen hatte, als er ihm damals den Helm abriß. Er schauderte. Wieder empfand er Mitleid für Gaynor, den Verdammten, der gleich Corum gezwungen war, viele Leben in den verschiedenen Ebenen zu führen nur daß es Gaynors Geschick war, den grausamsten und verräterischsten Herren zu dienen. Jetzt waren seine Soldaten Untote. Bei ihrem letzten Zusammentreffen hatte er Tiermenschen befehligt.
»Die Qualität Euerer Infanterie kann sich diesmal durchaus sehen lassen«, meinte Corum.
Gaynor lachte wieder. »Das kann sie in der Tat«, antwortete er.
»Wollt Ihr Euere Männer nicht zurückrufen und auf meine Seite überlaufen, Gaynor? Ihr wißt, daß ich schließlich keinen Haß für Euch empfinden kann. Wir haben mehr gemeinsam als alle anderen hier.«
»Das ist wahr«, erwiderte Gaynor. »Aber warum schließt Ihr Euch dann nicht meiner Sache an? Letzten Endes ist der Sieg der Fhoi Myore doch unausweichlich.«
»Und wird unausweichlich den Tod bringen.«
»So wurde mir versprochen«, erklärte Gaynor einfach.
Und Corum wußte, daß Gaynor sich den Tod wünschte wie sonst nichts in diesem Multiversum. Und Corum würde den Prinzen erst für sich gewinnen, wenn er ihm einen schnelleren Tod als die Fhoi Myore anbieten konnte.
»Wenn die ganze Welt stirbt«, fuhr Gaynor fort, »sollte ich dann nicht auch sterben können?«
Corum sah wieder über Prinz Gaynor hinweg auf die Mauern von Caer Mahlod, wo die letzten Mabden ihr Leben gegen Untote, Dämonenhunde und Wesen, die halb Mensch und halb Baum waren, verteidigen mußten. »Es mag sein«, sagte er nachdenklich, »daß Euer Fluch, Prinz Gaynor, darin liegt, immer auf der Seite des Bösen stehen zu müssen, ohne Eueren Wunsch erfüllt zu bekommen, während das Gute ihn Euch sofort gewähren würde.«
»Eine sehr romantische Betrachtungsweise, fürchte ich, Prinz Corum«, entgegnete Gaynor. Dann ritt er zurück in die Deckung des dichten Nebels. »Ich werde nicht wieder gegen Euch kämpfen, mein großherziger Freund. Ich wünsche, bis zum Ende auf dieser Welt zu bleiben. Ich will nicht wieder von Euch in den Limbus geschickt werden!« Seine Stimme klang dabei fast freundlich, selbst als er dann noch rief: »Aber ich komme später zurück, um nach Euerer Leiche zu sehen, Corum.«
»Ihr glaubt, Ihr werdet sie hier finden?«
»Wir glauben, daß noch etwas über dreißig von Eueren Leuten übrig sind, und die Hunde sich noch vor dem Abend in euren Mauern um die letzte Beute reißen werden. Deshalb glaube ich, ja, Euer Leichnam wird hier irgendwo zu finden sein. Lebt wohl, Corum.«
Und dann war Prinz Gaynor verschwunden. Corum und Medheb ritten weiter auf die halb eingerissene Mauer zu, und jetzt hörten sie den Schwarzen Bullen von Crinanass hinter sich schnauben. Im ersten Augenblick glaubten sie, der Bulle würde sie aus Rache für ihre Beschwörung angreifen, aber er stampfte an ihnen vorbei und warf sich gegen eine Gruppe der bleichen grünen Reiter, die Corum und Medheb entdeckt hatten und versuchten, sie niederzureiten.
Der Schwarze Bulle von Crinanass raste mit gesenktem Kopf in den Reitertrupp, schmetterte die Tiere der Grünen zu Boden, wirbelte die Reiter hoch durch die Luft und donnerte dann weiter mitten in die Reihen der Ghoolegh. Er trampelte alles nieder, was sich ihm in den Weg stellte, dann wandte er sich um und hob den
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